Freital hat mehr Geld als erwartet
Alle reden von Krise – doch die Stadt nimmt mehr Steuern ein und gibt weniger aus: Sechs Überraschungen und eine Warnung
Die neue Feuerwache soll gegenüber der Alten entstehen - Geld dafür ist da.
Inflation, wachsende Ausgaben und jetzt soll die Wirtschaft auch im kommenden Jahr schrumpfen: Die Stadt Freital hat sich mit ihrem Haushalt darauf eingestellt, den Gürtel enger schnallen zu müssen. Im April beschloss der Stadtrat dafür ein Haushaltsstrukturkonzept (Öffnet in neuem Fenster), mit dem die Verwaltung mögliche Wege für mehr Einnahmen und weniger Ausgaben prüfen soll. Doch jetzt legte die Stadtspitze dem Stadtrat einen Bericht über die finanzielle Lage im laufenden Jahr vor mit überraschend guten Zahlen. Freital-Reporter hat sie analysiert.
Überraschung 1: Freital nimmt mehr Steuern ein
„Bei den Gewerbesteuererträgen ist rein zahlenmäßig ein positiver Trend zu verzeichnen“, heißt es in der Informationsvorlage der Verwaltung an den Stadtrat. Es könne „mit unerwarteten Mehrerträgen“ in Höhe von aktuell 898 000 Euro und damit mit einem Gesamtaufkommen von rund 13 Millionen Euro in diesem Jahr gerechnet werden. Auch wenn die aktuellen Berichte zur schlechten wirtschaftlichen Lage in Deutschland weiter für Unsicherheit sorgen: Der Wirtschaft in Freital scheint es zumindest im Moment besser zu gehen als befürchtet.
Überraschung 2: Mehr Landeszuschüsse
Auch wenn die Gelder aus dem sächsischen Finanzausgleich für Freital wie vorausgesehen sinken: Für die Kinderbetreuung bekam die Stadt bisher in diesem Jahr mehr Landeszuschüsse für laufende Zwecke als geplant. Freital erwartet ein Plus von 751 900 Euro. Dabei geht es unter anderem um die Erstattung für die Betreuung von Kindern aus auswärtigen Gemeinden und Integrationspauschalen für Kinder mit Behinderungen.
Überraschung 3: Passwesen und Standesamt bringen mehr Geld
„In den Bereichen Pass- und Meldewesen sowie Standesamt ist ein hohes Aufkommen an zu bearbeitenden Fällen zu verzeichnen“, schreibt die Verwaltung in ihrem Haushaltsbericht. Das zahlt sich finanziell für die Stadt aus: Aus den Verwaltungsgebühren nimmt sie in diesem Jahr voraussichtlich 203 800 Euro mehr ein als geplant – auch wenn ein Teil davon für die Beschaffung der Ausweisdokumente wieder ausgegeben werden muss.
Überraschung 4: Mehr Zinsen
Die Zinsen steigen schon seit einer Weile wieder. Davon profitiert auch die Stadt. Immerhin voraussichtliche Mehrerträge von rund 189 100 Euro erwartet sie in diesem Jahr daraus.
Überraschung 5: Personalkosten steigen weniger als erwartet
Die Gehälter im öffentlichen Dienst sind wegen der Inflation in den letzten Jahren stark gestiegen und die Stadt hatte das in ihren Personalausgaben für dieses Jahr in Höhe von insgesamt 30,7 Millionen Euro bereits eingepreist. Nun zeigt sich: 326 600 Euro davon werden voraussichtlich nicht benötigt. „Dies betrifft im Wesentlichen den Bereich der Kinderbetreuung“, so die Stadtverwaltung.
Überraschung 6: Weniger Kindertagespflege
Die Zahl der Kinder geht auch in Freital zurück – und damit sinken auch die Ausgaben der Stadt. „Durch die rückläufige Anzahl von Plätzen bei Tagespflegepersonen wird mit einem entsprechend geringeren laufenden Zuschussbedarf gerechnet“, so die Verwaltung. Voraussichtlich 155 200 Euro weniger werden in diesem Jahr dafür ausgeben.
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Ist damit alles gut für Freital?
Das sicher nicht. Ursprünglich rechnete die Stadtverwaltung für 2024 mit einem Defizit von 4,5 Millionen Euro – nach den aktuellen Zahlen kann sie das Minus auf rund 350 000 Euro drücken. Doch sie schränkt ein: „Mit Ausnahme der höheren Einzahlungen im Gewerbesteuerbereich sind hierfür jedoch keine strukturellen Verbesserungen im städtischen Haushalt, sondern überwiegend einmalige Vorgänge und die Nichtinanspruchnahme von Auszahlungsermächtigungen verantwortlich.“ Im Klartext: Es gibt keine Entwarnung, es muss weiter auf die Kosten geachtet werden.
Mögliche Einsparungen und Mehreinnahmen sucht das im Frühjahr beschlossene Haushaltsstrukturkonzept. Ob die aktuell verbesserte Finanzlage bereits auf dessen Maßnahmen zurückgehen – oder es gar überflüssig machen? „Der aktuelle Stand der Haushaltsdurchführung 2024 liefert keine Anhaltspunkte, die eine grundlegend geänderte Betrachtungsweise zur Umsetzung des Konzeptes begründen könnten“, schreibt die Verwaltung in ihrem Fazit.
Konkrete Maßnahmen zu Einsparungen oder zu Erhöhungen der städtischen Einnahmen muss die Verwaltung in den kommenden Monaten ausarbeiten. Und der Stadtrat muss entscheiden. Derweil verfinstert sich die wirtschaftliche Lage weiter. Ob es wieder positive Überraschungen gibt?
Andreas Roth
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