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Eine Übung in Zuversicht

Kultureller Optimismus/ Larry David/ Jackson über Pétain/ Canard à l’Orange

In der letzten Woche besuchte ich wieder einmal das mythische Marl. Für unseren Podcast quoted (Öffnet in neuem Fenster) erhielten Nadia Zaboura und ich dort den Bert-Donnepp-Preis für Medienkritik. Ich habe mich sehr gefreut.

Marl ist vielleicht nicht die schönste deutsche Stadt, aber sie hat eine Botschaft: Hier kann man den Optimismus der alten Bundesrepublik studieren. Arbeiten, wohnen– alles sollte anders werden. An manchen Ecken sieht es aus wie der Versuch eines westfälischen Weltraumbahnhofs. Das hier residierende Adolf-Grimme-Institut war Wächter über Qualität und Selbstbewusstsein der öffentlich-rechtlichen Sender. So ein kultureller Optimismus ist derzeit nur selten im Angebot. Viel öfter hört man, dass die Zeiten ernst sind und alles immer schlechter wird. Große Reformvorhaben, wie so eine Stadt neu zu denken und zu planen, traut sich niemand mehr. Oder wenn, dann nur mit der Begründung, dass es gelte, eine noch größere Katastrophe abzuwenden. Das muss eigentlich nicht so sein.

Ich blicke seit kurzer Zeit recht zuversichtlich auf die politische Entwicklung in diesem Jahr. In Frankreich gelingt es der Regierung Macron/Attal, Krisenmanagement und Reformwillen zu vereinen. So einen Bauernprotest dann auch mal zu beenden. Mir ist Attal habituell zu konservativ (Sein Motto für Frankreich ist: Mehr Autorität wagen ! – Ich denke, das genaue Gegenteil ist richtig.) und sein Lob der Kernkraft wird nirgends hinführen, aber er macht Tempo und kann seine Politik gut erklären. Zum ersten Mal seit langem ist die extreme Rechte in der Defensive.

Der EU-Gipfel zur Hilfe der Ukraine war ein voller Erfolg. Der unerträgliche Orban spielte keine Rolle mehr. Die Union ist geschlossen und handlungsfähig, wie man es zu Beginn des überfalls auf die Ukraine nicht zu hoffen gewagt hätte.

Und dann ist da die US-Wahl im November. Trump wird von Rede zu Rede radikaler und irrlichternder. Unabhängig davon, ob sich Richter finden, die ihn an der Kandidatur hindern – ich sehe nicht, wie er eine Mehrheit finden soll. Zwar sind seine Anhänger sektenmäßig aufgeputscht und zu allem bereit – aber selbst unter den Republikanern sind sie nur eine Teilgruppe. Auch der engagierteste MAGA- Mensch hat nur eine Stimme. Und sollte es zu einer strafrechtlichen Verurteilung kommen, springen noch mal mehr ab. Die absurde Privatfehde mit Taylor Swift wird Stimmen kosten, während sich das Empfinden der wirtschaftlichen Lage verbessern wird.

Nach der Wahlnacht 2016 wird niemand mehr ganz sorglos so einer Entscheidung entgegen sehen. Und es ist dringend geraten, so zu tun, als würde er gewinnen. Aber seine Niederlage wäre sein politisches, finanzielles und juristisches Ende. Mit ihm geht auch Putin unter, denn Trump ist seine letzte Hoffnung auf einen günstigen Ausgang des von ihm angezettelten Chaos. Putins Ende stelle ich mir so vor wie die Zeit 1989 und 1990. Während des Sommers 1989 feierte die DDR. noch Jahrestag und man konnte sich nicht vorstellen, dass der ganze realsozialistische Spuk bald vorbei sein würde. Im Westen gab es diese restkommunistischen Parteien und Clubs, gab es die DKP und die SDAJ. An der Universität den Marxistischen Studentenbund Spartakus, allgemein als Spakis genannt. Es gab Buchläden, Friendensinitiativen und Abendschulen. Bis das Geld aus Berlin Hauptstadt der DDR ausblieb. Über Nacht waren all diese Institutionen pleite und aufgelöst - obwohl sie immer behauptet hatten, unabhängig zu sein von der DDR. War gelogen. Und genau so wird es auch der AfD und anderen ergehen, wenn Putin in Rente geht. Heute ist es schwer vorstellbar. Aber das war es damals auch. Man wäre ausgelacht worden.

Es gibt Alltagssituationen, die nur noch mit Rekurs auf das Werk des großen Larry David erklärt werden können: Wenn sich ein harmloses Missverständnis zu einer Blutfehde steigert oder gewaltige soziale Probleme aus dem Nichts eines kleinen Gesprächs entstehen. Es geht in seiner Serie nicht um die großen Fragen der Menschheit. Sie spielt ausschließlich unter kalifornischen Millionären. Aber dabei gelingt ihm eine präzise Analyse und Interpretation unserer Zeit. Es ist Balzac, nur zum Lachen. nun kommt die finale Staffel, angeblich möchte der Mann in Rente. Übrigens gab es einen ähnlichen Autor auch in Deutschland, nämlich Wolfgang Menge. Er wäre in diesem Jahr, am 10. April, 100 geworden.

https://www.youtube.com/watch?v=4AR9Dqi3CVc (Öffnet in neuem Fenster)

In Frankreich wird ein neues Werk des großen Historikers Julian Jackon diskutiert: Es geht um den Prozess, der im Sommer 1945 gegen Philippe Pétain geführt wurde. Der Alte hatte sich selbst gestellt. Es ist eine spannend geschriebene, dichte Beschreibung jener Wochen und ich habe noch mal viel gelernt. Etwa über die absurde Reise der Vichy-Protagonisten durch Süddeutschland und ihren finalen Aufenthalt im Schloss von Sigmaringen. Die von De Gaulle und Adenauer beschworene Freundschaft war nicht die erste deutsch-französische Freundschaft nach Jahrhunderten der Feindschaft, wie oft zu lesen steht: es war das erste antifaschistische, auf demokratischen Werten basierende Bündnis zwischen beiden Ländern. Einige Franzosen verstanden sich mit den Nazis ganz gut und vice versa. Das Buch gibt es auch auf Englisch, eine deutsche Fassung wäre wünschenswert.

https://www.seuil.com/ouvrage/le-proces-petain-julian-jackson/9782021462654 (Öffnet in neuem Fenster)

Es wechselt noch zwischen frühlingshaft und winterlich, also schnell mal die Lieblingsgerichte für die kalte Jahreszeit Revue passieren lassen. Wegen der großen positiven Resonanz jeweils auch in der fleischlosen Variante.

https://zuckerjagdwurst.com/de/rezepte/vegane-ente-mit-orangensosse-und-mandelreis (Öffnet in neuem Fenster)

Dieses Rezept fand ich auf Insta, daneben noch jede Menge anderer. Sehr zu empfehlen.

https://www.instagram.com/reel/C2XkTdroegb/?utm_source=ig_web_copy_link (Öffnet in neuem Fenster)

Kopf hoch,

ihr

Nils Minkmar

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