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Mental Health Day

Ich musste mir heute einen Mental Health Day nehmen, obwohl ich eigentlich nicht wollte. Morgen werde ich es auch tun. Und wahrscheinlich müssen wir das alle viel öfter machen 

Dear all,

ich musste mir heute einen Mental Health Day nehmen, wie man so schön sagt. Schon seit vielen Monaten bin ich überarbeitet – wie einige von euch vielleicht schon wissen – und anstatt eine Pause zu nehmen, mache ich immer weiter. Teilweise, weil es die Umstände erfordern. Teilweise aber auch, weil diese preußische Arbeitskultur, die ich mir angewöhnt habe, wahrscheinlich etwas Tieferes verdeckt. Vielleicht das Gefühl, nur ein wertvolles Mitglied dieser Gesellschaft zu sein, wenn ich etwas leiste, oder das Gefühl, mehr gemocht zu werden, wenn ich mehr erbringe. Mit Sicherheit einen tiefliegenden Wunsch nach Ablenkung von all der Krisen, die uns gerade ereilen und nicht zuletzt von den Verwerfungen der Trauer. Und nichts lenkt einen besser ab, als das Gefühl „gebraucht“ zu werden.

Deswegen fällt der heutige Newsletter etwas kürzer aus als für gewöhnlich und ich beantworte auch keine Frage. Irgendwie möchte ich mit „gutem Beispiel vorangehen“, auch wenn das komisch klingt. Ich habe heute einen langen Spaziergang durch den Hainpark in Bamberg gemacht, wo ich mich gerade aufhalte, habe stundenlang Tee getrunken und gelesen und so viel Sonne zu tanken versucht wie möglich. Es war ein wunderschöner Herbsttag hier in Franken. Anfangs hatte ich ein schlechtes Gewissen wegen des heutigen Newsletters – nicht weil ich denke, dass die Welt so sehnsüchtig auf meine Worte wartet, sondern weil uns gerade die Aufgaben, die wir uns selbst auferlegen, ein gewisses Gefühl der Kontrolle vermitteln. Wir brauchen dieses Gefühl, um durch den Alltag zu kommen. Natürlich möchte man unter keinen Umständen einsehen, dass dieses Kontrollgefühl illusorisch ist, aber manchmal muss man darauf gestoßen werden. Etwa wenn man trotz aller Disziplin nicht mehr richtig arbeiten kann.

Morgen werde ich mir noch einen Mental Health Day nehmen, bevor es Montag wieder auf Lesetour geht. Eine größere, mehrwöchige Pause habe ich auch schon geplant, von Mitte November bis Ende Dezember, die Urlaubstage haben sich während der vergangenen anderthalb Jahre gewissermaßen angestaut. Den Newsletter werde ich in dieser Pause, bis auf zwei Feiertagswochen, natürlich weiterführen. Ich freue mich schon drauf, mehr Zeit dafür zu haben, denn in mancher Hinsicht ist „Dear Daniel“ Arbeit, in mancher Hinsicht aber eben auch nicht. Es ist immer eine große Freude, von euch zu hören und über die Fragen nachzudenken, die uns so oft Schwierigkeiten bereiten.

In diesem Sinne habe ich zu guter Letzt eine Bitte an euch: Ich würde mich so glücklich schätzen, wenn ihr mir Fragen für die nächsten Newsletterausgaben schickt! Das können alle möglichen Fragen sein: Worüber könnt ihr nicht sprechen, wisst aber, dass ihr es müsst? Welche unbeantworteten Fragen kommen euch immer wieder in den Sinn, nur um sie wieder ganz schnell zu verdrängen? Egal, welche Fragen es sind, ihr werdet nicht die Einzigen sein, die sie mit sich herumtragen. Und wenn man sie teilt, hilft es nicht zuletzt auch jenen Menschen, für die diese Themen eine ähnliche Herausforderung darstellen, ein ähnliches Problem. Ihr könnt eure Fragen direkt an dear.daniel@posteo (Öffnet in neuem Fenster) schicken. Macht euch keine Sorgen um die Form, sondern schreibt einfach auf, was euch durch den Kopf geht. Ich werde eure Fragen unter dem größten Siegel der Verschwiegenheit lesen, sie höchstvertraulich behandeln und sie für die Antwort im Newsletter selbstverständlich anonymisieren.

Ich wünsche euch ein ganz wunderbares Wochenende und eine ebenso wunderbare kommende Woche, trotz allem, was uns gerade alles so umtreibt. Und wenn ihr auch überlegt, euch einen Mental Health Day zu nehmen, traut euch! Es ist eine überraschend gute Erfahrung.

Liebe Grüße,

Daniel

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