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Warum du schlechter schläfst, wenn du gestresst bist

Jeden Freitag erzähle ich dir von Erkenntnissen aus Neurowissenschaft und Psychologie, die du kennen solltest. Heute: über Stress, Schlaf, und Tipps, die wirklich helfen.

Das hier ist die letzte Ausgabe von Das Leben des Brain vor einer kleinen, zweiwöchigen Sommerpause. Vorher müssen wir aber noch darüber reden, warum ich in den nächsten Wochen wahrscheinlich schlecht schlafen werde.

Ich fahre ins Zeltlager, mit über 150 Kindern und Jugendlichen. Das allein könnte meinen Schlaf schon verschlechtern: lange Abende, kurze Nächte, früh aufstehen. Aber als wäre das nicht genug, bin ich für den ganzen Kram auch noch verantwortlich. Als Lagerleiter organisiere ich (mit zwei Kollegen zusammen) das Zeltlager, sorge dafür, dass ausreichend Betreuer:innen dabei sind (29 Stück), plane den Ablauf der zwei Wochen, verteile die Aufgaben und bin nicht zuletzt im Zeltlager selbst Ansprechperson für: alles. Wann genau wir die Spiele anfangen, was wir mit dem Jungen machen, der sich nicht benimmt, was mit dem Mädchen, das Heimweh hat. Ich kann kaum zwei Meter über den Platz laufen, ohne etwas gefragt zu werden oder etwas entscheiden zu müssen. Ich liebe es. Also das Leben im Zeltlager, nicht so sehr den permanenten Stress.

Denn Stress wirkt sich auf alles Mögliche aus; auf die Gesundheit, den Blutdruck, das Wohlbefinden, aber auch den Schlaf. Nur: Warum eigentlich? Antworten liefert ein genauerer Blick in unser Gehirn. Dadurch lernen wir auch, wie man den Schlaf in stressigen Zeiten verbessern kann.

Achtung, Gefahr!

Um zu verstehen, warum sich Stress auf unseren Schlaf auswirkt, müssen wir erst einmal verstehen, was genau Stress überhaupt ist und was dabei im Gehirn passiert. Wenn das Gehirn mit einer Stresssituation konfrontiert ist, löst es eine Kampf- bzw. Fluchtreaktion aus. Es schüttet Hormone wie Adrenalin aus und erhöht so den Blutdruck, die Muskelspannung, die Atmung, die Herzfrequenz und den Blutzuckerspiegel. Warum macht es das? Stresssituationen sind Situation, in denen wir einer Gefahr ausgesetzt sind. Oder etwas, das wir für gefährlich halten. Die körperlichen Reaktionen sorgen dafür, dass wir abhauen und uns in Sicherheit bringen können. Also eigentlich: ziemlich smart.

In der heutigen Zeit ist unser Leben nur selten wirklich in Gefahr. Wir kennen heute eher den psychologischen Stress – also Stress, der keine direkte körperliche Gefahr darstellt, aber uns trotzdem in die Enge treibt: die Angst, den Job zu verlieren, im Matheunterricht an der Tafel zu versagen, die nächste Rechnung nicht bezahlen zu können oder für alles verantwortlich zu sein, was 150 Kinder und 30 Betreuer:innen um dich herum gerade treiben.

Physischer und psychologischer Stress setzen zwar nicht exakt die gleichen Reaktionen im Gehirn in Gang, aber alle Reaktionen sind Teil des sogenannten thread response system.

Was in deinem Gehirn passiert, wenn dich etwas stresst

Im Herzen dieses Stresssystems liegt die Amygdala, eine Region, ungefähr so groß wie eine Mandel.

Seit Jahrzehnten deuten Ergebnisse der Hirnforschung (Öffnet in neuem Fenster) darauf hin, dass sie eine entscheidende Rolle spielt bei unserer Reaktion auf Stress. Und das funktioniert, im Groben, so:

Die Amygdala ist mit vielen Hirnregionen verbunden, sowohl mit Regionen, die für bewusste Vorgänge verantwortlich sind, als auch mit solchen, die für bei unbewussten Abläufen eine Rolle spielen. Manche dieser Regionen tracken unsere Umwelt und generieren sensorische Informationen, zum Beispiel, wenn ein Objekt auf uns zu fliegt. Andere Regionen sind eher bei abstrakten Vorgängen involviert, wenn wir mit unserem Partner oder unserer Partnerin streiten, zum Beispiel. Wenn die Amygdala eine Gefahr ausmacht, kommuniziert es wiederum mit denjenigen Regionen, die eine angemessene Reaktion auslösen können, zum Beispiel mit motorischen Regionen, die du zum Weglaufen brauchst.

Die Amygdala erregt den Körper, indem es Regionen aktiviert, die auch Teil des Schlaf-Wach-Zirkels sind. Teile deines Gehirns werden mit Hormonen überschüttet: mit Dopamin, Serotonin, Noradrenalin. Diese sorgen dafür, dass du fokussiert bist, und dass du die Stresssituation lösen kannst. Wie oben beschrieben: Wir erhöhen so den Blutdruck, die Muskelspannung, die Atmung, die Herzfrequenz und den Blutzuckerspiegel.

Dein Körper ist bereit, mit einem Grizzlybären zu kämpfen, obwohl du eigentlich schlafen willst

Der zweite Teil der Stressreaktion ist als Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-Achse (HPA) bekannt. Die HPA-Achse umfasst eine Kaskade von Hormonen, darunter Cortisol, das in Stresssituationen in großen Mengen ausgeschüttet wird. Cortisol lenkt die Energie von nicht dringenden Prozessen wie der Wundheilung und der Funktion des Immunsystems ab, um den Körper auf die Bekämpfung eines unmittelbaren Angreifers vorzubereiten. Einige Folgen der Ausschüttung von Cortisol ähneln sich den bereits angesprochenen Reaktionen, allerdings: in einer langsameren, längeren Zeitspanne.

Der Spiegel des Stresshormons Cortisol hat wiederum Auswirkungen auf den Schlaf-Wach-Rhythmus. Während Cortisol in der Regel nachts abnimmt, um sich auf den Schlaf vorzubereiten, haben Studien ergeben, dass Menschen mit Schlaflosigkeit abends einen höheren Cortisolspiegel aufweisen, was wiederum dazu führt, dass sie nachts öfter aufwachen. Kurzum: Dein Körper ist bereit, mit einem Grizzlybären zu kämpfen, obwohl du eigentlich schlafen willst.

Und irgendwann beißt sich die Katze selbst ins Bett: Ein hohes Maß an Stress kann zu Schlafproblemen beitragen, und schlechter oder unzureichender Schlaf kann zu unangemessenen Veränderungen der Stressreaktion führen. Na danke auch.

Forschungen legen aber auch nahe, dass Menschen, die besser geschlafen haben, auch weniger negative Emotionen empfinden und sich schneller von einem stressigen Ereignis erholen können. Immerhin.

Wie du trotz Stress besser schläfst

Damit lasse ich euch natürlich jetzt nicht allein. Hirnforscher:innen haben sich natürlich auch überlegt, was aus all dem folgt. Also: Wie man trotz Stress besser schläft. Das hier sind die besten Tipps, die ich in Studien und Büchern gefunden habe:

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