5 Bücher über dein Gehirn, die du kennen solltest
Jeden Freitag erzähle ich euch von Erkenntnissen aus Neurowissenschaft und Psychologie, die ihr kennen solltet. Heute, zum letzten Mal in diesem Jahr: 5 Bücher übers Gehirn, die mich begeistert haben.
Im Frühjahr 2010 tigerte ich durch das Wohnzimmer meiner Eltern, auf der Suche nach einer Erleuchtung. Ich sollte in der Schule ein 60-minütiges Referat halten, über ein Thema meiner Wahl. Das war nicht nur absurd lang, es war auch das erste Mal, dass ich mir aussuchen durfte, über welches Thema ich in der Schule sprechen oder was ich lernen wollte. Totale Überforderung.
Irgendwann stellte ich mich vor das Bücherregal und begann es zu scannen. Irgendwas Interessantes musste sich dort verstecken, hoffte ich. Ich nahm locker zehn Bücher in die Hand und stellte sie wieder zurück. Bis ich bei einem schmalen, roten Büchlein hängen blieb: "Medizin für die Bildung." Der Autor: Manfred Spitzer, Psychiater, Lern- und Hirnforscher. Why not?
Ich las den Klappentext, dann das Buch. Ich hielt das Referat, bekam eine eins. Ein Jahr später las ich für das nächste Referat wieder ein Buch von Spitzer. Ich bekam wieder eine eins. Nach dem Abitur entschied ich mich, Kognitionswissenschaften zu studieren. Ich ging nach Osnabrück, wurde Journalist und begann selbst über das Gehirn zu schreiben. Jahre später gründete ich einen Newsletter, in dem ich Erkenntnisse aus Neurowissenschaft und Psychologie verständlich erklärte – schön, dass du ihn gerade liest!
Warum ich all das erzähle? Alles begann mit diesem einen Buch. Man mag von Manfred Spitzer halten, was man will, aber für mich wird er immer derjenige bleiben, der meine Begeisterung für das menschliche Gehirn ausgelöst hat.
Keine Ahnung, wie viele Bücher übers Gehirn ich seitdem gelesen habe. Auf jeden Fall waren so gute dabei, dass ich euch heute fünf empfehlen möchte. Los geht´s!
Buch 1 : "Lernen" von Manfred Spitzer
Natürlich muss Spitzer selbst in dieser Lieste auftauchen. Ich erwähne ihn aber nicht nur, weil er mich zur Hirnforschung gebracht hat. Sein Buch "Lernen" ist eine der besten neurowissenschaftlichen und verständlichen Einführungen, die ich bis heute zum Thema gelesen habe. Er beschreibt die Grundlagen, verwendet Vergleiche und Metaphern, die ich heute (auch in diesem Newsletter) immer noch benutze. Und im Vergleich zu den vielen, vielen Büchern, die von ihm folgten, kommt "Lernen" noch weitesgehend ohne Spitzers eigene, oft sehr starke und umstrittene Meinung aus.
Buch 2: "Livewired" von David Eagleman
Der Untertitel verrät schon die Hauptaussage des Buches: "The Inside Story of the Ever-Changing Brain". Unser Gehirn verändert sich ständig, nahezu immer. Die Erkenntnis ist simpel, aber entscheidend: Unser Gehirn passt sich unserem Leben ziemlich perfekt an. Und wir sind nur so anpassungsfähig, weil nicht schon zu Beginn unseres Lebens festgelegt ist, wozu wir unser Gehirn benutzen können. Die ganze Welt steht unserem Gehirn offen. David Eagleman zieht diese Erkenntis durch das gesamte Buch und beantwortet nebenbei unterhaltsame Fragen: Was haben unsere Träume mit der Erdrotation zu tun? Oder: Können wir irgendwann Roboter nur mit unseren Gedanken steuern?
Buch 3: "Social" von Matthew D. Lieberman
Eine meiner Lieblingsfragen im Studium drehte sich um die Frage, warum wir ein Selbstbewusstsein haben, also warum ich weiß: Das bin ich und das da drüben sind Nudeln. In einem meiner Seminare haben wir uns jeden Freitag drei Stunden lang damit beschäftigt, welche Rolle andere Menschen für unser Selbst spielen. Das Buch "Social" von Matthew D. Lieberman war damals zwar nicht Teil des Seminats, aber es fasst die vielen Erkenntnisse, die es dazu gibt, sehr gut zusammen. Eine spannende Erkenntnis aus dem Buch: Unser Gehirn reagiert auf sozialen Schmerz (z.B. Ablehnung) genauso wie auf physischen Schmerz (z.B. ein Schlag in die Fresse). Lieberman argumentiert: Unser Bedürfnis, andere zu erreichen und mit ihnen in Kontakt zu treten, ist eine der Hauptursachen für unser Verhalten.
Buch 4: "Das neue Lernen heißt Verstehen" von Henning Beck
Ich beschäftige mich beruflich damit, wie Menschen lernen. Und der Claim des Onlinemagazins, für das ich arbeite, heißt: Verstehe die Zusammenhänge. Kein Wunder also, dass mir eine Kollegin das Buch von Henning Beck zeigte mit dem Worten: "Hättest du das nicht schreiben müssen?" Ja, vielleicht hätte ich das, aber Beck kann offensichtlich nicht nur forschen, sondern auch schreiben. Eine der wichtigsten Erkenntnisse aus dem Buch: Was man lernt, kann man wieder ver-lernen. Was man aber einmal versteht, kann man nicht ent-verstehen. Beck plädiert dafür, Erkenntisse aus der Hirnforschung zum Verstehen an Lernorten einzubeziehen. Ich empfehle das Buch allen, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten.
Buch 5: "The Man who mistook his Wife for a Hat" von Oliver Sacks
Ich schließe diese Liste mit dem ältesten (1998), aber auch unterhaltsamsten Buch ab. Die Neurowissenschaft verdankt einen großen Teil ihrer Erkenntnisse Gehirnen, die nicht so funkionieren, wie sie sollen. Weil Menschen einen genetischen Fehler haben, krank werden oder ihnen eine Eisenstange von unten durch den Kopf geschossen wird (und sie überleben). Das Buch erzählt die Geschichten von Menschen, die an (für die Forschung fantastischen) Wahrnehmungs- und Denkstörungen leiden. Solche, die sich nicht mehr erinnern, die Menschen nicht mehr von Gegenständen unterscheiden können oder die ihre eigenen Gliedmaßen für fremd halten.
Wenn ihr selbst ein Buch übers Gehirn empfehlen könnt, antwortet doch gerne auf diesen Newsletter und erzählt mir kurz davon. Vielleicht bekommen wir ja eine Liste mit euren Tipps zusammen.
Das war die letzte Ausgabe von Das Leben des Brain für dieses Jahr, ich brauche jetzt eine kleine Weihnachtspause. Im Mai hatte ich die Idee, diesen Newsletter zu starten. Heute lesen ihn über 2.000 Menschen und 128 bezahlen sogar dafür. An dieser Stelle: Danke an euch alle! Bis zum nächsten Jahr! Euer Bent 🧠✌️
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