Neugier ist eine Superpower – so kannst du sie nutzen
Jeden Freitag erzähle ich dir von Erkenntnissen aus Neurowissenschaft und Psychologie, die du kennen solltest. Heute gehts um die zweite von vier Voraussetzungen des Lernens: Neugier.
Man nehme zwei Katzen. Eine mit Halsband und Leine, die andere stecken wir in eine Art Korsett aus Pappe, sodass sie sich nicht frei bewegen kann. Dann verbinden wir beide Katzen mit einem Karussell, sodass ihre Bewegungen streng miteinander gekoppelt sind. Bewegt sich die Katze mit dem Halsband, bewegt sich zwangsläufig auch die andere Katze im Korsett. Verwirrt? Hier das ganze als Schaubild:
Diese Grafik stammt aus einem Experiment (Öffnet in neuem Fenster) aus dem Jahr 1963. Damals hatte man es noch nicht so mit Tierschutz: Bis die Katzen alt genug waren (acht bis zwölf Wochen), lebten sie in vollkommener Dunkelheit. Dann wurden sie für ein paar Wochen drei Stunden pro Tag so wie oben abgebildet an den Apparat angeschlossen. Die Katzen lebten für diese Stunden in einem großen Zylinder, die Wände sahen aus wie auf dem Bild, gestrichen mit einfachen, vertikalen Linien.
Zur traurigen Wahrheit dieses Newsletters gehört, dass ich euch eigentlich gar nichts über Katzen erzählen will.
Die Idee hinter dem Experiment: Die eine Katze sollte die (recht trostlose) Umgebung auf eigene Faust erkunden, während die andere nur mitgeschleift wird, aber durch die Vorrichtung exakt den gleichen visuellen Input hat.
Das Ergebnis: Nur die eine Katze, die aktive, entwickelte ein intaktes Sehvermögen, die andere (die passive, die nur mitgezogen wurde) bestand selbst einfache Sehtests nicht.
Die Entdeckung: Die aktive Erkundung der Welt ist essentiell für die richtige Entwicklung des Sehens – und des Lernens.
Das gilt nicht nur für Katzen, sondern auch für Menschen: Wer passiv ist, lernt im besten Fall ziemlich wenig und im schlechtesten Fall gar nichts.
Gib den Dingen eine Bedeutung
Das zeigt auch folgende Untersuchung: Man nimmt eine Liste mit 60 Wörtern und präsentiert sie drei Gruppen von Schüler:innen. Eine Gruppe soll für jedes Wort angeben, ob es in GROSS- oder kleinbuchstaben geschrieben ist. Die zweite Gruppe soll für jedes Wort sagen, ob es sich auf „Stuhl“ reimt. Und die dritte Gruppe soll für jedes Wort angeben, ob es sich um ein Tier handelt oder nicht. Eigentlich drei einfache Aufgaben.
Danach testet man unangekündigt, an wie viele der Wörter sich die Schüler:innen erinnern können. Das Ergebnis: Die dritte Gruppe erinnert sich am besten, also die Gruppe, die entscheiden sollte: Tier oder nicht Tier? Warum? Weil sie sich intensiver mit den Wörtern beschäftigen musste als die anderen Gruppen, nämlich auf dem Level der Bedeutung. Um zu entscheiden, ob ein Wort groß- oder kleingeschrieben wird, muss man das Wort nicht verstehen. Die Tier-Gruppe erinnerte sich an 75 Prozent der Wörter. Die anderen Gruppen kamen auf 52 Prozent (Reim-Gruppe) und 33 Prozent (Groß- oder Kleinschreibung).
Je aktiver wir sind, desto tiefer verarbeiten wir etwas. Deshalb ist es eine vergleichsweise schlechte Lernumgebung, wenn der Lehrer an der Tafel etwas erzählt und 30 Kinder passiv rumsitzen und sich berieseln lassen. Denn nur bei der tieferen Verarbeitung werden Areale im präfrontalen Cortex aktiviert, die eng verbunden sind mit dem Hippocampus. Der wiederum spielt eine zentrale Rolle beim Abspeichern von Informationen. (Mehr über unser Gedächtnis und den Hippocampus in dieser Ausgabe (Öffnet in neuem Fenster).)
Der Sweet-Spot im Gehirn
Neurobiolog:innen haben auch herausgefunden: Wenn wir etwas entdecken, das wir noch nicht kennen, belohnt uns das Gehirn. Es aktiviert den Dopamin-Kreislauf, der auch von Essen, Sex und Drogen aktiviert wird.
Je neugieriger wir sind, desto aktiver sind die Regionen des Dopamin-Kreislaufes. Und je aktiver diese Regionen, desto eher erinnern wir uns später an das Erlebte oder Erlernte.
Nur: Wann sind wir neugierig und wann nicht?
Echte Brains können jetzt weiterlesen und erfahren, wann genau wir neugierig sind und warum Schule unsere Neugier so oft erstickt.
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