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Warum du dich nicht erinnerst, wenn du zu viel Alkohol trinkst

Jeden Freitag erzähle ich dir von Erkenntnissen aus Neurowissenschaft und Psychologie, die du kennen solltest. Heute: Was im Gehirn passiert, wenn wir uns an eine durchzechte Nacht nicht mehr erinnern können.

Mein Mitbewohner hat bei unserer eigenen Silvesterparty zum ersten Mal in seinem Leben als DJ  aufgelegt. Sein Slot: ab 4.30 Uhr, morgens, für eine halbe Stunde. Für Berliner Silvesterpartys ist das eine ganz normale Uhrzeit. Es gab auch Drinks an unserer Bar (in der Küche): Sekt, Vodka Soda, Gin Tonic, Bier, Mate, alles da. Und wie es sich für eine Party so gehört, hatte mein DJ-Mitbewohner bis 4.30 Uhr auch ein paar dieser Drinks intus. Um halb fünf also bestieg er die Bühne (ja, die hatten wir wirklich) und spielte sein Programm ab. Die Leute tanzten, einige johlten, mein Mitbewohner strahlte.

Am nächsten Tag habe ich ihn gefragt, wie das für ihn so war. Seine Antwort: “Keine Ahnung”. Er erinnerte sich nicht mehr an seinen Auftritt. Zu viel Alkohol. Klassischer Blackout.

Mein letzter Blackout ist schon zehn Jahre her, aber nachdem ich in der letzten Ausgabe bereits runtergebrochen hatte, wie genau der Alkohol uns betrunken macht, fand ich die Frage naheliegend: Warum kommt es vor, dass wir uns an nichts mehr erinnern, wenn wir zu viel getrunken haben? Darum geht es heute. Und darum, wie man das verhindern kann.

Was genau ist ein Blackout?

Wir müssen kurz klären, was ich mit Blackout meine. Ich meine das Aussetzen der Erinnerung, wenn wir am nächsten Morgen aufwachen. Dieses eklige Gefühl, nicht mehr zu wissen, wie man nach Hause gekommen ist. Der Umstand, dass man nach Hause gekommen ist, ist aber interessant. Er zeigt nämlich: Das Gehirn hört nicht komplett auf zu arbeiten. Die Motorik (und damit der motorische Kortex) scheint noch zu funktionieren. Genauso die verschiedenen Areale, die zur Sprachverarbeitung und -produktion beitragen: Wir lallen zwar, aber wir konnten uns noch unterhalten. Wir erinnern uns nur am nächsten Tag an nichts mehr davon.

Ein kurzer Gedächtnis-Crashkurs

Um zu verstehen, wie Alkohol das “schafft”, müssen wir nochmal kurz über unser Gedächtnis sprechen. Wenn wir uns an etwas erinnern, werden bestimmte Neuronen in einem bestimmten zeitlichen Muster aktiviert. Diese können über das ganze Gehirn verteilt sein. Bei der Erinnerung an die Erbsensuppe deiner Oma muss dein Gehirn den Geruch, den Geschmack und das Aussehen der Suppe über dein sensorisches Ultrakurzzeitgedächtnis aufnehmen und sich kurz merken. Damit du dich später an die Suppe erinnern kannst, müssen die Verbindungen zwischen den beteiligten Nervenzellen „konsolidiert“ werden, das heißt: sie werden gefestigt. Eine entscheidende Rolle spielt dabei der sogenannte Hippocampus (hier mehr (Öffnet in neuem Fenster) zu den Grundlagen unserer Erinnerungen). Er sorgt dafür, dass Erinnerungen irgendwann außerhalb des Hippocampus, in der Großhirnrinde (Cortex), gespeichert werden.

So crasht Alkohol unser Gedächtnis

Wie in der letzten Ausgabe beschrieben, macht Alkohol sich an verschiedenen Neurotransmittern zu schaffen und sorgt so dafür, dass unser Gehirn langsamer Informationen von Nervenzelle zu Nervenzelle transportiert. Genau das wird für unser Gedächtnis zum Problem. Auch Nervenzellen im Hippocampus scheint der Alkohol zu erreichen (Paper (Öffnet in neuem Fenster)), und stört sie auf mehreren Wegen: direkt, in dem er sich auf die Schaltkreise innerhalb des Hippocampus auswirkt, und indirekt, indem er die Interaktionen zwischen dem Hippocampus und anderen Hirnregionen beeinträchtigt.

Durch das Manipulieren von sogenannten Pyramidenzellen im Hippocampus (Paper (Öffnet in neuem Fenster)) scheint Alkohol dafür zu sorgen, dass eine Kurzzeiterinnerung nicht zu einer Langzeiterinnerung werden kann. In einer durchzechten Nacht erinnern wir uns oftmals noch an den Satz, den unser Gesprächspartner gerade gesagt hat, am nächsten Tag aber schon nicht mehr.

In der letzten Ausgabe habe ich die Auswirkung auf unser Gehirn so beschrieben: Das ist, als würde dein Auto im Feierabendverkehr von jetzt auf gleich nur noch 20 km/h fahren. Du kommst zwar vorwärts. Aber alle (Nüchternen) um dich herum sind viel schneller. Beim Gedächtnis im Falle eines Blackouts müsste man ergänzen: Man kommt nicht mehr vorwärts. Man sitzt zwar noch im Auto, aber das Tacho zeigt 0 km/h an. Standspur. 

So verhinderst du einen Blackout

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