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Warum du faktenresistent bist

Jeden Freitag erzähle ich dir von Erkenntnissen aus Neurowissenschaft und Psychologie, die du kennen solltest. Heute: über den Bestätigungsfehler und wie du ihm entkommst.

Kurz vorab: In den vergangenen Wochen konnten echte Brains darüber abstimmen, welchen Themen ich mich in diesem Newsletter als Nächstes widmen soll. Die Ergebnisse findet ihr ganz unten.

Neulich hat unsere Praktikantin bei Krautreporter einen Text (Öffnet in neuem Fenster) darüber geschrieben, dass die nicht mehr arbeiten will. Er wurde fast 200.000 mal gelesen und  hitzig diskutiert. Die Reaktionen gingen immer wieder komplett auseinander: Die einen sahen in ihrem Text den ultimativen Beweis dafür, dass die Jugend heutzutage wahnsinnig faul ist. Für die anderen war der Artikel Beleg für eine kritische, selbstdenkende junge Generation. 

Der gleiche Text gilt bei verschiedenen Menschen als Beleg für ganz unterschiedliche Ansichten? Willkommen in der Welt des Bestätigungsfehlers, oder auf englisch conformation bias

Und falls du jetzt denkst: Ja, kenn ich, davon bin ich nicht betroffen – doch, bist du. Je gebildeter ein Mensch ist, desto eher neigt er oder sie dazu, Fakten nach der eigenen Weltsicht zu interpretieren (mehr dazu unten). Deshalb geht es heute genau darum: Was der Confirmation Bias ist, wie er zustande kommt und vor allem: wie man sich dagegen wehren kann.

Bist du für die Todesstrafe?

Eine klassische Studie (Öffnet in neuem Fenster) zum Confirmation Bias wurde bereits 1979 in Stanford durchgeführt. Es ging um die Todesstrafe. Dafür brachten Forscher:innen Menschen zusammen, die die Todesstrafe befürworteten und solche, die dagegen waren. Beiden Gruppen gaben sie Lektüre, zwei Studien. Die eine davon bestätigte, wie abschreckend die Todesstrafe für potentielle Straftäter:innen ist, die andere Studie widerlegte diese Wirkung. Danach befragten die Forscher:innen ihre Teilnehmer:innen nach der Qualität und Relevanz der Studien. Das Ergebnis: Die Teilnehmer:innen bewerteten diejenige Studie höher, die ihren Standpunkt unterstrich.

Zusammengefasst bringt uns der Confirmation Bias dazu,  die Informationen stärker wahrzunehmen, die bestätigen, was wir sowieso glauben. Informationen, die nicht zu unserer Ansicht passen, übersehen wir eher. Dahinter stecken mehrere, unbewusste Prozesse:

  • Wir suchen selektiv. Wir lesen nur solche Medien, hören nur solche Podcasts, googlen nur nach solchen Zusammenhängen (Hey Google, ist die Jugend faul?), die unsere Weltsicht bestärken. Das tut uns gut und gibt uns ein “Ich habe Recht”-Gefühl.

  • Wir fokussieren uns auf die bestätigenden Inhalte. Selbst, wenn es auch Artikel/Podcasts/Studien gibt, die unserer Ansicht widersprechen.

  • Wir gewichten anders. Genau wie im Experiment oben. Wir halten diejenige Studie für relevanter/besser durchgeführt, die zu unserer Ansicht passt.

Diese bitteren Pillen musst du schlucken

Der Confirmation Bias (und viele andere kognitive Fehler) bringt gleich zwei bittere Pillen mit sich.

Bittere Pille Nummer 1: In Diskussionen, zum Beispiel über die Klimakrise, Covid, die Impfung, fehlt es oftmals nicht an Wissen. Es ist nicht etwa so, dass Klimawandelleugner ihre Meinung (Öffnet in neuem Fenster) auf einmal änderten, wenn sie nur die Informationen hätten, die wir haben. Es hängt oftmals schlicht von unserer Überzeugung ab, ob wir den Expert:innen vertrauen. Deshalb ist Bildung auch für die meisten Probleme nicht die Lösung, sondern nur für diejenigen, bei denen fehlende Bildung das Problem ist.

Bittere Pille Nummer 2: Eine Metastudie (Öffnet in neuem Fenster)  aus dem Jahr 2015 zeigte, dass die ideologische Polarisierung bei der Frage, ob es den Klimawandel gibt oder nicht, mit dem Wissen der Befragten über Politik, Wissenschaft und/oder Energiepolitik steigt. Konservative mit Hochschulabschluss lehnen die Ergebnisse der Klimaforschung deutlich eher ab. Uff.

So wehrst du dich gegen den Conformation Bias

Bleibt die Frage, wie man sich dagegen wehrt, selbst wenn man wahnsinnig schlau ist (und das sind wir ja hier schließlich alle). Kognitive Fehler machen wir vor allem unbewusst und sich gegen unbewusste Entscheidungen zu wehren, ist ziemlich schwer. Man kann aber ein paar Vorkehrungen treffen:

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