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➜ eine Sache nur #1B | Digital Detox

Na? Hast du schon getetoxt? Hier meine Erfahrungen und Gedanken. Und eine Information mit einer fetten Motivation für dich.

Digital Detox

Dieser Newsletter ist die zweite Episode einer Serie über die Entwicklung von Kreativität. Falls dich das interessiert, empfehle ich, vorn anzufangen. Die Anmeldung und den ersten Newsletter findest du hier:

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Die Craving-Hürde

Heute beginne ich mit Klugscheißerei: Was wir fühlen, wenn unsere Hand nach dem Smartphone greift und wir sie wieder zurückziehen, weil wir detoxen, nennt sich „Craving“. Das könnte ich mit Verlangen oder Gier übersetzen und ist in der Psychologie ein eingeführter Begriff für vorübergehendes Substanzverlangen bei Süchten.

Wenn du dieses unangenehme Craving spürst, hast du zwei Möglichkeiten:

  1. Du gibst dem Drang nach und greifst nach der digitalen Verführung. Das ist kurzfristig eine Lösung, denn der unangenehme Zustand hört sofort auf. Möglicherweise meldet sich dann ein kleines schlechtes Gewissen – doch damit haben wir Erfahrung und können gut damit umgehen. Langfristig ist der Effekt leider, dass dein Verlangen nicht weniger wird, sondern größer. Das liegt daran, dass du dich dann besser fühlst und das ist ähnlich einer Belohnung. Du hattest also ein schlechtes Gefühl, hast gehandelt und fühlst dich jetzt besser – ein klarer Fall von operanter Konditionierung.

  2. Du hältst den Drang so lange aus, bis er nachlässt (Und das wird er garantiert). Es dürfte sogar besonders hilfreich sein, dieses Craving so genau wie möglich wahrzunehmen, es innerlich zu untersuchen. Dann wird dir nämlich auffallen, dass es „nur“ ein Verlangen ist. Und alle pseudoguten Gründe („Es könnte jetzt aber wichtig sein“, „Die anderen warten sicher auf mich“, „Das fühlt sich falsch an“) zerbröseln. Wenn das Verlangen schließlich nachlässt, wirst du dich wieder besser fühlen. Und mittels Konditionierung das Gegenteil von 1. gelernt haben.

Was ich damit sagen will: Digital Detox funktioniert garantiert – wenn du dich an deine Regeln hältst. Wenn du dich nicht daran hältst, wäre es besser du lässt es ganz sein. Denn dann manifestierst du deine bisherigen Gewohnheiten noch stärker.

Und was konkret tun, wenn das Craving kommt? Du könntest dich ablenken, die Langeweile aushalten oder das Gefühl erforschen. Was, denkst du, ist am hilfreichsten? Diese Frage beantworte ich am Ende des Newsletters.

Was ich in dieser Woche selbst verändert habe

Im Laufe der Woche habe ich mir notiert, was ich verändert habe. Hier die Liste, durch die ich mich Anfang der Woche kämpfen musste und die mir mittlerweile moderat vorkommt:

  • tägliches Duoling mit einem Streak von über 700 Tagen beendet

  • Twitter + Threads vom iPhone gelöscht

  • nahezu alle Podcasts-Abos gekündigt

  • noch mehr Newsletter gekündigt

  • Nachrichten lese ich nur noch morgens, mittags und abends jeweils 15 Minuten

  • beim Hunde-Spaziergang und beim Laufen verzichte ich auf die Kopfhörer

  • ich versuche, einen kurzen Mittagsschlaf zu machen

  • zum Einschlafen lese ich ein Buch, und manchmal höre ich ein Hörbuch

Und siehe da: Ich hatte ab Mittwoch die Zeit, morgens zu meditieren und abends im Buch zu lesen.

Inkubation: ein motivierender Gedanke

Und nun der erheblich motivierende Gedanke, den ich dir versprochen habe. In kurz heißt der: ohne Inkubation keine Kreativität.

Dazu muss ich kurz ausholen und den Blick auf den wissenschaftlichen Stand der Kreativität lenken. Zwar stehen die Forschenden bei diesem Thema noch am Anfang, doch einiges wissen wir.

Und so gibt es einige Modelle, die beschreiben, wie Kreativität entsteht und in welchen Phasen sie geschieht. Falls du es genauer wissen willst, kannst du auf der Wikipedia (Öffnet in neuem Fenster) mit der Recherche starten. Sicher ist, dass es in jedem Modell drei Phasen gibt, die mehr oder weniger eine Rolle spielen: Präparation, Inkubation und Illumination.

Am besten beschreibe ich diese drei Phasen anhand der Zubereitung eines Zaubertranks. Das Bild ist recht gut. Denn es lässt Raum für die anderen Phasen, die in den Modellen genannt werden (z. B. Ziel und damit mögliche Veränderung oder Verifikation).

Und es lässt Raum für den Gedanken, dass Kreativität eine Menge möglicher Zutaten benötigt – die ich jetzt (noch) nicht bespreche.

Die drei Phasen der Kreativätit.

Während der Präparation (1) kommen die Ingredienzien in den Topf. Diese köcheln während der Inkubations-Phase (2) vor sich hin. Ist der magische Trank bereit, führt er in der Illuminations-Phase (3) zu wunderbaren Ergebnissen.

Einwurf: Natürlich habe ich diese Bilder via KI gebaut. Das war erstaunlich aufwendig – sieht aber nett aus. Gell?

Wir benötigen also Zutaten, um die es im Verlauf dieses Newsletters gehen wird. Diese lassen wir aber nicht herumliegen, sondern transformieren sie in der Inkubations-Phase. Erst dann können wir illuminiert werden, also mit kreativen Ergebnissen rechnen.

Was hat das mit Digital Detox zu tun?

Stell dir vor, du hast einige Zutaten in den Topf geworfen und das Feuer angezündet. Doch statt der Inkubations-Phase ausreichend Zeit zu lassen, wirfst du ständig noch mehr Brokkoli, Zwiebeln oder Möhren in den Topf.

Genau das passiert, wenn wir den ganzen Tag auf Empfang stehen. Jederzeit schauen unsere Augen auf neue Informationen und in unseren Ohren kommen Signale an, die verarbeitet werden müssen. Zack, in den Topf. Zack, in den Topf. Zack…

Der Topf ist also voll und du wirfst immer wieder rohes Gemüse rein. Das noch verbleibende Wasser wird also nie den Siedepunkt erreichen und irgendwann fallen Möhren aus dem zu vollen Topf ins Feuer. Wenn du schließlich für ein Projekt oder dein Leben eine kreative Idee benötigst und einen ordentlichen Schluck Zaubertrank nimmst, ist dieser lauwarm, geschmacklos und die Zutaten noch roh. So wird das nichts mit Kreativität.

Detox macht also den Weg frei für kreative Inkubation

Nur wenn du den Topf und die Zutaten auch mal in Ruhe vor sich hin köcheln lässt, wirst du einen wirklich magischen Trank erhalten, der deine Kreativität entfesselt. Nur wenn du den Kochplatz auch mal verlässt und im Wald spazieren gehst oder in der Sonne döst, wird aus all den Zutaten (über die wir noch reden werden) dein kreativer Zaubertrank.

Und glaube nicht, dass während einer Tagträumerei oder bei einem Spaziergang dein Gehirn nichts tut. In dieser Zeit wird das Default Mode Network aktiviert und transformiert dein Unterbewusstes. Genau das, was wir in der Inkubations-Phase tun sollten.

Oder, anders gesagt: Erst dann, wenn du das Craving überwunden und in einen entspannten Modus gekommen bist, arbeitet der größte Teil deines Gehirns an deinen kreativen Möglichkeiten.

Also genieße es, wenn dir gerade langweilig ist.

Was tun, wenn das Craving kommt?

Ich hatte dir weiter oben die drei möglichen Optionen genannt, wenn das Verlangen nach digitaler Unterhaltung kommt: Ablenkung, Langeweile oder Achtsamkeit.

Falls du den Text bisher gelesen hast, kennst du die Antwort. Hier die Optionen in aufsteigender Reihenfolge:

  1. Ablenkung ist gut, solange es nicht anders geht. Hilft allerdings auf Dauer nicht und verlängert den Prozess.

  2. Achtsamkeit ist - mindestens am Anfang - super, um das Craving zu überwinden.

  3. Langeweile aka Tagträumen ist schließlich die beste Lösung. Allerdings dauert es ein wenig, bis du diesen Zustand erreicht hast.

Ist das nicht ein großartiger Gedanke? Genau dann, wenn du gerade nichts (NICHTS) tust, trainierst du deine Fähigkeit, kreativ zu sein. Vielleicht hilft dir dieser Gedanke, wenn dein Smartphone gerade um deine Aufmerksamkeit bettelt.

Viel Erfolg also beim Tagträumen. Und in der nächsten Woche gibt es einen neuen, grundlegenden Input.

Bis dahin eine gute Zeit.

Paul Jonas

Paul Jonas
Kategorie eine Sache nur – Mails