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Lieber Kai,

Danke für deine Geschenke. Schon lustig, auch ich kenne diese Lieder und bei den letzten beiden sind die Erinnerungen zumindest ähnlich.

Beim ersten Lied jedoch (dessen Liebesgeschichte ich zum Glück schon kannte!) erinnere ich mich nach Brisbane, Australien zurück, wo ich im Jahr 2010 ein Jahr studiert habe , das für immer einen großen Platz in meinem Herzen einnehmen wird.
Es war ein wundervolles Jahr mit ganz vielen tollen Menschen. Du willst einen Einblick? Nun, nach langer Überlegung, wie rot ich dabei anlaufen würde, dass mit "dir" (*hust*) zu teilen, ist mein Weihnachtsgeschenk an dich dieses Video,  dass wir damals dort in all unserer jugendlichen Energie hergestellt haben, um diese Zeit festzuhalten (mit grandioser, komplett ruckelfreien Kameraführung von yours truly).

https://www.youtube.com/watch?v=OvV6JHPYxFY (Öffnet in neuem Fenster)

Nun: Aus den jungen, wilden Studierenden aus der ganzen Welt sind mittlerweile Eheleute und Eltern geworden. Und in unregelmäßigen Abständen kommt es dazu, dass man sich wieder zusammenfindet, um die Hochzeit aus einer oder einem aus der Runde zu feiern. Das passierte schon so in der Schweiz, Holland, Tschechien und Mexiko.

Und auch die nächste steht schon wieder vor der Tür, noch einmal in Mexiko, im April kommenden Jahres (Diego, der Kerl mit dem Cowboyhut ganz rechts bei 2:57). Ich arbeite noch daran, dass ich es auch dorthin schaffe, allem Flugscham zum Trotz. 

Wenn du diese Zeilen liest, ist der 2. Weihnachtstag.
Ich hoffe, du wurdest schon reichlich beschenkt und hast dir den Magen vollgeschlagen. Ich werde heute meine Weihnachtsrückreise nach Berlin antreten, meine Zeit zwischen den Jahren ist diesmal leider dank einer Deadline am 1. Januar ziemlich vollgepackt und nicht so erholsam wie sonst.

Eine merkwürdige Zeit, diese Tage zwischen Weihnachten und Silvester, findest du nicht?

Im British English wird für diese Zeit der Begriff Boxing Week benutzt, was aber eher mit dem Ausverkauf aus den Geschäften zutun hat, als mit irgendeiner Tradition (ieh, Kapitalismus!).

Andere Beispiele, die ich gefunden habe, sind größtenteils skandinavisch:  Es gibt Mellandagarna auf schwedisch und Välipäivät auf finnisch, was beides jeweils so viel wie die Zwischen-Tage heißt. In der Schweiz heißt es Altjahrswoche.

In Norwegen nennt man es Romjul ("Der Raum zwischen Weihnachten"), geht aber bis zum 6. Januar. Dort ist es auch Tradition (Öffnet in neuem Fenster), dass Kinder als Weihnachtsböcke verkleidet, von Tür zu Tür gehen und nach Süßigkeiten fragen. Auch ein Weihnachtslied ist dieser Zeit gewidmet.

https://www.youtube.com/watch?v=Ze9rTTSzwtw (Öffnet in neuem Fenster)

Normalerweise bin ich ein riesiger Fan von dieser Zeit zwischen den Jahren.
Ich habe immer das Gefühl, dass es in dieser Zeit keinerlei Erwartungen gibt, jegliche Art von gesellschaftlichem Druck entschwunden ist und die Zeit einfach die Zeit sein kann. So ähnlich wie früher beim Fliegen oder beim Bahnfahren, wo es einfach in Ordnung war, nicht erreichbar zu sein.
Jetzt, wo ich drüber nachdenke, erinnert es mich ein bisschen an ma (Öffnet in neuem Fenster)

Falls du noch Serientipps für die freie Zeit suchst, hier drei Skandinavische:

  • Borgen (Klassiker, eine fantastische, dänische Polit-Serie, die im neuen Jahr durch Netflix eine 4. Staffel bekommt)

https://www.arte.tv/de/videos/RC-021645/borgen-gefaehrliche-seilschaften/ (Öffnet in neuem Fenster)
  •  Occupied (Norwegische Dystopieserie über eine mögliche Invasion Russlands. Hab bisher erst eine Staffel gesehen, fand ich ziemlich fesselnd)

https://www.arte.tv/de/videos/RC-021466/occupied-die-besatzung/ (Öffnet in neuem Fenster)
  • 1 Meter 20 (Comedy aus Argentinien. Hauptperson der Story ist die 17-jährige Juana, die kleinwüchsig ist und im Rollstuhl sitzt. Angekommen in einer neuen Schule sucht sie nach Freunden und dem ersten Mal).

https://www.arte.tv/de/videos/RC-021939/1-meter-20/ (Öffnet in neuem Fenster)
  • Diener des Volkes (Der heutige ukrainische Präsident war Selenskyj war früher Schauspieler. Sein größter Hit ist dieser hier, indem er einen Geschichtslehrer spielt, der über Nacht zum Präsidenten der Ukraine  (!!) wird)

https://www.arte.tv/de/videos/RC-021804/diener-des-volkes/ (Öffnet in neuem Fenster)


Tja, und dann ist das Jahr plötzlich vorbei.

Ich bin ehrlich gesagt froh, dass das Jahr vorbei ist, es ist Zeit für was Neues. Es war ein schwieriges Jahr, durch Corona, aber auch durch allerlei persönliche Hürden. 2021 zog mir schon besonders am Energielevel.
Aber die Vergangenheit darf für mich gerne Vergangenheit bleiben. Tatsächlich habe ich nicht die Angewohnheit, ein Jahr revue passieren zu lassen, stattdessen überlade ich mich in dieser Zeit mit Ideen und Plänen fürs neue Jahr. Dinge, die ich sehen, machen, tun, erreichen will. Meistens umsonst. 

Glücklicherweise kommt das Jahr nämlich dann meistens komplett anders, als ich es mir gedacht habe. Ich muss wirklich sagen: Es ist wirklich total selten der Fall, dass das, was ich von einem Jahr erwarte, auch so eintrifft.
Das finde ich ehrlich gesagt aber sehr beruhigend. Es sind doch fast immer wirklich schöne Jahren geworden, gerade durch den Umstand, dass alles anders kam. Kontrolle ist doch etwas überschätzt, mindestens jedoch eintönig und auf Dauer echt langweilig.

Vor zwei Jahren am Neujahrstag, kurz nach null Uhr, als sich alle in den Armen lagen für die neuen 20er Jahre, wünschte mir eine gute Freundin, dass alle meine Pläne fürs neue Jahr in Erfüllung gesehen sollten.
Ich reagierte darauf ablehnend und entgegnete, etwas angeduselt und altklug (wie ich "manchmal" so bin) den ausdrücklichen Gegenwunsch, dass nicht ihre Wünsche in Erfüllung gehen sollen, sondern das Jahr stattdessen möglichst viele Überraschungen für sie bereit haben solle. Denn das mache doch das Leben aus!

Zwei Monate und dreizehn Tage später waren wir im 1. Lockdown. 

Gut, in jenem Fall war das vielleicht nicht der beste Wunsch. Normalerweise ist es für einen Planer wie mich aber doch überraschend beruhigend, wie viel anders kommt. Dass die Pläne eigentlich auch egal sind und trotzdem viel Schönes passiert.
Diese Art von Kontrollverlust zuzulassen, ist aber dann auch leichter gesagt, als getan. Ich habe mich damit abgefunden, dass das wohl zu meinen ewigen Baustellen gehört (genauso wie die regelmäßige Benutzung von Zahnseide oder beim Beziehen des Bettlakens nicht immer mit der am schwersten erreichbaren Ecke aufzuhören).

Dementsprechend Kai, wünsche ich dir und mir an dieser Stelle ein bisschen mehr Kontrollverlust im neuen Jahr. Was immer das auch heißen wird.

Auf Wiedersehen 2021.
Du warst ein intensives, zehrendes, anspruchsvolles Jahr.

Und liebes 2022, sei gegrüßt.
Ich freue mich mit großer Vorfreude auf all die Überraschungen, die du für mich, für uns alle, bereit hälst!* 

Und dir Kai, einen guten Rutsch.

Liebe Grüße

Sven

https://www.youtube.com/watch?v=Wp71_HlSFl0 (Öffnet in neuem Fenster)

(Take That - Never Forget)

*(Aber bitte keine neue Corona-Variante, wenn es irgend geht)

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