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Sunday Coffee Date: Self-Reparenting

Meine liebe Steady-Community,

ich weiß nicht, ob ihr schon mal vom Reparenting gehört habt. Als ich meine Therapie begonnen habe, wurde mir relativ schnell bewusst, wie unglaublich viel ich eigentlich verpasst habe, das ich niemals mehr aufholen werden kann. Das tat weh. Sehr.

Es heißt aber nicht, dass Wunden niemals heilen werden. Dass ich die Sicherheit, die Akzeptanz, die ich vermisst habe, nicht fühlen können werde. Das Schmerzhafte ist: Ich muss mir das selbst geben. Ein bisschen kann ich heilen, indem ich meinen Kindern das gebe, was ich selbst gebraucht hätte, aber meine Kinder sind keine kleine Version von mir. Sie sind sie selbst. Und sie haben andere Bedürfnisse als ich. Sie brauchen es nicht, dass ich eine Mutter für das Kind in mir bin. Sie brauchen mich als ihre Mutter.

Bild: Chiara Doveri

Meine Kinder brauchen es aber, dass es mir gut geht. Sie brauchen eine “geheilte” Mutter, die weder ihre Wunden auf sie überträgt, noch ständig versucht, mit ihnen das aufzuarbeiten, was sie selbst gern gehabt hätte. Das würde ihnen nicht gerecht werden.

Die Lösung? Ein bisschen “darf” ich schon auch heilen, indem ich für meine Kinder da bin. Indem ich sie versorge, für sie da bin, zuhöre, ihre Beweggründe versuche zu verstehen. Indem ich sie sehe, wie sie sind, so wie wir es alle verdient haben.

Aber meine Wunden, die muss ich für mich selbst heilen. Eine Zeit lang kann ich das durch meine Therapie machen, weil da eine Person für MICH da ist und mir zuhört. Letztendlich kann und muss ich mir aber das geben, was ich brauche. Was alle Menschen brauchen. Liebe, Fürsorge, Akzeptanz, Vergebung, Verständnis.

Self-Reparenting zielt darauf ab, die Beziehung zu sich selbst zu verbessern und die emotionale Unterstützung zu bieten, die in der Kindheit gefehlt hat. Ihr kennt vielleicht den Spruch “Wie wir mit unseren Kindern reden, so wird ihre innere Stimme”. Das kann sehr viel Druck machen, kann aber auch ein Schlüssel für eine gute Beziehung mit sich selbst sein. In den letzten zwei Jahren hat sich meine sehr kritische innere Stimme verändert und klingt jetzt tatsächlich manchmal so, wie meine Therapeutin mit mir reden würde. Meine Therapeutin wird aber auch nicht immer für mich da sein.

Wie würde ich mit meinem eigenen Kind reden, wenn es in meiner Situation wäre? Ich habe das lange für mich nicht zugelassen, weil ich glaubte, es nicht verdient zu haben. Aber ALLE Menschen haben es verdient, verstanden zu werden. Mein innerer Dialog darf sich ändern, ohne dass das bedeutet, dass ich mir selbst “alles durchgehen” lasse. Ich kann mich um mich selbst kümmern, mir Pausen zugestehen, mir für alte Fehler vergeben und genauso kann ich mich motivieren, wenn ich merke, dass ich an der Stelle nicht weiter komme und etwas verändern sollte.

Diese innere Einstellung hat meinen Fokus von Selbstkritik, Härte mit mir selbst und ständiger Verurteilung auf einen positiven inneren Dialog, Selbstfürsorge, Selbstakzeptanz und Selbstmitgefühl verlegt. Ich habe mir zugehört, wie ich mit mir selbst rede und gemerkt: Mit niemandem sonst würde ich so reden. Ich habe meine Gedanken beobachtet und sie umformuliert. Immer und immer wieder, bis es natürlicher wurde. Selbstverständlicher.

Was auch sehr geholfen hat, waren sehr, sehr viele offene und emotionale Gespräche mit Freund:innen, die mir immer und immer wieder gut zugesprochen haben und denen ich genauso beigestanden habe. Ich habe mir emotionale Unterstützung geholt und ich habe sie gegeben. Wenn ich wusste, dass ich jetzt eigentlich liebevolle Worte brauche oder etwas Bestimmtes hören sollte, mir das aber gerade selbst nicht geben konnte, konnte ich mit meiner besten Freundin reden. Und während ich ihr sehr bewusst auch immer wieder Kraft zugesprochen habe, habe ich immer mehr realisiert, dass ich ihre empathischen Worte genauso verdient habe wie sie meine.

Self-Reparenting ist ein Prozess, der Zeit und Geduld erfordert. Ich bin auch extrem froh, dass ich professionelle Unterstützung durch meine Therapeutin hatte. Und ich bin immens dankbar für meine wundervollen Freund:innen. Vor allem aber bin ich mir selbst auch dankbar dafür, diese Arbeit begonnen zu haben. Für mich selbst - weil ich es verdiene. Und für meine Kinder - weil sie nicht von dem verletzten inneren Kind in mir versorgt werden sollten, sondern von mir.

Ich hoffe, ihr könnt euch aus diesen Gedanken etwas für euch selbst mitnehmen.

Einen wundervollen Sonntag wünsche ich euch,

Eure Anna

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Wissenschaftliche Quellen:

- Germer, C. K., & Neff, K. D. (2013). Self-compassion in clinical practice. Journal of Clinical Psychology, 69(8), 856-867.

- Kabat-Zinn, J. (2013). Full catastrophe living: Using the wisdom of your body and mind to face stress, pain, and illness. Bantam.

- Siegel, D. J. (2010). The mindful therapist: A clinician's guide to mindsight and neural integration. WW Norton & Company.

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