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Unvollständigkeit 

Als zentrales Merkmal von ADHS?

"Erwachsene mit ADHS neigen dazu, Dinge nur teilweise und unvollständig zu erledigen. Diese Unvollständigkeiten sind vielleicht das zentrale funktionale Merkmal, das für einen Erwachsenen mit Adhs problematisch ist"

Michael Manos

In der unvollständigen Vorbereitung meines Coaching-Kurses bin ich auf diese sehr treffende Aussage getroffen. Ich fühlte mich jedenfalls ertappt.

Oder anders formuliert : Eigentlich bräuchte ich / wir ständig einen "Fertigmacher", der die letzten 15 Prozent einer Aufgabe erledigte.

Gestern hatte ich dazu ein Gespräch mit der Tochter meiner Schwester auf einer (eigentlich traurigen) Familienfeier. Sie ist auch Psychologin und jetzt auf der Suche nach einem Psychotherapie-Ausbildungsplatz bzw dann Klinikstellen.

Sie erzählte, dass sie Gutachten für Professoren im Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie vorbereitet und schreibt. Der Prof. verdient sich dumm und dusselig, während sie die Arbeit macht. Ihr Gehalt ist für Psychologie-Praktikanten "anständig".  Aber ihr macht es Spass und sie lernt dazu. Vorbildlich.

Jetzt weiss ich, wen ich ggf. anheuern kann, wenn ich mal wieder mit Gutachten hadere.

Ich habe dann gedacht : Mir fällt ja nicht die inhaltliche Arbeit einer Bewertung oder Einschätzung für in Gutachten schwer. Sondern die formale Ausfertigung und "Fleissarbeit". Und da speziell die letzten Details, die eben irgendwie so fehleranfällig und monoton sind.

Entweder man findet Wege der "Rationalisierung" und Vereinfachung (über copy and paste, Auslagerung = Delegieren), oder es wird eben im Bereich ADHS schwierig.

Leider ist es ja so, dass das ADHS Gehirn dann wieder schlecht mit Unvollständigkeiten im Sinne von halb garen oder nur halb guten Lösungen klar kommen kann. Wenn schon, dann bitte mindestens perfekt. Mindestens besser als die Anderen. Und vor allem : Auch neu und anders als ich es beim letzten mal gemacht habe. Beispielsweise bei Vorträgen, selbst wenn es das gleiche Thema für eine völlig andere Gruppe von Zuhörern ist. Es muss eben neu sein und gefühlt wird es sicher "nie" wirklich Vollständigkeit erreichen.

Einfach, weil das Gefühl der Unvollständigkeit sich auch auf Wissen, auf meine Projekte und meine Gedanken bezieht. Es kommt eigentlich immer noch was dazu.

Unvollständigkeit ist besonders auch dann ein Problem, wenn man noch für die Erledigung ETWAS suchen muss oder auf eine Zuarbeit warten muss. Dann sind die höheren Handlungsfunktionen des ADHS-Gehirns doppelt und dreifach gefordert bzw. es entsteht schnell bei mir ein Gefühl der inneren Gereiztheit und Frustration.

Unterbrechungen oder Störungen spielen dann eben besonders rein, wenn man schon einmal in einem gewissen Flow = Handlungsaktivität gewesen ist.

Wie sieht es bei Euch aus mit den Unvollständigkeiten?

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