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Raus aus der Krise: Welche Rolle spielt Selbstständigkeit für den Aufschwung?

#10 Die Verteidigung des unternehmerischen Aufbruchs

Dies ist die zehnte Ausgabe von 4. Mio+ , dem wöchentlichen Briefing von Cathi Bruns. Diese Woche:

  • Aufbruch oder Jammertal: Wie kommen wir aus der Dauer-Krise?

  • Ein paar Fragen an Katrin Demmelhuber, Fachreferentin am ifo Institut, zur Stimmung der Selbstständigen

  • Mehr Vertrauen in Unternehmertum

  • Und was wir selbst dafür tun können, dass der Aufschwung gelingt

Hi.

Der Wirtschaftsteil der Nachrichten wird derzeit dominiert von schlechter Stimmung. Alles dreht sich um die aktuelle Konjunkturschwäche und wie die Bundesregierung damit umgehen will.

Immer neue Meldungen von Insolvenzen, Traditionsunternehmen, die vom Markt verschwinden, Abgesänge auf den Standort als könne man Deutschland schon abhaken.

Und es ist auch nicht ganz ohne, was derzeit läuft. Die stabilen Beschäftigungszahlen verschleiern dabei viele Probleme. Wenn erst die Festanstellung ebenfalls ins Wanken (Öffnet in neuem Fenster) gerät, wird man um schmerzhafte Reformen nicht mehr herumkommen.

Damit es so weit nicht kommt, hat die Bundesregierung sich auf eine „Wachstumsinitiative“ verständigt. Sie soll den Umschwung bringen.

Dass viele Selbstständige seit der Corona-Krise keine Verschnaufpause hatten, hat in der Regierung niemand verstanden. Die Corona-Jahre haben die Zahl der Selbstständigen zum einem bemerkenswerten Teil minimiert (Öffnet in neuem Fenster). Mindestens 200.000 Selbstständige weniger, aber in Deutschland geht das fast geräuschlos durch. Kein Statement, keine Reaktion von Politik und Regierung, nicht mal ein Tweet, jedenfalls nicht über der Wahrnehmungsschwelle. Und ich passe sehr genau auf.

Bemerkenswert, denn in der Lage in der sich das Land nun insgesamt befindet, ist Selbstständigkeit und unternehmerische Initiative gefragt.

Die Sicherheit der angeblich Unsicheren - nicht aufgeben auch bei schlechter Stimmung.

Der Mittelstand stemmt viel und er stemmt beständig. Aber auch wenn die Geschäfte gut laufen, drückt die politische Richtungslosigkeit auf die Stimmung. Unsicherheit was die Zukunft angeht, begegnet Selbstständigen in letzter Zeit häufiger durch politische Entscheidungen, als durch unternehmerische.

„Wirtschaft ist zur Hälfte Psychologie” sagt man. Der Spruch soll bekanntlich auf Ludwig Erhard zurück gehen. Und wenn er stimmt, dann heißt das auch, dass man selbst viel dafür tun kann, die Aussichten zu verbessern. Auch bei Umständen die nicht ideal sein mögen. Das ist Unternehmertum.

Motiviert sein, durch die unternehmerische Grundüberzeugung der eigenen Zukunft selbst Richtung zu geben. Eine Herangehensweise, die man besonders in Krisenzeiten stärker kultivieren sollte.

Wenn die Zeiten hart sind, hilft nur mehr Selbstständigkeit.

Darum geht es heute: Die Verteidigung des unternehmerischen Aufbruchs.

Warum muss uns das beschäftigen?

Wenn die Krisen nicht abreißen wollen, dann dämpft das in einem sicherheitsorientierten Land nicht nur den Konsum, sondern auch die Gründungsneigung. Die Stimmung ist schlecht. Sie ist schon sehr lange schlecht bei Selbstständigen. Sie trübt sich auch in den freien Berufen, der Mittelstand ist insgesamt angespannt.

Im neuen DIHK-Report Unternehmensgründung 2024 (Öffnet in neuem Fenster) fällt Deutschland als Gründungsstandort erneut ab. „Die Qualität des Gründungsstandorts Deutschland wird mit 3,6 schlechter bewertet als noch im Vorjahr (3,4). Aus einem schlechten „befriedigend“ wurde nach Schulnoten ein „ausreichend“. Die Forderungen an die Politik sind keineswegs neu. Bürokratie abbauen, Gründungsprozesse vereinfachen, mehr Fördergeld oder das „gesellschaftliche Verständnis für Unternehmertum wecken“ sind bekannte Dauer-Wünsche.

Die geringen Gründungszahlen sind natürlich Resultat einer fehlenden unternehmerischen Kultur und der politischer Überregulierung. Aber die Gesellschaft ist auf unternehmerische Erneuerung angewiesen. In Zeiten des Umbruchs umso mehr. Jetzt gilt es, die Erwartungen an Politik zu justieren und sich die Aufbruchsstimmung selbst zu schaffen. Besonders Gründer müssen wissen, dass nicht alles Aufgabe der Politik ist.

Krisenzeiten sind Gründerzeiten - eigentlich.

Selbstständige werden die Wirtschaft nicht drehen, aber ohne mehr Selbstständigkeit, Neugründungen, unternehmerische Resilienz und einer neuen unternehmerischen Mentalität, kommt das Land womöglich nicht so schnell auf einen Wachstumspfad. Und die Qualität einer unternehmerischen Gesellschaft ist nicht nur ein Wirtschaftsfaktor. Unternehmertum ist auch tragender Pfeiler der Demokratie. Man muss besorgt auf die nächsten Landtagswahlen schauen, bei denen wirtschaftsfeindliche Parteien der Ränder viel Zuspruch bekommen könnten. Mit potenziell fatalen Folgen für Eigentum und Marktwirtschaft.

Jeder ist die miese Stimmung leid, aber was kann man selbst dagegen tun?

Alle reden von Wirtschaftskrise, aber die Rolle des Mittelstands selbst, wird bei der Bewältigung der Krisen gar nicht erkannt. Wenn Politik sich als Retter aufspielt, sollte man nicht zu viel erwarten.

Auf eine Regierung, die Rent-Seeking belohnt anstatt Unternehmertum, die subventioniert und finanziell fördert, was zur eigenen Idee des Umbaus der Wirtschaft, oder einfach gut in den Wahlkampf passt, aber dem Mittelstand ständig unklare Botschaften sendet, ist kein Verlass. Firmenpleiten gehören zu einer funktionierenden Marktwirtschaft. Sie gehört verteidigt, nicht einzelne Konzerne gepampert.

Für neuen Schwung liegt es an der arbeitenden Bevölkerung, selbst alle Hebel zu betätigen und auch mehr von dem eigenen Talent in die Waagschale zu legen. Aufschwung muss man wollen. Zu tun gibt es genug. Auf bessere Politik darf niemand warten.

Nicht die Regierung bringt das Land mit ihren Ideen nach vorne, sondern Bürgerinnen und Bürger, die sich für eine Sache zuständig machen und die Marktwirtschaft entdecken. Der Staat ist aber auch gefragt. Bloß nicht im Sinne von immer mehr Interventionismus. Gute Politik muss es verstehen, Selbstständige selbstständig sein zu lassen. Und das versteht sie gegenwärtig nicht.

Die Lage

Das Schöne am Unternehmertum ist, dass man sich jederzeit dazu entscheiden kann. Um durch Krisen zu manövrieren und dabei noch Werte zu schaffen, braucht es eine bestimmte Haltung zur Arbeit.

Die Forschung zeigt, dass der Selbstständigkeit oft eine andere Motivation zugrunde liegt, als gut abgesichert zu sein oder besonders stressfrei durchs Leben zu kommen. Unternehmertum ist kein Beruf, sondern eine Lebenseinstellung.

Eine Frage des Wollens

„Selbständige haben nicht nur eine andere Arbeitseinstellung als Angestellte, sondern auch eine andere Lebenseinstellung.” (Sonderauswertung der HDI-Berufe Studie (Öffnet in neuem Fenster)). Und die hilft ihnen nicht nur in guten Zeiten.

Einer qualitative Umfrage vom WSI der Hans Böckler Stiftung zeigt, dass Selbstständige, die in der Corona-Krise drastische Einkommenseinbußen und Unsicherheit hinnehmen mussten, keineswegs hilflos waren. Ihre besondere Mentalität und unternehmerisches Selbstverständnis sei bemerkenswert: „Trotz der teilweise gravierenden Einschnitte und Herausforderungen im beruflichen sowie privaten Leben war ihr Handeln davon bestimmt, ihr Unternehmen bzw. ihre selbstständige Tätigkeit pragmatisch und proaktiv durch die Krise zu manövrieren.“ (Quelle: Schulze Buschoff, Karin; Graf, Sebastian; Mauß, Alexander: Selbstständigkeit in der Krise? Vom Umgang der Selbstständigen mit den Folgen der Corona-Pandemie (Öffnet in neuem Fenster). WSI Study, Nr. 34 · März 2023 · Hans-Böckler-Stiftung).

Sich stets mehr aus den Dingen zu machen, prägt die unternehmerische Mentalität. Wer für sich selbst Verantwortung übernimmt, muss resilient sein, also eine Widerstandskraft entwickeln und Strategien, um Krisen nicht nur zu meistern, sondern auch um flexibel und stabil gleichzeitig zu sein.

Wie schafft man es, sich immer wieder neu zu erfinden?

Dafür gibt es keine Anleitung, sondern nur den hohen Anspruch es schaffen zu wollen. Natürlich gelingt das nicht immer, denn die Maßnahmen um zB. die Pandemie einzudämmen, waren drastisch. Und ließen für manche keine Geschäftstätigkeit zu. Wer aber eine Chance hatte, dem hat vor allem die unternehmerische Mentalität dabei geholfen zu bestehen.

Dass Selbstständige ein besonderes Verhältnis zu ihrer Arbeit hegen, die oft besonderer Teil des Lebens ist, beweist sich in einem robusten Mittelstand, der hierzulande die Unternehmenslandschaft prägt.

Die Eigentümer, die führen - wer ist eigentlich dieser Mittelstand?

Mehr als 99 Prozent der Unternehmen in Deutschland sind kleine und mittlere Unternehmen (Öffnet in neuem Fenster). Wie „KMU“ definiert werden, richtet sich üblicherweise nach der Empfehlung der EU-Kommission. Unterschieden wird dabei durch die Zahl der Beschäftigten und Jahresumsatz.

Für die Definition von „Mittelstand” ist jedoch nicht die Größe ausschlaggebend, sondern die qualitativen Merkmale. Laut Definition vom IfM Bonn (Öffnet in neuem Fenster) gehört dazu, wenn die „Einheit aus Eigentum und Leitung“ vorliegt. Also die Geschäftsführung (persönlicher Einfluss/Leitung des Unternehmens, Tragen von unternehmerischem Risiko), Eigentumsverhältnisse (mindestens 50 Prozent der Unternehmensanteile gehören den bis zu zwei natürlichen Personen/Familienangehörigen, die der Geschäftsführung angehören) und die wirtschaftliche Unabhängigkeit.

  • Die Mehrheit der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) erfüllen lauf IfM Bonn auch die qualitativen Kriterien des Mittelstandsbegriffes. Aber auch große Unternehmen, die obige Kriterien erfüllen, können zum Mittelstand zählen.

  • Wo eine Abhängigkeit zu anderen Unternehmen besteht, erfüllen auch kleine und mittlere Unternehmen die Definition nicht. (Quelle: Mittelstandsdefinition des IfM Bonn) (Öffnet in neuem Fenster)

Wenn der Mittelstand, mit all seinen kleinen und mittleren Unternehmen schwindet, wird sich die Art und Weise, wie wir hierzulande wirtschaften, ganz grundlegend verändern. Es hört sich pathetisch an, aber ist ein Unterschied, ob die Wirtschaft aus Konzernen besteht, die von Managern gelenkt aber nicht von Inhabern geführt werden, oder ob Eigentümer und Familien dafür leben, die Werte zu erhalten, die sie geschaffen haben.

Wie ist die Stimmung bei denen, die am agilsten auf widrige Umstände reagieren können? Die Solos und die Selbstständigen mit weniger als 10 Beschäftigten, die zusammen die Mehrheit der Unternehmen (Öffnet in neuem Fenster) ausmachen, aber deren Entwicklungsfähigkeit massiv unterschätzt wird.

Das habe ich Katrin Demmelhuber gefragt. Sie ist Expertin beim ifo Institut und dort Fachreferentin, die auch den „Jimdo-ifo-Geschäftsklimaindex“ für Selbstständige betreut.

Das Gespräch

Liebe Katrin Demmelhuber,

der Jimdo- ifo-Geschäftsklimaindex für Selbstständige soll die Stimmung unter Selbstständigen und Kleinstunternehmen sichtbar machen. Wie beurteilen Sie die aktuelle Stimmungslage?

Katrin Demmelhuber: Im Juli hat sich das Geschäftsklima leicht gebessert: Der „Jimdo-ifo-Geschäftsklimaindex (Öffnet in neuem Fenster)“ stieg auf minus 13,4 Punkte, nach minus 14,0 im Juni. Dabei ließ die Unzufriedenheit der Selbstständigen mit ihren laufenden Geschäften nach, auch wenn nach wie vor die negativen Urteile zur Geschäftslage überwiegen. Die Erwartungen an die weitere Geschäftsentwicklung sind allerdings nahezu unverändert pessimistisch, sie rechnen weit verbreitet mit Rückgängen.

Die Corona-Jahre waren für Selbstständige eine besondere Herausforderung. Seither gab es für sie keine Verschnaufpause. Lässt sich dennoch auch Positives aus den Daten ablesen?

Katrin Demmelhuber: Die Daten zum Geschäftsklima der Selbstständigen werden seit August 2021 erhoben, seitdem lag der Saldenwert zwar ein paar Mal im positiven Bereich, dies jedoch nicht über einen längeren Zeitraum. Diese Schwankungen sind auch ein Zeichen für die Unsicherheit angesichts der schwierigen wirtschaftlichen Entwicklung in den vergangenen Jahren.
Gefragt sind in der aktuellen Krise Selbstständige aus der Beratungsbranche, sie profitieren von dem gestiegenen Consulting-Bedarf. In der ersten Jahreshälfte waren positive Entwicklungen bei Selbständigen in der Reisebranche zu beobachten, ein Zeichen für die ungebrochene Reiselust der Deutschen.

Was drückt am meisten auf die Stimmung?

Katrin Demmelhuber: Die Selbstständigen stemmen sich gegen die aktuelle Flaute, denn die Auftragslage bleibt schwierig. Knapp 45 Prozent der Selbstständigen waren im Juli von Auftragsmangel betroffen, ähnlich wie im April. Vor diesem Hintergrund melden die selbstständigen Teilnehmenden an der ifo Konjunkturumfrage seit ca. einem Jahr in vielen Bereichen Umsatzrückgänge. Viele Befragte im Einzelhandel haben Probleme mit übervollen Lagern.

Selbstständige kommen in vielen wirtschaftspolitischen Debatten nicht vor und profitieren oft auch nicht spürbar von den politischen Maßnahmen gegen die Flaute. Welche Relevanz hat eine gute oder schlechte Stimmung von Selbstständigen für das Land?

Katrin Demmelhuber: Ein Grund für die mangelnde Sichtbarkeit von Selbstständigen dürfte die eher dünne Datenlage sein. Diese resultiert zum Beispiel aus der Unklarheit darüber, wann eine Person Soloselbstständig ist. Diese Definition ist nicht einheitlich und erschwert die statistische Erfassbarkeit bzw. Vergleichbarkeit.

Bei der Betrachtung der wirtschaftlichen Gesamtsituation liegt das Hauptaugenmerk häufig auf einer möglichst großen Abdeckung der Bruttowertschöpfung in den verschiedenen Wirtschaftsbereichen. Deshalb können Soloselbstständige sowie Kleinstunternehmen hierbei eher unterrepräsentiert oder nicht vertreten sein. Während der Covid-19-Pandemie rückten auch Auswertungen für kleine Betriebe stärker in den Vordergrund, um die Auswirkungen der Krise auf Firmen verschiedener Größe besser analysieren zu können.

Deshalb werden seit 2021 auch gezielt Soloselbstständige sowie Kleinstunternehmen in der ifo Konjunkturumfrage befragt.
Selbstständige spielen eine wichtige Rolle für das Wirtschaftsgeschehen. Einzelunternehmen und Kleinstunternehmen machen in Deutschland mit 82% den größten Teil der Unternehmen aus und beschäftigen 19,4% aller Erwerbstätigen. Start-ups und Existenzgründungen bilden einen wichtigen Bestandteil der deutschen Wirtschaft, um neue Märkte zu erschließen und zukunftsfähige Arbeitsplätze zu schaffen.

Vielen Dank, liebe Frau Demmelhuber!

..Ok, und jetzt?

Die echten Selbstständigen, die oftmals keine Kapitalgesellschaft gründen, sondern als Einzelunternehmen ganz ohne, oder mit wenig Mitarbeitern den größten Teil der Unternehmenslandschaft ausmachen, stemmen ganz schön viel, trotz schlechter Aussichten.

Die Stimmung in den klassischen freien Berufen, also den Medizinern, Apothekern, Rechtsanwälten etc, ist ähnlich trüb. Das zeigt die Sommer-Konjunkturumfrage (Öffnet in neuem Fenster) des Bundesverbands der Freien Berufe. Demnach schätzen 20,2 Prozent die aktuelle Geschäftslage als „schlecht“ ein, weitere 42,4 nur als „befriedigend“.

Es ist also nicht nur die Industrie oder energieintensive Branchen, die derzeit Sorgen haben.

Sich von der schlechten Stimmung anstecken zu lassen ist gefährlich. Und genauso falsch, wie die kritische Lage schön zu reden. Der Weg hinaus, ist der Weg hindurch.

Wege aus dem Jammertal: Auf wen kommt es an, ob es bergauf geht oder nicht?

Es sei daran erinnert, dass Selbständige nicht nur kalkulierte Risiken eingehen, sondern sich auch bei unkalkulierbarer Lage immer wieder hinauswagen und bestehen müssen. Im englischen gibt es die schöne Formulierung „to venture out“ - eine fast schon entdeckerische Einstellung. Unternehmerisch bleiben, ist das Gebot der Stunde. Wissen, was die Leute heute brauchen und dafür passende Angebot zu gestalten, anstatt zu hoffen, dass sich die Bedingungen bald bessern. Selbstständige dürfen nicht an ihrer Arbeit, wie an einem Job kleben, sondern müssen alles aus ihrer Qualifikation herausholen.

Die „Lust auf Neues“ ist auch laut oben zitierter HDI-Berufe-Studie (Öffnet in neuem Fenster) Antriebskraft bei Selbstständigen. Demnach arbeitet nur ein Drittel der Selbständigen (35 Prozent) noch im ursprünglich erlernten Beruf. Um langfristig zu bestehen braucht es Veränderungsfreude. Nun ist sich verändern zu können, leichter als sich verändern zu müssen. Aber immer wieder hilft die besondere Mentalität dabei, sich aus festgefahrenen Situationen herauszuarbeiten.

Das Selbstständige sich verändern können, zeigt die Erfahrung der Corona-Jahre. Auch der Abgesang auf den Standort ist unangebracht. Deutschland mag überreguliert sein, aber wer aufbrechen will, der findet immer noch die Vorraussetzungen um loszulegen. Es ist nie alles perfekt, es könnte immer besser sein, aber es müssen die Selbstständigen und Unternehmerischen sein, die aus dem Jammertal hinausfinden und neue Konzepte für neue Zeiten entwickeln. Wer sonst?

Den deutschen Schwächeanfall zum Aufbruch nutzen

Auch der Mittelstand muss sich modernisieren. Die richtige Frage ist also, wo sind die Chancen? Wer baut die Zukunft, in einem Land, in dem das Gründungsinteresse dermaßen gering ist und mit dem Paradox, dass einerseits der Mittelstand das „Rückgrat der Wirtschaft“ ist, aber gleichzeitig die Selbstständigkeit gesellschaftlich kaum relevant? Wer oder was bringt denn den Fortschritt?

Aus der selbsternannten „Fortschrittskoalition” ist jedenfalls in weniger als einer Legislaturperiode ein „Auslaufmodell (Öffnet in neuem Fenster)“ geworden.

Eine verstärkte Zusammenarbeit von Mittelstand, Startups, Freien und allen die Lust auf Zukunft haben, in Netzwerken und völlig neuen Arbeitsmodellen dürfte die Wirtschaft mehr dynamisieren, als Politiker und Gewerkschaften es bisher zulassen.

Aber jeder Aufbruch braucht neues Denken. Den Spaß am Unternehmertum, darf man sich von nichts und niemandem verderben lassen.

Der Standort, sind wir alle.

Unternehmerisches

Rückenwind für mehr unternehmerische Aktivität kommt nicht von der Politik, sondern aus der Bevölkerung. Und das ist wichtig.

Glaubt man einer Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach, hat sich das Image von Unternehmertum hierzulande positiv entwickelt. Im Auftrag der Stiftung Familienunternehmen hat das Institut die Bevölkerung nach ihrem Bild von Unternehmertum, insbesondere von Familienunternehmen befragt. Die Ergebnisse überraschen mich nicht. Denn es sind die ganz klassischen unternehmerischen Werte, die hier Anerkennung finden. Mit dem Mittelstand wird Gewinnstreben, Leistungsbereitschaft, Eigeninitiative, Wohlstand und Arbeitsplätze schaffen verbunden, negative Attribute wie Umweltzerstörung und Ausbeutung werden seltener assoziiert. (Siehe hierzu „Warum die Deutschen Familienunternehmen vertrauen“, SZ, online, 18.8.2024 (Öffnet in neuem Fenster))

Die unternehmerische Kultur im Land mag fehlen, aber die meisten wissen doch, dass Unternehmertum hierzulande nicht nur Eigensinn und Profitgier ist, sondern Gewinnstreben eine Notwendigkeit, Verantwortungsübernahme eine Tugend und gute Arbeitsplätze für gute Produkte und Dienstleistungen ein Ideal. Unternehmerinnen und Unternehmer nehmen dem Rest der Bevölkerung viel an Unsicherheit ab, wenn sie sich entscheiden, ein Unternehmen zu gründen, zu übernehmen und Arbeitsplätze zu schaffen oder zu erhalten. Das Risiko ist nicht weg, es trägt nur jemand anderes - in einem Land der kleinen und mittleren Unternehmen ist das den meisten auch bewusst. Wer selbst in einem Familienbetrieb arbeitet, hat laut Umfrage sogar eine höhere Präferenz selbst unternehmerisch tätig zu werden. (Link zur Studie » (Öffnet in neuem Fenster))

Für eine neue Kultur der Selbstständigkeit, können Unternehmerinnen und Unternehmen mehr tun, als Politik es je bewerkstelligen könnte.

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Zahl der Woche

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Politisches

In der Bevölkerung hat sich das Image von Unternehmertum gebessert, aber wie ist es bei politischen Akteuren?

Laut IfM Bonn KMU-Barometer (Öffnet in neuem Fenster) ist die Lage der KMU, also der kleinen und mittleren Unternehmen in Deutschland derzeit dramatischer, als in anderen europäischen Ländern. Dem Mittelstand fehlen die Fachkräfte, aber auch die Aufträge und sie werden zu stark reguliert und mit Produktions- und Arbeitskosten belastet.

Mit dem nun verabredeten Haushaltsentwurf für 2025 soll auch die so genannte „Wachstumsinitiative (Öffnet in neuem Fenster)” in die Umsetzung kommen, von der die Ampel-Regierung sich neue Impulse für die schwächelnde Wirtschaft verspricht. Von den 49 Maßnahmen werden Selbstständige aber kaum etwas spüren.

In der Politik gibt es einfach keine Versteher von Small Business. Eigentlich seltsam, wenn die Relevanz der kleinen und mittleren Unternehmen doch unstrittig ist. Gewidmet wird sich sehr unterschiedlichen Baustellen, man spürt, dass die Ampelparteien jeweils eigene Prioritäten verfolgen. Das Resultat sind unverbindliche Kompromiss-Papiere. Die Maßnahmen um Mehrarbeit zu belohnen, gehen an Selbstständigen vollkommen vorbei. Wer von sich aus gerne viel und frei arbeitet, wird weiter Lasten tragen. Dies scheint mir ein entscheidender politischer Denkfehler.

Bürokratieabbau, an den niemand mehr glaubt, Erleichterung der Fachkräftezuwanderung auf die man nur hoffen kann und viel Unkonkretes, das als Stimmungsaufheller kaum taugt. Und warum zB. die Games-Branche mit Fördergeld subventioniert werden muss, bleibt schleierhaft. Trotzdem stecken in dem ambitionierten Papier gute Impulse, zB. verbesserte Abschreibungsmöglichkeiten als Anreiz für mehr private Investitionen. Wie viele der beabsichtigten Maßnahmen wirklich zur Umsetzung kommen, ist jedoch genauso unklar, wie deren tatsächliche Wirkung.

Es werden die Unternehmerinnen und Unternehmer im Land sein, die zusammen mit ihren besten Leuten den Turnaround schaffen - nicht wegen, sondern auch trotz der politischen Rahmenbedingungen.

Eine Bevölkerung, die an sich glaubt, ist das beste Mittel aus der Krise. Und dann MACHEN.

Die Stärkung

Was gibt diese Woche Schub?

  • 10te Ausgabe, Leute. 🥳

Zum Gründen gehört es groß zu träumen - zum Erwachsenwerden die Selbstständigkeit. In diesem Sinne - nicht aufhalten lassen!

Bis nächste Woche!

Cathi ✌️

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Kategorie Selbstständigkeit

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