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Der sichere Ort

Der sogenannte „sichere Ort“ klingt selbstredend. Wie etwas, für das man kein Lexikon braucht, sondern sich einfach eigenständig zusammenrätseln kann. In gewisser Hinsicht ist das auch nicht verkehrt. Wie der Begriff schon sagt, geht es hier darum, an einem bestimmten Fleckchen Erde Sicherheit zu empfinden. Trotzdem ist es doch etwas komplexer. Das Thema ist sogar so umfassend, dass es den Rahmen eines Blogbeitrags maßlos sprengt. Aus diesem Grund konzentriere ich mich auf einen Teil davon, der mir persönlich wichtig ist: das eigene Zimmer.

Nun stellt sich schnell die Frage, was an einem eigenen Zimmer denn so besonders sein soll. Wenn das die Voraussetzung für einen sicheren Ort ist, dann ist die Aufgabe schnell erfüllt. Leider nicht ganz. Denn auch wenn ein eigenes Zimmer für unerwartet viele Kinder ein ferner Luxus ist, soll es hier nicht um den Besitz des Zimmers gehen. Es geht um die Grenzen der Privatsphäre!

Ein Beispiel:

Susanne hat mit ihrem 12-jährigen Sohn Florian Streit. Wenn sie sich streiten, zieht sich Florian meist noch währenddessen in sein Zimmer zurück. So wie heute auch. Susanne bereut den Streit und wünscht sich, das Geschehene bereinigen zu können. Sie klopft an Florians Zimmertüre, der ihr den Eintritt mit „geh weg!“ verweigert. Florian ist Susannes ein und alles. Sie wünscht sich so sehr, sich mit ihm zu vertragen, dass sie seine Worte gar nicht wirklich wahrnimmt. Sie öffnet die Türe und tritt ein.

Diese Situation ist ein gutes Beispiel dafür, wie bedeutend solch eigentlich unscheinbare Dinge sein können. Obwohl es nie auch nur annähernd Susannes Absicht war, sendet sie Florian mit dem Öffnen der Türe trotzdem ein deutliches Signal: ich mache hier die Regeln.  
Gefährlich ist das vor allem deswegen, weil Susanne dieses Signal gar nicht als solches wahrnimmt und sie es überhaupt nicht senden wollte. Es ist unabsehbar, wie Florian nun darauf reagiert. Mit Aggression, mit Unverständnis, mit Trauer. Mit einem kleinen Riss in dem Vertrauen zu seiner Mutter. Alles ist hier möglich.

Verwerflich ist das aber trotz allem nicht. Schließlich wollte Susanne Florian allen voran nur zeigen, dass sie sich sorgt. Solltest Du Dich einmal in einer solchen Situation wiederfinden, kannst Du dem ganz einfach entgegenwirken, wenn du eines verstehst: es ist nicht dein Zimmer. Zurecht bezeichnet Dein Kind sein Zimmer als sein Zimmer. Betrachte den Grund und Boden des Zimmers als Monarchie, in dem dein Kind mit eiserner Faust regiert. Trenne diesen Raum gedanklich vom restlichen Wohnraum. „Mein Haus, meine Regeln“ funktioniert hier nicht. Wenn Dir Dein Kind den Zugang zum Zimmer untersagt, solltest Du diese Grenze unbedingt respektieren. Unabhängig davon, wie Deine Absichten sind und ob Dich der aktuelle Konflikt gerade innerlich zerreißt. Diesen Rückzugsort sollte eine Ruhe und Sicherheit umgeben, an der niemals gerüttelt werden darf. Dein Wohlwollen und Deine Zuneigung kannst Du auch auf andere Art zeigen. Wie genau Du das machst, ob mit einem Gespräch durch die geschlossene Türe oder Zetteln durch den Türschlitz, das kannst nur Du alleine herausfinden. Du kennst Dein Kind schließlich am besten und ich bin mir sicher, Du weißt schon längst, wie Du das anstellst.

P.S.: Das bedeutet natürlich nicht, dass hier jemand nicht mehr sein Zimmer aufräumen muss. An einem bestimmten Punkt ist die Macht des kleinen Monarchen auch brüchig.

Hab Vertrauen in Deine Intuition.

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