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Die Freuden des Homeschoolings

Ach ja. Homeschooling. Das ist doch etwas Feines, nicht wahr? Der Kompromiss zwischen dem Schutz unserer Kinder und dem eigenen Nervenkollaps. Unterstützung gibt es schließlich von allen Seiten reichlich und die Standards der Schulen sind auch mit Leichtigkeit zu erfüllen, oder?

Leider ist das nicht die Realität.

Zusatzurlaub und Notbetreuung seien einmal dahingestellt. Die Grenzen der Belastbarkeit von Erziehungsberechtigten und Kindern werden mit rasanter Geschwindigkeit angesteuert. Die Vorstellung, meinem Kind den Schulstoff der 3. Klasse ´mal eben zwischen Kaffee, Haushalt und Schreibtisch beizubringen, wird schnell als Illusion enttarnt. Ich stelle erschreckend fest, dass sich die Schule in den letzten Jahren doch etwas mehr als erwartet verändert hat. Und dann vielleicht auch, dass mein Basiswissen ziemlich unter Computer, Handy und Taschenrechner gelitten zu haben scheint. Wer hätte bitte gedacht, dass schriftliches Multiplizieren 20 Jahre nach der 6. Klasse immer noch kein Fingerschnipsen ist? Und worauf greife ich zurück? Auf ein YouTube-Video, das ich mir dreimal anschauen muss, um zu verstehen, was der deutlich sprechende Herr mit seinen roten und grünen Markern auf das Blatt Papier kritzelt. Zwar kann ich es meinem Kind jetzt erklären, aber schlauer komme ich mir danach nun wirklich nicht vor. Mit einem Kind und ohne Homeoffice scheint diese Aufgabe des Homeschoolings schon schwierig genug, doch dieses Szenario ist nicht unbedingt die Regel. Meist hat man zwei, drei oder gar mehr Kinder und selbst damit es nicht genug. Unterschiedliches Alter, unterschiedliche Schulen und vor allem unterschiedliche Charaktere. Nach einem wochenlangen Wechsel zwischen Schreibschrift und englischer Lyrik 10. Klasse möchte ich einfach nur noch meinen Schreibtischstuhl aus dem Fenster werfen. Eine Schule sieht es mit dem Bereitstellen von Aufgaben nicht allzu eng und eine andere verurteilt die Kinder zu einem freizeitlosen Dasein und mich zu einer Zweitkarriere als völlig überforderter Vertretungslehrer. Wenn ich nun auch noch dazu gezwungen bin, meinen eigenen beruflichen Pflichten nachzukommen, ist der Weg frei, um mit dem Kopf gegen die Wand zu laufen. Nun stellt sich mir die Frage: wann hat all das ein Ende? Wofür genau mache ich das? – Für sie. Für meine Kinder. Für unsere Kinder. Hier geht es nicht um mich und mein Wohlbefinden. Natürlich verunsichert mich das hier alles. Nein, es macht mir sogar tierisch Angst. Aber wenn ich mich schon so fühle, wie mag sich dann mein Kind dabei fühlen? Jemand, der Schwierigkeiten dabei hat, „Marmelade“ auszusprechen, wird nicht die geringste Ahnung haben, was hier gerade vor sich geht. Sobald ich das verstanden habe, ist der Rest nicht mehr von Bedeutung. Das muss er auch nicht sein. Die ganzen Rückschläge, Fehler und Gedanken des Aufgebens gehören dazu. Sie gehören zu mir und sie sind wichtig, weil sie mich ausmachen. Sie lassen mich lernen.

Nehmt Euch einen Moment Zeit, um durchzuatmen. Seid Euch gewiss, dass Ihr nicht alleine seid. Bei all der Verzweiflung, den Ängsten, Schwierigkeiten und ungehörten Hilferufen möchte ich euch Eltern, Großeltern, Tanten, Onkel, Erziehern, Pädagogen und vielen mehr nur eines sagen:

Danke, dass Ihr da seid.

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