Iran und USA: Eskaliert es?
Durch die Berichterstattung zur Hamas und Hisbollah, die durch den Iran unterstützt werden, werde ich häufig nach dem Konflikt zwischen dem Iran und den USA gefragt.
Dann griffen die Huthi auch noch Schiffe im und vor dem Roten Meer an, die USA stellten sich an die Spitze einer internationalen Task Force; die Beteiligung der Briten und Niederländer tauchte medial schon ab der ersten abgewehrten Huthi-Rakete und während des Aufbaus der „Operation Prosperity Guardian“ nur unter „ferner liefen“ auf. Und nun wurden in Jordanien bei einem Angriff auf einen US-amerikanischen Stützpunkt drei Soldaten getötet.
Der Konflikt ist ein langjähriger, langwieriger und es fällt schwer, etwas dazu zu erklären. Denn wie so oft bei solchen luftigen Fragen muss man die Gesamtsituation betrachten.
Beginnen wir unsere Reise also wieder einmal ganz woanders. Nämlich bei Drogen.
Der Grenzkonflikt
Der Wirkstoff Fenetyllin ist die Basis für das Medikament Captagon. Und das ist inzwischen in den meisten Staaten verboten.
Schon in den 1990ern war Captagon als Aufputschmittel schwer Mode. Es verschwand aber vom Markt. In Europa spielt es keine größere Rolle, gemessen an anderen Drogen. 2015 kamen dann die ersten Hinweise aus dem Sudan, dass dort illegal Captagon produziert wird.
Captagon ist sehr ähnlich wie Amphetamin und Metamphetamin und wird als Koks des kleinen Mannes bezeichnet. Man geht davon aus, dass viele der am Terroranschlag auf Israel beteiligten Terroristen auf Captagon waren. Wie Walter Moers es schon 1995 in seinem epochalen Meisterwerk „Schöner Drogen“ formulierte: Mit dem Ständer kann man einen tiefgefrorenen Acker umpflügen. In der deutschen Wehrmacht bekannt als „Panzerschokolade“.
Der größte Hersteller ist der Libanon, die Hisbollah ist maßgeblich an Herstellung und Handel beteiligt. Dass geht inzwischen bis nach Südamerika, es haben sich Netzwerke gebildet. Der zweitgrößte Hersteller ist Syrien, wo das Assad Regime mit der Herstellung und dem Verkauf jährlich etwa 50 Milliarden Dollar verdient.
Dagegen hat Jordanien etwas, da es als Umschlagplatz genutzt wird. Und für diesen Umschlag sind maßgeblich die Kräfte verantwortlich, die ebenfalls vom Iran unterstützt werden. Beispielsweise der „Iranische Widerstand im Irak“. Alkohol ist verboten, eine Pille dann und wann gehen immer.
Schon durch den Krieg in Syrien mit locker sieben Kriegsparteien hat Jordanien versucht, sich davon abzugrenzen. Und so gibt es eine stark bewachte Grenze zwischen Jordanien und Syrien, mit einer entmilitarisierten Zone.
Auch wenn 84% der jordanischen Bevölkerung den Terrorangriff 10/7 für eine „legitime Operation des Widerstandes“ (Opens in a new window) halten, ist das Herrscherhaus der Haschimiten um König Abdullah II. eher westlich orientiert. Es pflegt gute Beziehungen zu den USA und Europa und hat mit Ägypten als einer der ersten arabischen Staaten Israel anerkannt.
Deshalb duldet es auch Truppen aus den USA im eigenen Land. Und deshalb war es da bisher auch ruhig.
Diese beiden Faktoren kommen nun zusammen.
Zum einen versucht Jordanien den lukrativen Captagon-Handel aus Syrien zu unterbinden. Erst vor kurzem wurden an der jordanisch-syrischen Grenze zwei aus Syrien kommende Drohnen mit Captagon und Waffen im Gepäck abgeschossen. Laut Tagesspiegel haben jordanische Grenzer alleine 2022 30 Drogenschmuggler erschossen.
Zum anderen sind dort die von den schiitischen, pro-Iranischen verhassten Kräfte des Westens und vor allem der USA präsent.
Der Angriff
Der Angriff auf den US-Außenposten ist nichts Neues. Laut US-Verteidigungsminister Lloyd Austin gab es seit 10/7 über 160 Angriffe auf US-Basen in Syrien und dem Irak. Neu ist, dass es auf jordanischem Staatsgebiet erfolgt ist.
Das ist jedoch eher diplomatisch als militärisch entscheidend. Das hat nicht irgendwo im Westen Jordaniens, nahe dem Westjordanland, stattgefunden. Der angegriffene Außenposten „Tower 22“ liegt im Niemandsland, in der entmilitarisierten Zone. In der Ecke zwischen Jordanien, Syrien und dem Irak, weitab in der Wüste. Und er ist im Grunde nur da, um Rukban (ar-Rukbān oder ar-Rakbān) zu beschützen. Denn dahin haben sich 2014 etwa 8000 Syrer auf der Flucht vor dem Krieg gerettet. Die Jordanien aber wegen Sicherheitsbedenken nicht aufnehmen will, da es von Schläferzellen unter den Geflüchteten ausgeht. Das kann man angesichts der 1,4 Millionen aufgenommenen geflüchteter Syrier nicht einfach als Ausrede abtun. Da würden 8000 auch keine Rolle mehr spielen.
Und so gibt es auf syrischer Seite den US-Stützpunkt al-Tanf, und dessen Außenposten „Tower 22“ im Niemandsland. Und der wurde vor einigen Tagen mit Drohnen aus iranischer Produktion angegriffen. Wobei drei Soldaten starben und dutzende verletzt wurden.
Laut Medienberichten der New York Times und anderer war es wohl so, dass zum Zeitpunkt des Angriffs eine Aufklärungsdrohne der USA in der Luft war. Und man aus den erklärten Umständen nicht mit einem Angriff rechnete, wodurch die Flugabwehr erst spät reagierte.
Die Nicht-Eskalation
Verteidigungsminister Austin betonte, dass die USA nicht wissen, ob der Iran über diesen einen Anschlag konkret Bescheid wusste. Es wurde auch weder ein genauer Zeitpunkt genannt, noch von wo die Drohnen gestartet wurden. Es würde eh keinen politischen Unterschied machen, da sowohl der Irak als auch Syrien sicherheitstechnisch Failed States sind. Wie die Hisbollah im Libanon können diese Kräfte dort machen, was sie wollen.
Alles, was die USA tun, steht immer auf dem Kurs nicht zu eskalieren. Man will diese Gruppen im Irak und Syrien bekämpfen, ebenso wie die Huthi. Aber man betont immer wieder, man sei nicht im Krieg mit dem Iran.
Der gibt ähnliches zurück. Zwar warnt er die USA immer wieder davor, Ziele auf iranischem Boden anzugreifen. Was eine leere Drohung ist, da der Iran keinerlei Möglichkeiten hat, der USA auch nur halbwegs gefährlich werden zu können. Poltern gehört zum Geschäft.
Andererseits betont man aber auch immer wieder, man habe kein Interesse an einem Krieg. Das ist ein diplomatischer Euphemismus. Denn aufgrund der instabilen inneren Lage im Iran würde ein Krieg mit den USA oder westlichen Kräften das Ende des Regimes der Mullahs bedeuten.
Relevant sind diese Vorgänge lediglich in den USA. Denn dort ist Wahlkampf. Und die Trump-Anhänger – bzw. alle Republikaner – fordern starke Zeichen von starken Händen. Der Demokrat Biden und sein Team agieren jedoch sehr viel sensibler und zurückhaltender.
Man sollte auch die Kräfte derjenigen nicht unterschätzen, die nun fordern, die US-Truppen aus der gesamten Region abzuziehen. Denn das sind in beiden Parteien auch nicht wenige.
Daher gehe ich davon aus, dass die USA in der Bekämpfung der Huthi und der schiitischen, „revolutionären Widerstandskräfte“ im Irak und in Syrien nun noch ein Schüppchen drauflegen werden.
Von einem Krieg ist die Situation jedoch weit entfernt.
Und selbst wenn es dazu kommen würde, würde sich das Ganze eher im Pegelstand des Irakkriegs abspielen, denn in einer internationalen Eskalation. Russland hat keine Kräfte, um dort eingreifen zu können. Und das in deutschen Panikschüben immer wieder an die Wand gemalte China hat weder Interesse an Russland, noch am Iran. Es sei denn als Absatzmarkt.