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Shaabi – Wurzeln im Ägyptischen Tanz

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Von dalbera from Paris, France - La fête de la musique au centre culturel d'Egypte (Paris)Uploaded by paris 17, CC BY 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=23039348

Shaabi (manchmal auch so geschrieben: Sha’abi, Chabi) oder Volkstanz, die älteste Form im ägyptischen Tanz, wurde über Jahrhunderte tradiert und spielt nach wie vor eine wichtige Rolle im Leben der ländlichen Bevölkerung.

Die Wurzeln der Sha’abi-Musik liegen in vorislamischen Zeiten, stammen aus den ländlichen Traditionen ganz Ägyptens und finden sich in den Musiktraditionen der Fellahen (BäuerInnen), Ghawazee (ZigeunerInnen), der Beduinen und der Musik Nubiens.

Die typischen Instrumente gehören zu den antiken Instrumenten, z.B.

Mizmar: oder Mizmar Baladi, Blasinstrument, der Oboe oder Klarinette ähnlich

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By dalbera from Paris, France - La fête de la musique au centre culturel d'Egypte (Paris)Uploaded by paris 17, CC BY 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=150913080

Rebaba: oder Rababa, eines der ältesten Saiteninstrumente, ursprünglich z.B. aus einer halben Kokosnuss oder einem Schildkrötenpanzer, bespannt mit Schaf- oder Fischhaut und nur einer Saite, heute zwei Saiten, wird mit einem Bogen gespielt, kam über Andalusien nach Europa („Fiedel“), später Violine

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By Ema El-tokhy - Own work, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=54393142

Arghul: Doppel-Bambusflöte mit einem Bordunrohr, wird mit Zirkularatmung gespielt, geht auf das Alte Reich in Ägypten zurück (bis ca. 2.700 v. Chr.)

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By Image: http://collections.lacma.org/sites/default/files/remote_images/piction/ma-31949216-O3.jpgGallery: http://collections.lacma.org/node/244508 archive copy at the Wayback Machine, Public Domain, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=27293882

Diese traditionelle Musik und die dazugehörigen Tänze haben sich im Laufe der Zeit wenig verändert. Typische Sha’abi-Musik  kann fröhlich und übermütig sein, hat aber auch eine große Tiefe und Kraft. Viele Wiederholungen und der typische Klang erzeugen hypnotisch-tranceartige Eindrücke.

Ruhe und Zentriertheit in der Bewegung

Die Tänzerin interpretiert die der traditionellen Musik eigene Erdigkeit, Kraft und ein In-Sich-Ruhen, das niemals starr ist. Eine flexible Wirbelsäule ist dabei ständig in Bewegung – die aus der Bein- und Fußarbeit kommende Energie wird in Fluss gehalten und erzeugt doch ein Bild großer Ruhe und Zentriertheit.

Sha’abi wird traditionell in der Gruppe getanzt. Freude an der eigenen Bewegung, am Im-Fluss-Sein und am Kontakt unter den Tänzerinnen stehen im Vordergrund. Da dieser Stil auch die Grund-Bewegungsmuster für alle Stile im Ägyptischen Tanz vorgibt, steht er am Beginn jedes Anfängerinnen-Kurses und ist für Fortgeschrittene immer wieder eine herausfordernde Übung in den grundlegenden Bewegungsprinzipien:

Erdigkeit, bewegliche Wirbelsäule, aufrechte Haltung, bewegliche Hüften und Präsenz – die Tänzerin nicht darzustellen, sondern zu sein!

Ghawazi

Einer der Ursprünge der ägyptischen Folklore liegt im Tanz der Ghawazee (oder Ghawazi). Dieser Tanzstil hat seine Wurzeln in den Traditionen der Nawar, einer nomadischen Gemeinschaft mit indischen Wurzeln, die über Persien nach Ägypten gelangte. Die Nawar spielten eine bedeutende Rolle in der ägyptischen Musikkultur und Tanztradition und prägten diese durch ihre charakteristischen Bewegungen und Rhythmen nachhaltig.

Ähnlich wie die Roma, die sich später in verschiedenen Teilen Europas niederließen, führten auch die Nawar ein reisendes Leben, das von Musik und Tanz geprägt war. Während die Roma in Europa ihre eigenen Musik- und Tanztraditionen entwickelten, integrierten die Nawar ihre kulturellen Einflüsse in die lokale ägyptische Kultur und trugen wesentlich zur Entstehung des heutigen ägyptischen Tanzes bei.

Die Ghawazee verdienten ihren Lebensunterhalt traditionell mit Musik und Tanz, wobei sie ihre Kultur über Jahrhunderte hinweg bewahrten und weitergaben. Ihr Tanzstil, den sie selbst als Raqs Sha‘abi bezeichneten, wurde im 19. Jahrhundert von europäischen Reisenden bewundert – insbesondere wegen seiner freien, ausdrucksstarken Bewegungen, die sich von den damaligen gesellschaftlichen Normen für Frauen in Europa deutlich abhoben.

Die typischen freien Hüftbewegungen im Ägyptischen Tanz können auf die Tradition der Ghawazi zurückgeführt werden. Ihr Tanz ist sehr zentriert, geerdet und wenig raumgreifend, die Hüften ständig in vibrierender Bewegung. Dazu begleiten sie sich auf Zimbeln. Der amerikanischen Tänzerin und Tanzforscherin Aisha Ali ist es zu verdanken, dass Videoaufzeichnungen von Ghawazi Musikern und Tänzerinnen aus den 1970er Jahren bestehen.

Ihre unverwechselbare Art zu tanzen und sich für den Tanz zu kleiden begründete ihren Mythos als Eroberinnen der Herzen.

The Romany Trail (Opens in a new window)” ist eine Dokumentation über die Geschichte und Kultur von Roma (Sinti, Nawar…)-Gemeinschaften weltweit. Sie führt zunächst nach Indien, dann nach Ägypten und Spanien, weiter nach Bosnien, Herzegowina und Mazedonien, Ungarn und Deutschland. Im ersten Teil wird ihr Weg nach Ägypten beschrieben:

https://youtu.be/8nx3uAuboII?si=s8QPZ18ggb2PtZwE&t=391 (Opens in a new window)

Europäische Reisende im 19. Jahrhundert waren fasziniert von ihren Bewegungen und machten sie in ihren Reiseberichten auf der ganzen Welt bekannt. Mit einem skandalösen Beigeschmack. Die Natürlichkeit, Freiheit und Unbeschwertheit ihrer Bewegungen widersprach jedem für das weibliche Geschlecht festgelegtem Verhaltenskodex.

„Dennoch beschrieb Charles Leland die Ghawazi sehr gut: Sie scheinen alle die Fähigkeit zu haben, jeden Teil ihres Körpers frei zu bewegen, geradeso wie Menschen mit den Ohren wackeln können; und es ist wunderbar, wie sie Stunden um Stunden jeden Muskel heftigst und rasend schnell bewegen und von Kopf bis Fuß wie elektrifiziert zucken, ohne im mindesten ermüdet zu sein und, was unglaublich ist, ohne zu schwitzen…

Am Anfang jeden Tanzes bewegen sich die Ghawazi einfach nach der Musik und schwingen ihren Körper weich hin und her. Dann werden Wellenbewegungen gemacht, die den Körper von Kopf bis Fuß durchlaufen, und über diese Wellen gleiten mit unglaublicher Geschwindigkeit Schauer und Kräuselwellen, wie beim Anblick einer großen Welle im Wind, die aussieht wie ein kleineres Meer, das von tausend winzigen Wellen durchfurcht ist.“

(aus: Wendy Buonaventura – Die Schlange und die Sphinx.)

Invaders of the heart

Ihre unverwechselbare Art zu tanzen und sich für den Tanz zu kleiden begründete ihren Mythos als „Invaders of the heart“. Heute gibt es in Ägypten eine Familie, die – nach eigenen Angaben – Nachkommen der Ghawazi sind. Sie leben in Luxor (Opens in a new window) und sind bekannt als „Banat Mazin“.

https://www.youtube.com/watch?v=A8kOjzcM19w&t=5s (Opens in a new window)

Edwina Nearing, die Khairiyya Mazin, die jüngste der Mazin-Schwestern im Jänner 1993 in Ägypten besuchte, beschreibt in ihrem Artikel „Ghawazi on the edge of extinction (Opens in a new window)“:

„Es gibt noch immer Nachfrage nach Tanzaufführungen der Ghawazi: Verlobungsfeiern, Hochzeiten und Beschneidungsfeste….
In Oberägypten werden Ghawazi engagiert um auf hohen Holzbühnen zu tanzen, die eigens für diesen Zweck errichtet werden…
Die Ghawazi im Gebiet von Luxor, hauptsächlich die Mazins, führen außerdem eine andere Tradition fort, die von Reisenden des 19. Jahrhunderts beschrieben wurde: sie tanzen in Häusern oder auf Booten am Nil.
Für private Feste, die für Touristen organisiert werden, die die antiken pharaonischen Monumente in Oberägypten besuchen….
Aber jetzt, im Jänner 1993, gibt es keine Ghawazi, die in Luxor tanzen. Die wirtschaftliche Situation, die Videokassetten, und das „Dallas“-Syndrom verlangen ihren Tribut, die Ghawazi verlieren an Popularität…“

https://astrid-pinter.at/ (Opens in a new window)
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