WeinLetter #25: Die Wein-Trends 2022, Teil 1
Liebe Wein-Freund*in,
Du liest den 25. WeinLetter. Den ersten dieses aufregenden Wein-Jahres. Deshalb erst einmal: Ich wünsche Dir ein glückliches, gesundes, nachhaltig hedonistisches 2022! +++ Heute gibt's: die ultimativen Wein-Trends 2022! Ich habe mit vier Wein-Expert*innen die KGB-Fragen diskutiert: Was kommt? Was geht? Was bleibt? Du hast sicherlich schon mal Sake probiert. Aber dass das jetzt das Ding sein wird als Essensbegleiter? Nope. Oder dass Nature-Winzer*innen jetzt doch Sulfite einsetzen, Sünde? Nee. Die Einschätzungen der Weinmarketing-Professorin Laura Ehm, des Sommeliers Emmanuel Rosier, des Bio-Weinhändlers Andrej Marko und der Weinrechts-Experte Michael A. Else sind so spannend, dass ich daraus zwei Teile gemacht habe. Teil 1 mit Laura Ehm und Emmanuel Rosier beschäftigt sich heute mit allgemeinen Weintrends und neuen Weinmarketing-Erkenntnissen. In Teil 2 mit Andrej Marko und Michael A. Else geht es um Bio- und Naturetrends sowie Weinrecht und Verbraucherschutz +++ Plus: In der Rubrik "Ins Glas geschaut" testet die Wahl-Berlinerin Dr. Anja Zimmer, klar, Doctor-Riesling aus ihrer Heimat Bernkastel-Kues +++ Empfehlt (und shared) dieses WeinLetter-Feuerwerk bitte weiter. Unterstützt den WeinLetter und werdet sehr gerne aktives Mitglied! (Abre numa nova janela) Und vor allem:
Trinkt’s Euch schön!
Euer Thilo Knott
PS: Was würdest Du zu Döner servieren - und warum? Schreib Deine Vorschläge sehr gerne an weinletter@posteo.de - Betreff: Das Döner-Experiment!
Weintrends: Sauvignon, Sake und nullprozentige Schaumweine
Der Wahl-Berliner Emmanuel Rosier wurde gerade Dritter bei den deutschen Sommelier-Meisterschaften. Was sind seine Weintrends 2022?
von Thilo Knott
1. Sauvignon Blanc brauchst Du nicht importieren – nimm den aus Deutschland.
Sauvignon Blanc gibt es in Deutschland erst seit Anfang der 2000er: Die Nachfrage nach der Bukettrebsorte ist groß FOTO: DWI
Es gibt zwei Weintrends unter den deutschen Konsumenten, die sich auch 2022 fortsetzen werden: Immer mehr Rosé, immer mehr Sauvignon Blanc. Rosé macht mittlerweile zwölf Prozent aller Weinkäufe in Deutschland aus, rechnet das Deutsche Weininstitut vor. Beim Sauvignon Blanc gibt es keine Konsumentenzahlen, doch dass sich die Anbauflächen für diese Bukettrebsorte in Deutschland auf 1,5 Prozent der Gesamtanbaufläche (2019) in den vergangenen 15 Jahren verachtfacht hat, lässt Rückschlüsse auf den gestiegenen Konsum zu. Sind das auch künftig die Gewinner für die deutschen Weingüter? Ja – und nein, sagt der im Beaujolais geborene und in Berlin lebende Sommelier Emmanuel Rosier.
Emmanuel Rosier sitzt im Chi-Chi Khan in Schöneberg, bestellt Ente. Gerade ist er Dritter bei den Deutschen Sommelier-Meisterschaften geworden. Er sagt: „Bei Rosé haben die Deutschen keine Chance.“ Er habe schon erlebt, wie in deutschen Restaurants Gäste wieder gegangen sind, wenn sie keinen Miraval in der Weinkarte fanden, erzählt Rosier. Miraval ist einer der bekanntesten Weine der Welt. Ein Rosé aus der Provence. Ein für 16,99 Euro erschwingliches, wenn auch nicht mehr günstiges Marketing-Meisterstück um die Namen Brad Pitt und Angelina Jolie.
Und beim Sauvignon Blanc? Da denke man immer an Frankreich und Neuseeland, sagt Rosier, vielleicht noch Südafrika mit erschwinglicheren Varianten. Dann zählt er deutsche Weingüter auf und bleibt bei Daniel Mattern hängen. Der Winzer aus Rheinhessen macht einen normalen Sauvignon Blanc, einen Fumé (also im Barrique), und einen im Steinfass. „Großartig“, sagt Rosier, weil sie mit dem deutschen Cool Climate viel frischer seien. „Du brauchst die Sauvignon Blancs nicht aus dem Ausland importieren.“
2. NOR. Das Weißwein-Land Deutschland hat mehr als Riesling zu bieten.
Also: Deutscher Sauvignon Blanc. Denn es gibt in Deutschland #NotOnlyRiesling. Rosier nennt die Scheurebe, einen Nischen-Wein. Er nennt Müller-Thurgau, nach Riesling die am meisten angebaute Rebsorte in Deutschland, die verpönt ist als Massenware. Rosier sagt, auch Top-Weingüter wie Wittmann oder Wagner-Stempel hätten sich dem Müller-Thurgau angenommen. Silvaner aus Franken, nennt er. „International unterschätzt“, sagt Rosier. Er hat eine Empfehlung für 2022: „Die deutschen Winzer*innen müssen beim Riesling nicht mehr zeigen, dass sie es können.“ Sie können – aber Not Only Riesling.
3. Alkoholfreie Wein-Getränke: Der Wein macht auf Bier!
2 bis 3,5 Prozent: Die alkoholarmen Kräuter-Getränke von Bernulf Schlauch werden im Champagnerverfahren hergestellt (Abre numa nova janela). In vier Varianten: Im Akazienzauber sind Robinien drin, die "falschen Akazien". Dann gibt es die Klassiker Holunder- sowie Rosenblüten-"Sekt". Mädesüß wiederum ist ein Rosengewächs. Gibt's alles in Hohenlohe zu pflücken - in Handarbeit und handsigniert! FOTO: THILO KNOTT
Champagner Bratbirne alkoholfrei. Das ist das „Zaubergetränk“ von Jörg Geiger aus dem baden-württembergischen Schlat. Diese PriSeccos, wie Geiger sie nennt, sind ein Trend für Sommelier Rosier: „Alkoholfreie Getränke passen einfach in die Zeit.“ Und Geiger ist für ihn das Vorbild für diesen Trend.
Im Prinzip vollzieht die Weinbranche hier etwas nach, was in der Bierbranche längst einen großen Teil des Umsatzes generiert: alkoholfreie oder low-alkoholische Biere. Auch viele Winzer*innen produzieren mittlerweile selbst alkoholfreie „Weine“ – wie Hanspeter Ziereisen, dessen „Ambrosio“-Getränke es in Weiß, Rosé und Rot in der halben Flasche gibt.
Oder es gibt low-alkoholische Schaumweine: Ein alter Wegbegleiter aus meiner Hohenlohischen Heimat produziert Blüten-Schaumweine, vor allem aus Holunder, die auch wegen ihres niedrigen Alkoholgehalts (2 bis 3 Prozent) sehr gefragt sind. Geheimtipp: Bernulf Schlauchs eisgekühlte Holunder- und Rosensekte zu Hochzeiten sind der Hammer! Habe ich selbst schon erlebt.
4. Sake! Denn eine gute Weinkarte ist auch eine Sake-Karte.
„Eine gute Weinkarte muss eine gute Sake-Auswahl haben“, sagt Emmanuel Rosier.
Die Weinkarte des Kreuzberger Restaurants Tim Raue zum Beispiel umfasst 18 Sake-Positionen – unterschieden nach sparkling, dry, körperreich, fruchtbetont und süß. Klar, ist ja auch asiatisch geprägte Küche. „Sake ist einfach bekömmlicher und passt zu vielen Küchen“, sagt Rosier. Bekömmlich heißt: Sake hat lediglich zehn Prozent der Säure eines Rieslings.
Dass Sake mit 15, 16, sogar 17 Prozent Alkoholgehalt doch um einiges über Weißweinen liegt? „Ja, aber von Sake braucht man nicht viel.“ In Berlin lässt sich der Trend schon jetzt erkennen: Hier haben Weinhändler Sake-Tastings im Terminkalender 2022 stehen. Hier macht mit dem Namu in Wilmersdorf mal eine Sake-Bar auf.
Emmanuel Rosier, Jahrgang 1981, ist Sommelier und betreibt mit seiner Frau Eva-Miriam Gerstner CCM3 Consulting (Abre numa nova janela) - eine Beratungsgesellschaft für Hotels, Gastro und Tourismusprojekte. Der im Beaujolais geborene und in Berlin lebende Rosier wurde Ende 2021 Dritter bei den Deutschen Somelier-Meisterschaften. FOTO: CCM3
Weinmarketing-Trends: Digital, radikal, regional!
Laura Ehm ist Marketing-Professorin am Weincampus Neustadt. Was sind ihre Weintrends 2022?
von Thilo Knott
1. Wein muss ein Erlebnis werden.
Spaghettiiii! Wein, Wandern, Freundinnen, Selfie. Wein muss ein Erlebnis sein. FOTO: DWI
„Wein plus X“, lautet Laura Ehms Formel für das ideale Weinmarketing. Die Professorin am Weincampus in Neustadt an der Weinstraße beschäftigt sich mit Weinmarketing und Konsumverhalten. Sie sagt: „Das Produkt Wein hat in Deutschland eine gute Qualität, das ist aber nicht zentral. Ich muss heute den Wein zum Erlebnis machen – die Konsument*innen suchen die Story, die sie weitererzählen können.“ Da gebe es noch großen Spielraum für die deutschen Winzer*innen.
Wenn die Weininteressierten wieder auf Weinreisen gehen, Weinproben vor Ort machen, dann haben sie eine „Erlebnisorientierung“, wie Ehm das nennt. Also: Wein und Essen, Firmen-Weinproben als Gemeinschaftserlebnis, „Unterhaltung mit ein bisschen Information“ sei der Trend.
2. Die Jungen fordern radikale Nachhaltigkeit – oder nix!
Eine der spannendsten Zielgruppen der Weinbranche seien „die Jüngeren, die bald Geld verdienen“, sagt Laura Ehm. Was deren Anforderungen an Wein angeht, gibt es – nennen wir sie Generation X, Y, vor allem Z – eine erstaunliche Parallele zum Wahlverhalten. Die Jüngeren (bis 29 Jahre alt) haben bei der Bundestagswahl ja traditionell grün gewählt – aber auch in gleichem Maße FDP. Was in der Form neu war. Laura Ehms Untersuchungen haben ergeben, dass es auch bei der jüngeren, wein-interessierten Zielgruppen diese Verhaltensmuster gibt. „Die grünen Jungen erwarten auch von Weingütern Nachhaltigkeit – noch radikaler vielleicht als heute.“ Da gehe es um umweltfreundliche Verpackungen, Wasserverbrauch – und nicht nur um Nicht-Einsatz von Pestiziden. Da müsse die Weinbranche noch einiges tun, um diese potenzielle Klientel zu erreichen. Gleichzeitig: „Es gibt diese Gruppe der astreinen Hedonisten unter den Jungen.“ Für diese sei Nachhaltigkeit „nice to have“ - eine „Lifestyle-Nachhltigkeit“ für die „Erlebnisorientierten“.
3. Die Kriterien „Regionalität“ und „Herkunft“ werden Corona überdauern.
Flugreisen waren während des ersten Corona-Lockdowns komplett gestrichen – heute sind sie teuer. Weinländer wie Italien oder Spanien sind Hochsicherheitsgebiete. Für viele hieß das Urlaubsziel in den vergangenen zwei Jahren: Deutschland. „Sie haben gesehen, dass sie an der Mosel auch einen schönen Urlaub machen können – diese Hinwendung zur Regionalität wird bleiben“, sagt Laura Ehm. Die Weinbranche, die auch vom Tourismus lebt, wird das freuen, wenn Ehm sagt: „Dann wird der Junggesellenabschied nicht mehr auf Mallorca oder in Ischgl gefeiert, sondern auf dem Rhein mit Riesling.“ Das wird für sie einer der übergreifenden Haupttrends in der Weinbranche: „Herkunft nimmt als Qualitätskriterium zu in Verbindung mit der Transparenz der Produktionsbedingungen.“
4. Die digitale Transformation ist nicht zu stoppen.
"Wir haben das nicht nötig": Wirklich nicht? Seit Corona sind Online-Tastings ein direkter Kontakt zwischen Winzer*innen und Kund*innen - wie hier für das Weingut Braunewell FOTO: DWI
Laura Ehm hat mit ihrem Weincampus-Team 1.700 Betriebe aus allen deutschen Anbaugebieten untersucht. Evaluiert wurde, wie digital die Betriebe heute sind. 83 Prozent der Betriebe sind in den sozialen Medien aktiv – zumeist auf Facebook oder Instagram. 60 Prozent haben mittlerweile einen Online-Shop. Das ist – auch durch Corona – ein großer Wandel. Sie erinnert sich etwa, dass sie noch 2018 Vorträge über die Vorteile von Online-Weinproben gehalten, aber „kein Beispiel“ gefunden habe. „Die Leute kommen zu uns“, „Wir haben das nicht nötig“, hieß es damals. Heute seien digitale Weinproben fester Bestandteil des Geschäftsmodells. Einen Tipp hat sie dabei noch: 60, maximal 90 Minuten sollte eine Online-Weinprobe dauern – länger nicht.
Laura Ehm ist Marketing-Professorin am Weincampus in Neustadt an der Weinstraße. Sie beschäftigt sich in Lehre und Forschung vor allem mit den idealen Customer Journeys, dem Potential sozialer Medien und Innovationen im Weintourismus. Der Weincampus Neustadt ist eine gemeinsame wissenschaftliche Einrichtung der Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft Ludwigshafen, der Technischen Hochschule Bingen und der Hochschule Kaiserslautern in Kooperation mit dem DLR Rheinland-Pfalz. FOTO: STEPHAN PRESSER
Lies auch die Wein-Trends, Teil 2, im nächsten WeinLetter: Es geht um die Entwicklungen in der Bio- und Naturewein-Produktion - und darum, welche Folgen die neuen Weingesetze für uns Verbraucher*innen haben! Und noch eine Frage: Was sind Eure Weintrends 2022? Was nehmt ihr euch für Weinthemen in diesem Jahr vor? Schreibt mir gerne an weinletter@posteo.de - danke!
Ins Glas geschaut: Anja Zimmer testet Doctor-Riesling der Thanisch-Erben
Der Berncasteler Doctor: Nur fünf Betriebe teilen sich diese exponierte, nur 3,3 Hektar große Einzellage an der Mosel FOTO: ANJA ZIMMER
In der Rubrik „Ins Glas geschaut“ stellen Weinexperten*innen und Weinliebhaber*innen ihren Wein der Woche vor. Heute: Anja Zimmer fährt in ihre Heimat an die Mosel und testet Doctor-Riesling der Thanisch-Erben in Bernkastel-Kues.
von Anja Zimmer
Der Wein: Weingut Wwe. Dr. H. Thanisch - Erben Thanisch, Doctor Riesling, VDP Großes Gewächs, trocken, 2020, 12,5% vol., 37,50 Euro ab Hof.
Der Grund: Dass ich diesen Wein vorstelle, hat das große Karma wahrscheinlich schon bei meiner Geburt so vorgesehen. Ich bin in Kues geboren, dem links an der Mosel liegendem Teil von Bernkastel-Kues. Von Kues hat man direkten Blick auf die Doctor-Weinberge.
Schon in meiner Kindheit hat mir mein Vater, der selbst auch Wein verkaufte, immer wieder von diesen berühmten Hängen erzählt: „Das teuerste Ackerland in Deutschland“, sagte er. Wie hoch der Preis wirklich ist, lässt sich kaum sagen. Die letzte Parzelle wurde 1900 verkauft zu einem damals sensationellen Preis von 400.000 Goldmark für 43 Ar. Zum Vergleich: Eine Lehrer*in verdiente damals ca. 2.000 Goldmark pro Jahr. Und Wein war echter Luxus, er kostete ca. 1,80 Goldmark pro Liter.
Heute teilen sich fünf Eigentümer die Einzellage mit 3,2 Hektar. Eigentlich wäre das eine ziemlich geschlossene Gesellschaft, gäbe es nicht die Heilig-Geist-Stiftung Bernkastel. Sie besitzt zwei Parzellen, die sie alle neun Jahre an ein anderes Weingut verpachtet. Wer die Auktion um das begehrte Stück Land gewinnt, kann sich zum „Who is who“ der Mosel zählen. Aktuell sind das Markus Molitor vom gleichnamigen Weingut und Thomas Haag vom Weingut Schloss Lieser. Die Idee dahinter hat durchaus Charme, verbindet sie doch Tradition mit Innovation.
Aber was ist die Magie dieser Lage? Dazu gibt es viele Theorien, wissenschaftlich belegt sind sie wenig. Die einen sagen: Sehr gute Wasserspeicher im Berg. Oder ist es doch die Temperatur? Im Winter liegt auf den Nachbarparzellen noch Schnee, da ist der Doctor schon grün. Manche führen das auf unterirdische Thermalquellen zurück.
Christina Thanisch ist die junge Winzerin des Weinguts der Thanisch-Erben. Sie führt das spezielle Mikroklima auf die Süd-Süd-West Ausrichtung zurück, die lange Sonneneinstrahlung erlaubt. Gleich dort, wo die Lage endet, dreht sich nämlich der Hang. Da ist dann auch im Sommer nichts mehr mit Sonne um 21 Uhr.
Anja Zimmer (l.) und Christina Thanisch am Ufer der Mosel: Hochdroben liegt der Doctor FOTO: ANJA ZIMMER
Das Weingut Wwe. Dr. H. Thanisch – Erben Thanisch in Kues direkt am Ufer der Mosel mit einer wunderschönen Terrasse ist 375 Jahre alt. Seit 12 Generationen machen die Winzer*innen hier ausschließlich Riesling. Das ist in der deutschen Weinbranche jetzt nicht ganz ungewöhnlich. Die Tradition ist hier aber seit fünf Generationen weiblich – und das ist (noch) nicht die Regel. Aktuell wird das Weingut von Sofia Thanisch geführt. Ihre Tochter Christina wird es irgendwann übernehmen, mit Begeisterung, ansteckender guter Laune und dazu Spaß am Digitalen.
Und wie schmeckt jetzt der Doctor-Wein? Für viele ist die Mosel Synonym für restsüße Weine. Die großen Auslesen und Trockenbeerenauslesen gewinnen immer wieder Preise und gehen gerne auch einmal zu vierstelligen Summen über die Versteigerungstische. Ich habe mich trotzdem für einen trockenen Wein entschieden, denn auch da hat die Mosel viel zu bieten. Und im Fall von Thanisch zu einem durchaus vernünftigen Preis-Leistungs-Verhältnis.
Für ein Großes Gewächs ist der Doctor-Riesling noch sehr jung. Er kann gut und gerne noch drei und auch viele Jahre mehr im Keller liegen. Das Potential kann man aber schon deutlich erkennen. Ich schmecke exotische Früchte, aber auch etwas Zitrus, außerdem Kräuternoten, eine hohe Mineralik und etwas Salziges im Abgang. Vor allem eine große Fülle, ich bilde mir ein, die alten noch wurzelechten Reben zu schmecken. Spontanvergärung und teilweise etwas Zeit im Holzfass geben ihm den letzten Schliff. Essensbegleitung braucht der Doctor nicht. Wer unbedingt will? Garnelen passen klasse, Gemüse geht immer.
Ein letztes Rätsel möchte ich zum Schluss noch lösen. Warum heißt die Lage eigentlich Doctor? Die Legende besagt, dass der Trierer Kurfürst Boemund II nach einem Glas des Weines von einer schweren Krankheit genesen sei. Was man halt so glaubte, im 14. Jahrhundert.
Verwurzelt an der Mosel, zu Hause in Berlin: Dr. Anja Zimmer ist Rechtsanwältin im Medienbereich und berät in Politik- und Strategiefragen. Gerade hat sie eine Ausbildung zur Junior Sommelière absolviert und studiert den MBA Weinwirtschaft in Geisenheim. Sie berät auch in der Weinbranche. Zuvor war sie u. a. Direktorin der Medienanstalt Berlin-Brandenburg, Geschäftsführerin des Deutschen Journalisten-Verbands NRW und als Senior Managerin bei der Deutschen Telekom tätig. Ehrenamtlich engagiert sie sich im Betterplace-Projekt gegen Desinformation (Abre numa nova janela). Mehr Infos unter: www.linkedin.com/in/dr-anja-zimmer/ (Abre numa nova janela) - sie twittert und ist auf Instagram zu finden unter: @glossatorin FOTO: FALK WEISS
Das Best of "Ins Glas geschaut" aus dem Jahr 2021: Hier zum Nachlesen! (Abre numa nova janela)