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Ich, Nachrichtendienstler – Teil 2

Tornado der deutschen Marineflieger

In einem vergangenen, fast vergessenen Leben war ich Nachrichtendienstler.
Natürlich werde ich von Lesern oft danach gefragt. Die meisten können sich nichts darunter vorstellen. Weshalb ich versprochen habe, das auf der neuen Plattform einzulösen.
Im
ersten Teil (Abre numa nova janela) habe ich einige Grundsätzlichkeiten zu Nachrichtendiensten und Geheimdiensten erklärt. Im zweiten Teil werde ich erzählen, wie ich dazu gekommen bin. Und im dritten Teil werde ich versuchen zu vermitteln, wie das praktisch aussah. Und was ich da so gemacht habe.

Im Alter von 17 hatte ich Orientierungsprobleme. Durch persönliche Hintergründe.
Ich kellnerte bereits in einer In-Kneipe unserer Kleinstadt, soff ausgiebig, probierte Drogen und hatte an fast jedem Wochenende eine Boxerei.

Eigentlich stamme ich aus gutem Arbeiter-Elternhaus, aufgewachsen in einer großen Eigentumswohnung mit zwei Kinderzimmern zwischen Köln und Düsseldorf. Meine Mutter stammte aus Norddeutschland, mein Vater war ein im Rheinland aufgewachsener Deutsch-Kanadier, der auch in Kanada gelebt hatte.

In der Schule lief es, trotz Bestnoten, nicht gut. Ich sammelte Fehlstunden, was in der Oberstufe eher verziehen wurde. Alle anderen durften sich als Volljährige ja bereits die Entschuldigungen selber schreiben. Ich war mit fünf eingeschult worden, weshalb ich als einziger noch nicht volljährig war. Was gerne vergessen wurde.

Ich glaubte, etwas mit Grafik machen zu wollen. Weshalb ich dann in der 12. Klasse an eine Grafik-Schule wechselte. Einer Berufs-Fachschule, die auch Zugang zum Grafik-Studium ermöglichte. So saß ich in der Bimmelbahn an den Arsch der Welt und kam zu dem Ergebnis: Was für ein Scheiß!
Nach wenigen Wochen war ich überzeugt, dass das nichts für mich ist. Allerdings wusste ich Idiot nicht, dass ich einfach wieder zurück auf die allgemeinbildende Schule wechseln und mein Abi hätte machen können. Das ist der einzige wirkliche Fehler meines Lebens, den ich bis heute bereue.

Ich war bestes Material für das, was später kommen sollte. Was jedoch den falschen Eindruck vermittelt, das hätte jemand so geplant. So funktioniert das nicht. In manchen Jobs finden sich nur halt Menschen mit einer bestimmten charakteristischen „Ausstattung“.
Wenige Jahre später sollte ich meinen Philosophie-Lehrer wiedertreffen. Er fragte, was ich so mache. Ich sagte Bundeswehr. Er lächelte verständnisvoll und sagte „Natürlich. Strukturen.“ Damit ließ er mich dann alleine.

Ich begann nach Alternativen zu suchen, als ich einen Brief im Briefkasten hatte.
Ich sollte mich innerhalb von wenigen Tagen zur Musterung einfinden. Ich sollte „vorzeitig gezogen“ werden. Das war in Zeiten der Wehrpflicht 1992 üblich, nach dem Pillenknick, wenn die Kreiswehrersatzämter ein Quartal nicht vollbekamen. Meine Grafik-Schule galt als zweiter Bildungsweg, weshalb ich gezogen werden durfte.

Der behandelnde Arzt fragte mich, wie ich mit meinem Übergewicht klarkomme. Und ob ich Freunde hätte. Ich war knapp zwei Meter, spielte Football, trainierte mindestens drei Mal wöchentlich, machte Krafttraining und war auf dem Sprung in die Bundesliga. Ich war ein Rotweiler, kein Mops.
Ich sagte, dass ich Freunde habe.

Im anschließenden Interview fragte die Frau mich nach Einschränkungen. Ich sagte schulterzuckend, dass ich im Sprunggelenk keine Bänder mehr habe und die Kapsel meines rechten Zeigefingers durch einen Bruch irreparabel eingerissen ist. Sie starrte mich an und fragte dann, ob ich noch „so“ machen könnte. Wobei sie die Bewegung des Abdrückens einer Waffe nachmachte.
Ich sagte, ich könne „so“ machen.

Grundausbildung beim Heer

Schnell danach hatte ich die Einberufung. Ich sollte mich zum nächsten Ersten in der Kaserne in Schwarzenbek melden, östlich von Hamburg. Kurz vor der 1992 gerade ehemalig gewordenen deutsch-deutschen Grenze.

Und so stand ich dann in einer überfüllten Bimmelbahn nach Hamburg. Zurückgeblickt glaube ich, ich bin nicht auf etwas zu gefahren. Ich bin ich an diesem Tag weggefahren. Und habe einen Abschnitt meines Lebens hinter mir gelassen.

Angekommen bin ich im ersten Zug der dritten Kompanie des Kampfpanzer-Bataillons 164. Aufgrund der Nähe zur ehemaligen Grenze gehörte das Bataillon zu den KRK, zu den Krisenreaktionskräften. Und aus diesem gerade für beendet erklärten Kalten Krieg kamen auch meine Ausbilder. Viele trugen das Einzelkämpfer-Abzeichen. Ein Unteroffizier kam von den Jägern, der Infanterie. Seine Hauptaufgabe bestand darin, uns zu schleifen.

Hindernisbahn, Formaldienst, ABC-Alarm. Da ich mir an der Eskaladierwand den Bizeps gezerrt hatte und am ersten Schulschießen mit dem Gewehr nicht teilnehmen durfte, wurde ich der MG-Schütze des Zuges. Das deutsche MG3, Weiterentwicklung des legendären MG 42 der Wehrmacht, 11,5 kg Liebe. Du wirst es lieben, denn du wirst es immer bei dir haben. Und tragen.

Ein Stubenkamerad hatte einen kleinen Fernseher und einen VHS-Rekorder angeschleppt. Full Metal Jacket konnte ich mitsprechen. Es kam uns so vertraut vor.
Ich traf einen Infanteristen im Zug nach Hause. Er erzählte begeistert, dass sein Zug im Zuggefechtsschießen 400 Schuss rausgehauen hatte. Ich hatte bei einer einzigen Übung alleine 1200 Schuss durch das später ausgeglühte MG-Rohr gehauen. Panzerfaust, Handgranaten, Uzi, verschiedene Pistolen. Der Ring meiner ersten scharfen Handgranate ist bis heute mein Schlüsselring. Ich hatte eine gute Schule.

Deutschlands weiter Norden

An den Wochenenden zu Hause und während der langen Zugfahrten las ich das Informationsmaterial, das ich bei der Bundeswehr angefordert hatte. Denn ich war ja nach wie vor mit 19 Jahren ohne Ausbildung. Das musste geändert werden.

Es wurde eine Ausbildung zum Fotografen angeboten. Was zu meinem bisherigen Werdegang zu passen schien. Damit könnte ich doch noch auf eine Grafik-Fachhochschule gehen. In der mehrseitigen Hochglanz-Broschüre weit hinten. Sechs Jahre verpflichten, Verwendung als Luftbildbearbeiter, zivile Ausbildung in Kiel während der Dienstzeit. Bei der Marine. Und nur Marine.
In meinem Atlas suchte ich den erwähnten Ort „Tarp“. Der Finger ging immer weiter nach oben. Ich hatte viel vom europäischen Festland gesehen, war auch schon in Dänemark und Norwegen, aber ich hatte keine Ahnung, wie hoch Deutschland ist.

Ein Versetzungsgesuch wäre nicht akzeptiert worden. Was logisch ist. Denn sonst hätten tausende Wehrpflichtige ein Versetzungsgesuch gestellt. Und ein Wechsel der Teilstreitkraft von Heer zu Marine war noch schwieriger.
Mein Zugführer riet mir, die Fach-Grundausbildung abzuwarten und dann ein Versetzungsgesuch mit der Begründung der Verpflichtung zu stellen. Was ich tat. Den Zugführer sah ich später wieder. Im Fernsehen. Wie er mit dem blauen Barett der UN irgendwo im Osten herumfuhr.
Ich habe viele gute Männer treffen dürfen. Einige gibt es nicht mehr.

Warschau, es wird geglast!

In der Zwischenzeit waren wir auf Übungen und ich wurde zum Richtschützen auf dem Leopard II ausgebildet. Genau in der Version, die nun an die Ukraine geliefert wurde. Beim Schulschießen natürlich Erstschusstreffer, Ehrensache. Als Zeichen wurde das Abzeichen des Barretts abgeknickt. Die kleinen Dinge, die Außenstehende nicht erkennen. Das Barett habe ich bis heute.

Ich vor einem Leopard II

Irgendwann sollte ich zur Annahmestelle der Marine zum Test. Angesetzt waren drei Tage. Und da ich ja bereits Gefreiter war, also fertiger Soldat, war es eine „Versetzung“.
Ich kann mich nur noch an den Blick der zivilen Bewerber erinnern, als ich in Uniform den Raum betrat. Offenbar hielten sie mich für einen Prüfer. Ich verabscheute ihre Nachlässigkeit, nicht wenigstens vorher die Dienstgrade gelernt zu haben. Sie würden lernen. Wenn sie angenommen würden.

Aus den drei Tagen wurde ein kurzes Interview am nächsten Tag. Das auf dem Niveau meiner Musterung ablief.
Jahre später erfuhr ich, dass „in der Truppe“ gesiebt wurde. Nur Wenige wurden angenommen, nur Wenige bestanden die Lehrgänge und noch weniger durchliefen den ganzen Weg. Von den vier anderen Anwärtern in meinem Quartal deutschlandweit wurden zwei Fotografen, einer Luftbildbearbeiter und einer fiel durch eine fachliche Ausbildung und musste die restliche Dienstzeit als Fahrer ableisten. In dem Quartal war ich später der einzige neue Luftbildauswerter der Marine.

Schnell bekam ich eine Versetzung. Zum Marinefliegergeschwader 2 in Tarp/Eggebek. Ich saß wieder in einer Bimmelbahn von Hamburg Richtung Norden. Wobei mir erst das richtige Ausmaß Deutschlands nach Norden klar wurde. Wikingerland und viel Horizont. Moinsen.

Spät abends angekommen warnte der Fahrer mich, dass der Spieß es zackig mag und sicher eine militärische Meldung erwartet. Ich sagte dem Fahrer, dass das in einer Kampfkompanie des Heeres selbstverständlich ist.
In der Kantine der für mich riesigen Marine-Kaserne wurde ich wegen der Uniform eines Panzermannes beglotzt. Ich schlief alleine in einer Sechs-Mann-Stube in einem Block für hundert Leute.

Dort liegend entfaltete sich mir ein Horizont der Bundeswehr, den die meisten wohl nie erfahren haben dürften. Im Nachhinein betrachtet gehöre ich wohl zu sehr wenigen Soldaten, die in allen drei Teilstreitkräften (Heer, Luftwaffe, Marie) gedient haben. Doch genau diese Flexibilität macht meinen Werdegang dann doch irgendwie aus. Ich weiß durch Gespräche mit vielen Ehemaligen, dass ich durch dieses Unstete eine Erfahrung sammeln konnte, die den Meisten verwehrt blieb. Und für einen Unteroffizier sehr ungewöhnlich ist.

Der Bunker

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