Analyse: Hamas hat Opferzahlen gefälscht und aufgeblasen
Die Henry Jackson Society hat eine Auswertung veröffentlicht, die nachweist, dass die Hamas die Opferzahlen durch die Angriffe der israelischen Streitkräfte (IDF) gefälscht hat. Darüber hinaus wurden die Zahlen der zivilen Opfer aufgeblasen.
Die Auswertung analysiert ebenso die Berichterstattung der Medien und kann zeigen, dass diese sich in überwältigender Mehrheit dem Narrativ der Hamas angeschlossen haben.
„Questionable Counting: Analysing the Death Toll from the Hamas-Run Ministry of Health in Gaza“
(„Fragwürdige Zählung: Analyse der Todeszahlen des von der Hamas geführten Gesundheitsministeriums in Gaza“)
Die vierzig Seiten des Papiers sind vollgepackt mit Informationen.
Ich werde zunächst die Meta-Ebene wiedergeben. Anschließend werde ich exemplarisch einzelne Stichpunkte wiedergeben.
Die Analyse zeigt, dass die Erfassung der Daten noch chaotischer und die Zahlen vermutlich weit unzuverlässiger sind, als selbst Experten geahnt haben.
Hintergrund
Die veröffentlichende Henry Jackson Society ist ein 2005 gegründeter konservativer Think Tank mit Sitz in London.
Sie befürwortet den Kapitalismus und ein starkes Militär des „Westens“.
Sie setzt sich für Demokratien ein und vertritt die Ansicht, dass nur liberale Demokratien legitime Staatsformen sind und alle Staaten versuchen sollten, diese zu erreichen.
Die Gesellschaft wird inzwischen kritisiert. Unter anderem wurde ihr Islamfeindlichkeit vorgeworfen, sowie Grundsätze der extremen Rechten zu vertreten.
2011 schloss sich das von dem Autoren und Journalisten Douglas Murray gegründete Centre for Social Cohesion mit der Henry Jackson Society zusammen.
Der Autor Andrew Fox war Vorlesender an der Royal Military Academy Sandhurst und ist als Forschender für die Henry Jackson Society tätig. Davor hat er 16 Jahre als Fallschirmjäger gedient und war u.a. in Afghanistan, Bosnien und dem Nahen Osten eingesetzt.
Er war im vergangenen Jahr zweimal im Libanon und hat die Tunnel der Hisbollah inspiziert.
Andrew Fox ist regelmäßiger Kommentator verschiedener Sender und hat in mehreren großen Zeitungen publiziert.
Unterstützt wurde er u.a. vom International Institute of Social and Legal Studies, Tatiana Glezer, Chefin der Forschungsgruppe Fifty.global und einigen anderen.
Quellen
Quellen sind neben Berichten der UN und der Medien vor allem Veröffentlichungen der Hamas selber. Das Gesundheitsministerium, ebenso wie der Zivilschutz (Feuerwehr etc.) und die Polizei im Gazastreifen sind identisch mit der Hamas.
An dieser Stelle sein angemerkt, dass die vornehmliche Begründung den Veröffentlichungen Glauben zu schenken die war, dass diese Veröffentlichungen bisher auch immer zuverlässig waren.
Die Hamas hat zwei Arten von Listen veröffentlicht.
Zum einen Listen der Getöteten. Zum zweiten unregelmäßige Veröffentlichungen von Namen. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung waren sechs Listen veröffentlicht: Oktober 2023 und Januar, April, Mai, Juni and August 2024.
Alle aufgeführten Daten in den Listen „Martyrs to date“ („Märtyrer bis jetzt“) geben an „durch IDF ermordet“. Es wurden keine Todesursachen genannt, geschweige denn, ob es sich um Zivilisten oder Kombattanten handelt.
Die Listen enthalten Name, Alter, Geschlecht und die ID, die jeder bekommt, der im Gazastreifen geboren wurde.
Quelle für diese Listen waren Berichte aus den Krankenhäusern, unbekannte Quellen (auch Meldungen auf Social Media) und Berichte von Angehörigen.
Die Ergebnisse
Quellen des Medien-Büros der Hamas geben an, dass etwa 70% der Getöteten Frauen und Kinder seien. Das Gesundheitsministerium gibt jedoch 45% getötete Frauen und Minderjährige (unter 18) an.
Die Zahlen waren zunächst sehr ähnlich, gingen ab April 2024 jedoch immer weiter auseinander. Vor allem bei den Minderjährigen.
Anmerkung: Die 70% entsprechen exakt den Angaben des Reports des Büros des Hochkommissariats für Menschenrechte (OHCHR). In dem jedoch nur „die in zivilen Häusern Getöteten“ berücksichtigt wurden. Die UN hat also einfach die Zahlen der Hamas übernommen. (Bericht dazu hier… (Abre numa nova janela))
Üblicherweise wurden die Getöteten im Krankenhaus identifiziert und an die zentrale Erfassung gemeldet. Die Hamas selber hat angegeben, dass dieser Mechanismus von November bis Februar nach und nach in den Krankenhäusern beendet wurde.
Der Sprecher des Gesundheitsministeriums Ashraf al-Qudra nannte im Februar gegenüber dem Sender NPR als eine Hauptquelle „zuverlässige, öffentlich zugängliche Quellen“.
Durch die Änderung des Ablaufes kam es von November bis Dezember 2023 zu einem sprunghaften Anstieg von getöteten Familien um 4.413 Todesfällen.
Bereits im Februar waren von 30.228 Getöteten nur noch 57% durch die Krankenhäuser identifizierte und im Register aufgeführte Personen. Alle anderen wurden aufgrund von „offenen Quellen“ wie Social Media Postings übernommen.
Das Gesundheitsministerium hat ab Januar 2024 eine Google Form öffentlich zugänglich gemacht, in der „Märtyrer“ und Vermisste gemeldet werden konnten. Dieses Formular wurde immer wieder offline genommen und überarbeitet. Dennoch wurde es bis Ende August nicht als Quelle in der offiziellen Liste angegeben.
Dieses Formular enthielt keine Angaben dazu, ob die Getöteten oder vermissten Kombattanten oder Zivilisten sind.
Anfang April hat das Gesundheitsministerium der Hamas auch „unvollständige“ Datensätze aufgenommen.
Alle Daten sollten von einem „Komitee“ geprüft werden, bevor sie in die Liste aufgenommen werden.
Bis August waren nur 1,910 Datensätze durch die Kommission bestätigt worden, 9.817 wurden als „Benachrichtigung durch die Familie“ aufgenommen.
Es gibt einen massiven Unterschied der Prozentzahlen von getöteten Männern, Frauen und Kindern zwischen den Anteilen der von den Familien gemeldeten Daten, vom Komitee geprüften Daten und den Daten aus den Krankenhäusern.
Beispielsweise waren die von den Krankenhäusern bestätigte getöteten zu 45% Männer, die von den Familien gemeldeten aber 64%. Kinder machten bei den von den Angehörigen gemeldeten 22% aus, von den von der Hamas geführten Krankenhäusern gemeldet wurden 37%. (August 2024)
Am 17. Oktober 2023 wurden 3000 Getötete gemeldet, am 19. Oktober 3785. Im gleichen Zeitraum sollen 671 Kinder getötet worden sein. Was bedeutet, angeblich wurden 85% Kinder getötet und nur 14% Kombattanten, Männer und Frauen.
Am 25. Oktober 2023 wurden 6.547 Getötete gemeldet. Am 26. Oktober wurden 7028 gemeldet. Laut Meldung wurden an dem Tag 626 Frauen und Kinder getötet. Was mehr sind, als an dem Tag getötet worden sein sollen.
Das Gleiche vom 28. Oktober auf den 29. Oktober. Die Zahl der getöteten Frauen und Kinder überstieg die Gesamtzahl der Getöteten. Ebenso vom 2. auf den 5. Dezember.
Vom 6. auf den 7. November betrug der Anteil der getöteten Frauen und Kinder 99%.
Die Analyse zeigt, dass trotz der Ungenauigkeit der Daten die Zahl der getöteten Männer im wehrfähigen Alter deutlich überwiegt. Was also in einem Krieg zu erwarten wäre.
Dies wird von NGOs und Medien kontinuierlich ignoriert.
In der Liste der Hamas vom April wurden 305 von 311 getöteten 18-jährigen mit 17 angegeben.
In der Liste von August 2024 fanden die Analysten alleine 103 Frauen mit dem Vornahmen Mahmoud.
Die Analysten haben mehrere Datensätze gefunden, in denen Männer als Minderjährige angegeben wurden. Beispielsweise ein Einjähriger Namens Mahmoud Fahed Zakariah Alkafarnah, bei dem es sich laut ID des Registers um den 31-jährigen Wassim Ashraf Omar Abu El-Mazah handelt.
Ein Ali Dahem Mahmout Hathat wurde zunächst als Vierjähriger angegeben. In einer späteren Liste wurde er dann als 22-Jähriger geführt.
Pro Jahr sterben im Gazastreifen etwa 5000 Menschen eines natürlichen Todes. Diese Angaben tauchen in den Listen der Hamas nicht auf.
Tötungen, die nicht durch die Kriegshandlungen erfolgten, finden sich ebenfalls in der Liste als durch die IDF Getötete.
Bereits im Dezember 2023 taucht der 13-jährige Ahmed Shaddad Halmy Brikeh auf. Der wurde laut mehrerer Postings auf Social Media jedoch nicht von den IDF getötet, sondern von der Hamas erschossen, als er für sich und seine Familie Lebensmittel von einer Hilfslieferung holen wollte. Die Postings sind inzwischen gelöscht, sind jedoch mit Screenshot abgebildet.
Etwa 10% bis 20% der von der Hamas und dem Dschihad abgefeuerten Raketen gehen im Gazastreifen selber herunter. Bei etwa 9000 bereits abgefeuerten Raketen müssten das also um die 1000 „Blindgänger“ sein. (IDF Schätzung: 1750; 13%)
Dadurch Getötete tauchen nicht auf bzw. werden nicht aufgeführt. Vermutlich werden sie ebenfalls als durch die IDF getötet angegeben.
Youssef Mouhammad Mabrouk Abu Khoussa wurde am 17. April als Patient mit Lungenkarzinom mit Lebermetastasen geführt. Er wurde bereits am 29. März, also drei Wochen vorher, als durch die IDF getötet aufgeführt.
Die Analysten konnten zwei weitere solcher Fälle nachweisen.
Bereits im Januar gingen US-Nachrichtendienste von 8000 bis 12.000 getöteten Hamas-Kämpfern aus. Im Mai von 35% aller bekannten Kämpfer, was etwas 12.000 bis 14.000 entspricht. Die IDF schätzte die Zahl der getöteten Kämpfer auf 17.000 bis 20.000. Davon waren 17.000 namentlich identifiziert.
Das Institute for the Study of War hielt im September nur 3 von 35 Brigaden für nicht „geschlagen“.
Euronews berichtete im September, dass Hamas und Dschihad neue Kämpfer rekrutieren.
Vorzeichen
Bereits am 11. Juli 2014 veröffentlichte das Gesundheitsministerium auf seiner Homepage Guidelines für „Social Media Aktivisten“:
„Jeder, der getötet oder zum Märtyrer wird, muss als Zivilist aus Gaza oder Palästina bezeichnet werden. Bevor wir über seinen Status im Dschihad oder seinen militärischen Rang sprechen. Vergessen Sie nicht, immer „unschuldiger Zivilist“ [Arabisch] oder „unschuldiger Bürger“ [Englisch] hinzuzufügen, in Ihrer Beschreibung der bei israelischen Angriffen auf Gaza Getöteten.
Veröffentlichen Sie keine Fotos von Militärkommandanten. Erwähnen Sie ihre Namen nicht öffentlich und loben Sie ihre Leistungen nicht in Gesprächen mit ausländischen Freunden!“
„Nach einem Protest an einem Grenzposten am 14. Mai 2018 meldete das Gesundheitsministerium, dass es 55 Demonstranten während des Protests getötet wurden, was von OCHA als Tatsache akzeptiert wurde. [Amt der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten, Anm. d. Red.]
Nach Kritik eines palästinensischen Interviewers, dass die Hamas zugelassen habe, dass so viele zivile Demonstranten getötet wurden, revidierte ein Hamas-Beamter die Zahlen und gab an, dass 50 der etwa 60 Getötet Hamas-Mitglieder waren.“
Die Medien
Analysiert wurden zusätzlich 1.378 Berichte von Februar bis May 2024 der u.a. The New York Times, The Washington Post, The Guardian, CNN, BBC, Reuters (Agentur), The Associated Press (Agentur, AP) und der Australian ABC.
Nur 3% der geprüften Medienberichte über den Gazakrieg sprechen überhaupt getötete palästinensische Kämpfer an.
84% aller Medienberichte haben nicht zwischen zivilen Opfern und Kombattanten unterschieden. Was zumeist bedeutet, sie haben die Zahl der Getöteten der Hamas insgesamt als zivile Opfer bezeichnet.
Nur 5% der Medien haben Zahlen der Getöteten Palästinenser der IDF angegeben, 98% Zahlen der Getöteten Palästinenser der Hamas.
19% der geprüften Medienberichte haben Zahlen der Hamas übernommen, ohne eine Quelle zu nennen. Wodurch der Eindruck entstehen musste, dass es sich um bestätigte Zahlen handelt.
Nur 2% der Medienberichte gaben bei Nennung der Zahlen der Hamas an, dass diese unbestätigt oder fragwürdig sind. Die Zahlen der IDF wurden in 50% der Berichte in Frage gestellt.
Foto: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eines Krankenhauses protestieren am 9. Dezember 2024 in London mit einem Transparent, das einen Völkermord im Gazastreifen behauptet und die Bombardierung von Krankenhäusern als Kriegsverbrechen bezeichnet.