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Jeden Tag aufs Neue habe ich diese Woche darüber nachgedacht, worüber ich in den Zwischenzeit_en schreiben könnte, aber mir fiel kein Thema ein, mit dem ich mehr als einen Tweet hätte füllen können. Keines, das mir ausreichend relevant oder interessant genug erschien. Mein Kopf war ein einziges Sommerlich. Als ich gestern mit einer Freundin über die Ideenlosigkeit sprach und sie Ähnliches berichtete, wurde mir klar, dass es die aufziehende Panik vor dem Herbst ist, die ich mir noch nicht eingestehen will, die mich schon jetzt gedanklich blockiert. Denn der Gedanke daran, wieder mit Kindern zusammen im Lockdown-Alltag zu leben, ist so beklemmend, dass er andere klare Gedanken daneben einfriert. Ich sehe schon jetzt meine Zeit davon rennen und ahne: Alles, was ich jetzt nicht schaffe, schaffe ich auch den Rest des Jahres nicht mehr. 

Kann ich das Buch zu Ende schreiben? Die Kolumne weiter führen? Habe ich noch Zeit für Interviews, Vorträge und Workshops? Und wenn ich es doch irgendwie schaffe, mit Verzicht auf Schlaf und Freizeit, was ist am Ende des Jahres dann noch von mir übrig? Aus wie viel Mensch und wie viel Burnout bestehe ich dann? Wieviel Mutter, Partnerin und Freundin konnte ich neben dem Funktionieren noch sein?

Niemand startet frisch in die vierte Welle. Die Erschöpfung aus den voraus gegangenen Monaten ist ja noch da. Sie ist nicht verarbeitet. Wie auch? Als sich der Alltag mit Kindern gerade wieder ein wenig eingespielt hatte, begannen auch schon wieder die Ferien – und genau diese Zeit ist für Eltern eben auch weniger erholsam, da nun wieder allein die Kinder versorgt und beschäftigt werden müssen ohne Unterstützung von Kitas und Schulen. Ausschlafen oder durchschlafen können die Eltern jüngerer Kinder auch in den Ferien nicht. Die Freund_innen der Kinder sind vielleicht mit ihren Familien im Urlaub, sodass die wechselseitige Kinderbetreuung fehlt. Und da die wenigsten Eltern sechs Wochen lang Urlaub nehmen können im Sommer, müssen wieder einmal Arbeit und Familie parallel gelebt werden. Man könnte den Lockdown positiv framen, wenn man ihn einfach als niemals endende Sommerferien bezeichnen würde. Manche Eltern atmen nach den Ferien erleichtert auf, da der reguläre Alltag mit Kita, Schule und Erwerbsarbeit tatsächlich weniger anstrengend ist als die Ferientage. 

Mein älteres Kind kommt im August in die Schule und hatte bis dahin nicht nur sechs Wochen Ferien, sondern sogar acht, da der Kita-Abschied vor dem offiziellen Ferienbeginn lag und der Schulstart für Erstklässler_innen eine Woche nach offiziellem Schulbeginn liegt. Keine Ahnung, wie die durchschnittliche Familie acht Wochen ohne Kita oder Hort überbrückt. Als Patchwork-Familie, die verteilt auf zwei Haushalte lebt und einen Opa in der Stadt hat, der uns viel unterstützt, müssen wir die acht Wochen nicht allein stemmen. Aber in Deutschland haben nur rund ein Drittel aller Familien regelmäßig Unterstützung durch Großeltern. Nicht besonders viele.

Es ist völlig absurd, dass Schüler_innen über 70 Ferientage im Jahr haben und die durchschnittliche Zahl der Urlaubstage von Angestellten bei 30 Tagen liegt. Eltern können nicht einmal zu zweit die Ferien ihres Kindes abdecken. Alleinerziehende müssen für mindestens 40 Tage kreative Lösungen finden. Allein das klingt wie ein eigener Job.

Ich bin nach eineinhalb Jahren Pandemie nicht nur pandemie-müde, sondern auch pandemie-beschreibungs-müde. Ich würde so gern über völlig andere Dinge nachdenken können, mich herausschreiben aus dem Brei, mich in diesem Newsletter ganz anderen Themen widmen als dem grotesk unsolidarischen Pandemie-Management, in dem sich nicht einmal nach eineinhalb Jahren abzeichnet, dass Kinder und Familien vorausschauend unterstützt werden. Und offenbar spielt das im Wahlkampf keine Rolle.

Die ZEIT hat vor etwa zwei Wochen eine Interview-Reihe (Abre numa nova janela) zur Klima-Krise veröffentlicht und allen Spitzenkandidat_innen der fünf im Bundestag vertreteten Parteien grob die gleichen Fragen gestellt. Etwas Ähnliches würde ich mir auch für die Corona-Familienpolitik wünschen, da es vielleicht sogar aufschlussreicher werden würde als die Interviews zur Klima-Politik (die wirklich sehr empfehlenswert sind), da viele der Positionen bekannt sind. Im Vergleich dazu, finden sich in den Interviews, die ich bislang gelesen habe dazu, was Parteien planen, wenn Familien im Herbst wieder Zuhause sitzen oder immer noch mit den Folgen des ersten Jahren zu kämpfen haben, meist nur Plattitüden oder die Fragen werden gar nicht erst gestellt. Die Kolleg_innen, die diese Interviews führen, haken zu wenig nach. In einem RND-Interview (Abre numa nova janela), das Anfang Juli erschienen ist, sagte beispielsweise Armin Laschet, Kanzlerkandidat der CDU/CSU: „Wir haben den Schülerinnen und Schülern viel zugemutet, und ihren Eltern ebenso – gerade den Müttern.“ 

An diese Antwort schließt jedoch keine Frage an, wie gerade die Mütter in den nächsten Monaten besser unterstützt werden sollen oder wie gutgemacht wird, auf was sie verzichten mussten. Auf Laschets Zugeständnis, dass Eltern viel zugemutet wurde, folgt direkt eine Frage zur Maskenpflicht, statt Dinge zu fragen wie:

  • Was planen Sie, sollten Sie Kanzler werden, damit in der nächsten Krise Mütter nicht stärker belastet werden als Väter?

  • Wie unterstützt man Wissenschaftlerinnen (Abre numa nova janela), die im vergangenen Jahr viel weniger publiziert haben als ihre Kollegen? 

  • Wie kann Politik den Gender-Care-Gap schließen, der auch die beruflichen Chancen und die finanzielle Absicherung von Frauen und Männern ungleich verteilt hält?

  • Wie wird Branchen geholfen, in denen vor allem Frauen ihre Jobs verloren haben (Abre numa nova janela)?

Ich träume ja von einem TV-Format, in dem feministische Journalist_innen die Kandidat_innen vor der Bundestagswahl grillen. Solange wir das nicht bekommen, würde ich mich schon freuen, wenn es in Interviews tatsächlich substantielle Antworten gäbe, statt zu wiederholen, was alle, die es betrifft, längst wissen. Dass Armin Laschet wiederholt, dass Eltern viel zugemutet wurde, ohne zu sagen, wie es besser wird, hat keinen Informationswert.

Die Autorin Susanne Mierau twitterte (Abre numa nova janela) am Donnerstag:, „In Anbetracht der steigenden Zahlen und den sich dem Ende nähernden Schulferien, habe ich gerade die zweite Anfrage für ein Buch abgesagt. Weil ich weiß, dass ich einen solchen Herbst/Winter nicht nochmal so durchziehen kann.“ 

In der Antwort auf ihren Tweet finden sich zahlreiche Schilderungen von Menschen, die ihre Arbeitszeit bereits im vergangenen Jahr reduziert haben und weiter nach unten gehen werden. Oder die gern mehr arbeiten würden, es sich für Herbst und Winter aber nicht zutrauen. Die Referendariate verschoben haben oder den Start in die Selbstständigkeit bzw. ihre Selbstständigkeit sogar aufgegeben haben. Die ihre Jobs gekündigt haben, weil die Doppelbelastung zu viel war, und noch zögern, sich neu zu bewerben.

Die Soziologin Michaela Mahler ordnet den Tweet von Susanne Mierau so ein (Abre numa nova janela): „Die Pandemie zerstört Existenzen und Karrieren von Müttern. Solange die Zahlen hoch sind, werden viele Eltern ihre Kinder trotz offener Schulen und Kitas zu Hause betreuen. Keine einzige Partei, die zur Wahl antritt, äußert sich, wie sie die Pandemie in Zukunft managen will.“

Damit, dass die Pandemie auch die Berufswege und finanzielle Existenz mancher Eltern, insbesondere die von Müttern, erschwert, beschädigt, unterbrochen oder beendet hat, dürfte sie Recht haben und es macht mich sauer, dass im Herbst weitere Eltern hinzukommen werden, deren berufliche Pläne von Quarantänen und Home-Schooling verschluckt werden, da in den letzten Wochen zu wenig dafür getan wurde, um die Inzidenzen niedrig zu halten und mehr Erwachsene von Impfungen zu überzeugen. Und dass eineinhalb Jahre nach Pandemie-Beginn in den wenigsten Kitas und Klassenzimmern Luftfilter stehen, womit erklärt man das eigentlich? Mit „Kitas und Schulen haben oberste Priorität“ (Abre numa nova janela) eher nicht.

Und nein, man gewinnt keine Zeit, sich mal voll und ganz den Kindern zu widmen, wenn man pandemie-bedingt nicht mehr arbeiten kann. Eltern, die ihre Jobs oder Aufträge verlieren, Abschlussarbeiten oder Ausbildungen abbrechen müssen, weniger Einkommen haben und Kontakt zu Kolleg_innen verlieren, haben in der vermeintlich freien Zeit vor allem Sorgen, vielleicht auch Wut, spüren Ohnmacht. Die Art von Eltern zu sein, die man gern wäre, gelingt besser ohne Sorgen, mit finanzieller Sicherheit und mit genügend Zeit – für sich selbst und andere.

Die neuen Lücken in den Lebensläufen von Eltern entstehen auch, weil das politische Pandemie-Management sich für diese Lücken und ihre Folgen nicht interessiert. Das wäre das viel relevantere Lebenslauf-Thema des Wahlkampfes.  

Wenn das erste Schuljahr meiner Tochter im Herbst Zuhause stattfinden wird, steht dann bald in meinem CV statt einer Lücke: Lehrauftrag. 

Vielleicht biete ich dann statt dieses Newsletters an, mit uns gemeinsam das ABC zu lernen oder Demo-Plakate zu basteln.

Teresa

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