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Fossile Subventionen - die unsichtbaren Klimakiller (bitte in Gruselschrift vorstellen)

Willkommen im Newsletter der Superredaktion – die monatliche Ration konstruktive Perspektiven, positive Botschaften und konkrete Anpackmaterialien für Menschen mit Lust auf Zukunft. Heute (wie immer) mit drei sehr guten Nachrichten und (erstmals) mit einem Blick auf die schlecht genutzten Potentiale des Zuckerbrots Subvention.

Froher werden

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Um aus dieser Grafik den Flächenbedarf für erneuerbare Energien herauszulesen, muss man schon sehr genau hingucken. Weil er so klein ist! Davon machen sich viele Leute kein Bild, deswegen haben wir den Leuten davon ein Bild gemacht. Bzw. von X-User Christian Viktor (Abre numa nova janela) gestohlen und adaptiert, der sich die Mühe gemacht hat, die Daten (Abre numa nova janela) zusammenzusuchen und sehr anschaulich zu visualisieren, für welche Anliegen wir derzeit wieviel Deutschland verbrauchen.

2023 sind die Investitionen in saubere Technologien in den USA gegenüber dem Vorjahr um satte 40% auf 239 Milliarden Dollar gestiegen (Abre numa nova janela) - dank Präsident Bidens sogenanntem Inflation Reduction Act. Der Name klingt auf den ersten Blick gar nicht nach sauberen Technologien, nichtsdestotrotz bedeutet dieses Maßnahmenpaket großzügige finanzielle Unterstützung zum Beispiel für Unternehmen in der Speicher- und Solarbranche, oder für Privatleute, die in elektrische Autos oder Wärmepumpen investieren – und ganz offenbar wirkt’s.

Das Dickste zuletzt, wirklich und wahrhaftig ein historischer Moment: Laut dem international renommierten Finanzdaten-Dienstleister Bloomberg NEF war 2023 das Jahr, in dem die Welt den Höhepunkt (Abre numa nova janela) der Emissionen überschritten hat. Das bedeutet: Von jetzt an geht es bergab mit dem weltweiten CO2-Ausstoß. Und zwar selbst dann, wenn wir nichts weiter tun, als die Weltwirtschaft ohne neue Maßnahmen einfach weiter weltwirtschaften zu lassen. Allerdings dann viel zu langsam und mit Kurs in eine mit 2,6° Erwärmung viel zu heiße Zukunft mit Katastrophen und Elend für Milliarden Menschen.

Aber: Der Unterschied zwischen dem Weiter-so und einem realistischen Pfad in Richtung unter zwei Grad Erderwärmung beträgt nur noch läppische 35 Billionen Dollar an Investitionen. Das ist nicht ironisch gemeint. Die Summe ist natürlich unvorstellbar groß, aber die Welt ist es auch - und im Übrigen entspricht das dem Betrag, den diese große Welt derzeit innerhalb von nur fünf Jahren in fossile Subventionen gießt. Leisten können wir uns das also allemal, und anders als die fossilen Subventionen wäre das eine Investition, die unfassbare Renditen verspricht: Ausgezahlt in Gesundheit, in Zukunft, in Gemeinwohl, in vermiedenen Schäden in astronomischer Höhe – und sogar in echtem, hartem, kaltem Geld (Abre numa nova janela).

Das Thema

  • Deutschland gibt jährlich 65 Milliarden für umweltschädliche Subventionen aus, die aktiv zur Zerstörung unserer Lebensgrundlagen beitragen.

  • Mit diesem Geld könnten wir stattdessen mächtige Anreize setzen, die unsere Gesellschaft zukunftstauglich machen helfen.

  • Als Individuum haben wir darauf keinen Einfluss; als mündige Bürgerinnen und Bürger, die am 9.6. wählen gehen, hingegen schon.

Reden wir über Klimaschutz und unsere Verantwortung gegenüber den kommenden Generationen, springt bei vielen Menschen das schlechte Gewissen an. Weil sie Auto gefahren sind, weil sie die Tomaten aus Spanien gekauft haben oder oder oder. Unproduktiv an diesem Reflex ist, dass er uns eher lähmt als ins Handeln bringt, und das ist umso tragischer, weil man (Abre numa nova janela) uns ohnehin überzogene Vorstellungen von der Wirksamkeit unserer Konsumentscheidungen eingeredet hat.

Dein Fußabdruck hat eine Mindest-Schuhgröße

Klingt jetzt nach einem Ausrede-Generator für die Hedonistenpartei Deutschlands, aber selbst mit klimatisch sehr vorbildlichem Lebenswandel ist es in Deutschland schwer, unter 4 Tonnen CO2-Emissionen im Jahr zu kommen, was leider immer noch viel zu viel ist.

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Derzeit sorgen selbst die klimafreundlichsten (Abre numa nova janela) 10% der Bevölkerung Deutschlands für durchschnittlich 7 Tonnen Emissionen pro Kopf und Jahr - darunter ein kleiner Teil nicht-fliegender, radelnder, vegan lebender Überzeugter und ein großer Teil von Menschen, die einfach nicht genug Geld für Autos, Flugzeuge und ständig Steaks haben, bei denen Klimaschutz also eine Funktion von Armut (Abre numa nova janela) ist.

Für eine Welt mit Zukunft müssen wir runter auf unter eine Tonne - erst dann passen unsere Emissionen zur Aufnahmekapazität des Planeten, und die Erde hört auf, sich weiter aufzuheizen.

Damit das gelingt, brauchen wir überzeugte Individuen, die vorangehen, ihren Lebensstil an den wirklich wirksamen Stellen ändern (Tomaten aus Spanien versus Tomaten aus Buxtehude ist aus Klimasicht zum Beispiel weitestgehend wurscht; gelegentlich für Pflanzenschnitzel versus Rindersteak entscheiden hingegen ist ein Riesending (Abre numa nova janela), egal von wo der Kram kommt) und dabei so cool aussehen und sympathisch sind, dass sie andere zum Nachmachen inspirieren.

Aber das allein reicht nicht aus, es ist nicht einmal der größte Teil des Problems - und auf den haben individuelle Kaufentscheidungen bestenfalls einen indirekten Einfluss. Denn wir müssen parallel das fossile System abschaffen. Aber wie schaffen wir ein so stark mit der ganzen Gesellschaft verwobenes System ab? Wie ersetzen wir Kohlekraft durch Erneuerbare, Diesel durch E-Autos und Ölheizung durch Wärmepumpen für ein ganzes Land, wie krempeln wir die Landwirtschaft um, damit sie nicht weiter den Planeten auffrisst, während sie uns ernährt?

Jedenfalls nicht, indem fossile Brennstoffe und Maschinen künstlich günstig gehalten werden.

Unehrliche Preisschilder

So verzichtet (Abre numa nova janela) Deutschland zum Beispiel auf Steuereinnahmen von 8,5 Milliarden Euro, die wir gut in ordentliche klimapolitische Maßnahmen investieren könnten, nur damit Dieselkraftstoff nicht mit 76 Cent, sondern mit 47 Cent pro Liter besteuert wird.

Auf 100 Kilometer bedeutet das für deutsche Diesel-PKW etwa 2 Euro weniger Kosten. Natürlich wirkt sich das darauf aus, ab wann das Batterieauto den direkten Preisvergleich (Abre numa nova janela) mit dem Verbrenner für sich entscheidet. Und wir wollen doch eigentlich weniger fossile Autokilometer und mehr elektrische?

Rechnen wir jetzt noch ein, wie viele Klimafolgeschäden durch das Verbrennen allein des Diesel-Kraftstoffs (Abre numa nova janela) entstehen (27,2 Milliarden Euro (Abre numa nova janela)), rückt der Steuernachlass in ein noch absurderes Licht. Und zudem noch in ein recht trübes, denn sowohl die Steuervergünstigung als auch diese Kosten sind für uns an der Zapfsäule vollkommen unsichtbar.

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Steuern sollen steuern

Grundsätzlich soll von der Energiesteuer, wie von allen Steuern, eine bewusste Lenkungsfunktion ausgehen. In diesem Falle handelt es sich um eine Anregung zum Energiesparen: Je mehr Energie etwas verbraucht, desto höher die Steuer.

Dass ich an der Tankstelle für einen Liter Benzin aktuell mehr bezahle, obwohl er weniger (Abre numa nova janela) CO2 verursacht als ein Liter Diesel, widerspricht diesem Konzept und ist daher nicht sonderlich intuitiv.

Und das ist noch eine recht gut bekannte Subvention. Die Liste der Entlastungen im Energiesektor ist so lang und unübersichtlich, dass sie ungleich besser versteckt sind. Produkte aus Chemiegrundstoffen (typischerweise Kunstfasern, Nylon, Papier, Farben, Lacke, Holzschutzmittel – also richtig viel Zeug) sind durch die „Energiesteuerbefreiung für die nichtenergetische Verwendung fossiler Energieträger“ entlastet (Abre numa nova janela), „stromintensive Unternehmen“ bekommen Zuschüsse und zahlen zudem weniger Netzentgelte, sodass alle Produkte dieser Unternehmen billiger im Regal stehen.

Insgesamt fließen in Deutschland über alle Sektoren hinweg umweltschädliche (Abre numa nova janela) Subventionen (müssten die nicht eigentlich weltschädliche Subventionen heißen?) im Wert von über 65 Milliarden Euro jährlich.

Jede einzelne dieser Subventionen hat eine Geschichte, und jede einzelne mag zu einem früheren Zeitpunkt mal sinnvoll gewesen sein. Die Vergünstigung für Diesel zum Beispiel stammt aus den 1990ern und sollte vor allem den Gütertransport unterstützen, der zu einem großen Teil mit Dieselfahrzeugen stattfindet. Heute sind Diesel-PKWs viel weiter verbreitet - auch und gerade dort, wo teure, dicke Autos für viel Geld gefahren werden. Und es werden diejenigen am meisten durch die Vergünstigung belohnt, die mit diesen Autos die meisten Kilometer fahren, also Klima und Atemluft (Abre numa nova janela) den meisten Schaden zufügen.

Was wir fördern vs. was wir wollen

Es lohnt sich eine Rückbesinnung darauf, wofür Subventionen eigentlich existieren: Sie sollen dem Staat dabei helfen, die gewaltige Schaffenskraft der wirtschaftlichen Aktivität in einem Land auf die Ziele zu richten, die eine Gesellschaft erreichen will. Und über ein paar unserer Ziele besteht eigentlich ein ziemlich klarer Konsens: Wir wollen alle eine Zukunft, in der wir und unsere Nachkommen ein gutes Leben in Gesundheit und Wohlstand führen können. Wenn die Politik also Preise künstlich drückt und andere Maßnahmen trifft, die es uns leichter machen, bestimmte Lebensstil-, Investitions- und Unternehmensentscheidungen zu treffen, dann sollten das nach Möglichkeit diejenigen Entscheidungen sein, die uns diesem Ziel näher bringen und nicht das Gegenteil.

Denn so stehen wir mit all unserem guten Willen für den Planeten im Baumarkt und entscheiden uns ahnungslos für den günstigen Kerzenständer aus Aluminium, der nur scheinbar günstig ist, weil ein Teil der Kosten über Vergünstigungen auf die Allgemeinheit umgelegt wurde.

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Fossile Subventionen sind also so etwas wie das Gegenteil von Nachhaltigkeitslabeln auf Produkten. Während mich die gut sichtbare Info über die Energieeffizienzklasse A des Toasters oder der Umstand, dass ich ein pflanzliches Schnitzel in der Hand halte, dazu motivieren, es aus Klimasicht eher zu kaufen, motiviert mich die unsichtbare fossile Subvention, ein besonders schädliches Produkt zu bevorzugen, und, wichtiger:

Sie ermuntert Unternehmerinnen und Unternehmer, das Riesenschiff der deutschen Wirtschaft, an dem so viel mehr Zukunft dranhängt als an einzelnen Kaufentscheidungen, weiter auf Kurs in die falsche Richtung zu halten – wenn sie stattdessen dazu ermuntern könnten, unseren Beitrag zu den oben erwähnten läppischen 35 Billionen Dollar Investitionen in saubere Technologien zu leisten, die wir dringend brauchen.

Das Treffen guter Entscheidungen im gesellschaftlichen Sinne wird so bewusst erschwert, ärgerlich. Und zu ändern ist das für uns als Einzelmenschen nicht, doof.

Als Bürgerinnen und Bürger einer Demokratie aber schon!

Überraschung: Ein Wahlappell

Wer fortan nicht mit einer extrem komplizierten Excel-Tabelle einkaufen gehen möchte, kann nämlich Abhilfe schaffen, indem er oder sie wählen geht.

In den USA (siehe oben) sehen wir gerade sehr eindrucksvoll, wie eine entschlossene Politik die gigantischen Transformationskräfte der Wirtschaft entfalten helfen kann.

Bei uns hingegen ist die Europäische Union in Sachen große Klimapolitik der Ort, wo die Musik spielt: Auf der Welle eines klimafreundlichen Wahlergebnisses 2019 reitend, ist es dem aktuellen EU-Parlament gelungen, mit dem Green Deal (Abre numa nova janela) Rahmenbedingungen zu schaffen, die den Kurs Europas Richtung Zukunft um mehr als ein Grad Erhitzung nach unten korrigiert (Abre numa nova janela) haben - der Abbau klimaschädlicher Subventionen ist Teil dieses Pakets. (Natürlich sind über zwei Grad immer noch deutlich zu viel, aber weiß Gott viel besser als über drei). Dahinter dürfen wir keinesfalls zurückfallen, im Gegenteil: Es gilt, das entstandene Momentum zu nutzen und zu verstärken.

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Und, so ein Zufall, bei uns hörst du es zuerst:

Am Sonntag, den 9. Juni wählen wir das nächste EU-Parlament!

Mitmachen und eine Partei wählen, die sich ambitioniert hinter den Green Deal stellt (und andere zum Wählen motivieren (Abre numa nova janela)!) ist daher das Wichtigste, was du dieses Jahr für den Planeten (und, in einem super-effizienten Doppelschlag, für die Demokratie!) tun kannst.

Welche Parteien das sind, kannst du dir zum Beispiel beim Wahl-O-Mat (Abre numa nova janela) der Bundeszentrale für politische Bildung anschauen, oder mit noch stärkerem Fokus auf wissenschaftlich sattelfeste Klimapolitik beim Science-O-Mat (Abre numa nova janela) von den Scientists for Future.

Und selbst wenn du dir danach ein paar spanische Tomaten und ein Steak reindrückst, während du mit 230 Sachen über die Autobahn dieselst: Nicht einmal das kann deinem diesjährigen Gesamt-Klimaverdienst groß etwas anhaben.

Noch sechs Tage bis zu einem der größten demokratischen Ereignisse des Planeten.

Wer willst du gewesen sein?

Freunde treffen

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Eine gute Debatte besteht aus einem rein sachlichen Austausch von Argumenten, und das beste, in sich schlüssigste, belastbarste, vernünftigste Argument gewinnt? Das ist es, was wir immer noch voneinander erwarten: dass wir Vernunftswesen sind. Dabei hat vor über zehn Jahren schon der großartige Daniel Kahnemann, Wirtschaftspsychologe und Nobelpreisträger, die weit verbreitete Idee, dass Menschen mehrheitlich vernunftgeleitete und entsprechend vorhersagbare Entscheidungen treffen, spektakulär über den Haufen (Abre numa nova janela) geworfen.

Und wir sehen ja selbst jeden Tag, wie die zweifellos richtigen, 1000fach geprüften, von Klimawissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern mit zunehmender Fassungslosigkeit 100000fach täglich in die Welt gerufenen Wahrheiten allein einfach nicht die Überzeugungskraft entfalten, die sie eigentlich selbstverständlich entfalten müssten – weil sie ja stimmen, natürlich stimmen sie, das muss doch reichen! – um als Gesellschaft ins Handeln zu kommen.

Die Neurowissenschaftlerin Maren Urner, mit der wir in verschiedenen Formaten zusammenarbeiten und deren Arbeit maßgeblich den Kommunikationsstil der Superredaktion mitgeprägt hat, hat ein neues Buch (Abre numa nova janela) geschrieben, in dem sie uns erklärt, dass und warum das nicht der Fall ist – und wie wir durch die gegenseitige Anerkennung der emotionalen, nicht rationalen Aspekte unserer Überzeugungen und Ängste zu einem produktiveren Debattenstil und zu einer wirksameren Politik zurückfinden können.

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