Der traurige Riese in Elric und Elden Ring
Ich genieße gerade jede Minute in diesem Elden Ring: Shadow of Erdtree und habe das Gefühl, vielleicht die Hälfte gesehen zu haben. Mein Notizbuch füllt sich mit Hinweisen auf Messmer und seinen erbarmunglosen Kreuzzug des Feuers, ich habe etwas über seine Gefährtin Rellana erfahren und schmerzhafte Bekanntschaft mit ihren Schwertern gemacht.
Natürlich wird gerne über diese Bosse und ihre Manöver gesprochen, aber viel interessanter sind für mich die stillen magischen Momente und die kulturhistorischen Bezüge in diesem Abenteuer. Wenn man sich Zeit lässt, kann man im Schatten des Erdenbaums so einige kleine Schätze entdecken, wie z.B. einen traurigen Steingolem in einer alten Schmiedehöhle.
Während seine Artgenossen mit Feuerkörben langsam durch die Gänge stampfen und im Zweifel wuchtig angreifen, sitzt er da unbeteiligt in einer Ecke - und streichelt tatsächlich eine Lavaschnecke. Er krault das Feuerwesen fast zärtlich und wenn man später näher herangeht, erkennt man wie dieser steinerne Hüne in seiner Schmiedeweste atmet, still da sitzt und nicht angreift.
Geht man um ihn herum, erkennt man die Schwachstelle in seinem Rücken. Mit einem schweren Hieb könnte man ihn dort empfindlich treffen. Aber ich hatte keine Lust auf diese hinterhältige Attacke und ließ ihn in Frieden. Diese Szene weckte Erinnerungen an eines der finalen Kapitel aus Elric (zur Rezension (Abre numa nova janela)). Es heißt "Der Schild des traurigen Riesen" und dort verzichtet der Albino auf Gewalt.
Und das, obwohl er - ähnlich wie Spieler in Elden Ring - über die Macht verfügt, Dämonen und Halbgötter zu vernichten. Als der Riese ihm den so wichtigen Schild kampfesmüde übergibt, lässt er in ziehen. Aber während man sich über diese Gnade wundert, denn Elric befand sich in einem Blutrausch, wird der Riese von seinem Freund Mondmatt hinterrücks ermordet...
Selbst wenn sich diese Szenen nicht direkt vergleichen lassen, haben sie für eine ähnliche atmosphärische Verdichtung gesorgt, für eine Art Schönheit im Schrecken, für die ich beide Vertreter der Phantastik sehr schätze. Ohnehin habe ich in einigen Situationen das Gefühl, als würde ich beim Lesen von Michael Moorcock und Spielen von Hidetaka Miyazaki dieselbe Melodie hören.
Wenn Elric mit seinem Schwert Sturmbringer durch die Seufzende Wüste reitet und sich durch dutzende Kreaturen des Chaos metzelt, bis er im Finale eines Kapitels selbst Höllenfürsten entgegen tritt, kann man sich selbst in Malikeths schwarzer Rüstung mit einem Großschwert auf Torrent galoppieren sehen. Wobei das Abenteuer für den Albino ungleich schwieriger und schmerzhafter ist.
Trotzdem steckt auch in Elden Ring die Tragik von Tod und Verlust (zur Vertiefung (Abre numa nova janela)), auch hier können manche Siege bitter schmecken und die Rettung dieser verfluchten Zwischenlande erscheint einem fast unmöglich. Auf jeden Fall spielen beide, der Fantasyroman und dieses Action-Rollenspiel, eine ähnlich dämonische und melancholische Ballade der Sword & Sorcery.
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