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Game Studies: The Art of Failure (Jesper Juul)

Was denken Soziologen, Philosophen und Kulturwissenschaftler über Spiele? Über was wird in den Game Studies diskutiert? Ich habe diese Reihe mit Auf Abwegen - Folk horror, Videospiel und das Problem der Natur (Abre numa nova janela) von Daniel Illger begonnen. Es gibt dazu unter Berichte eine eigene Kategorie (Abre numa nova janela), in der alle Erkundungen und Podcasts über Game Studies einsortiert werden.

Diesmal geht es um einen Aufsatz von Jesper Juul, einem der frühen Pioniere der Game Studies. Er regte seit 1998 mit seinen Betrachtungen in „A Clash Between Game and Narrative (Abre numa nova janela)“ eine länger währende, mittlerweile befriedete Debatte zwischen den so genannten Ludologen und Narratologen über die Frage an, wie man und wer eigentlich Spiele wissenschaftlich analysieren sollte.

Ich verkürze das: Juul plädierte zusammen mit Gonzalo Frasca für eine von der klassischen Literatur-, Theater- oder Filmwissenschaft unabhängige Spielerforschung namens Ludologie, u.a. weil Videospiele ganz anders sind als Bücher oder Filme - und z.B. ohne Text, Dialog oder Story auskommen könnten. Und es gibt noch etwas, das sie (zumindest auf den ersten Blick) unterscheiden könnte: Die seltsame Lust am Scheitern.

(Abre numa nova janela)

In seinem Aufsatz The Art of Failure: An Essay on the Pain of Playing Video Games (Abre numa nova janela) erläutert Juul, dass es nicht in erster Linie der Spaß ist, der uns zum Spielen animiert. Denn man sieht ja nicht immer glücklich, froh oder beseelt aus, wenn man zockt. Im Gegenteil, wie Juul am Beispiel der rhythmischen Echtzeit-Strategie Patapon erläutert, die 2007 für PSP und 2017 für PS4 erschien:

"Ich habe Patapon gespielt. Alles lief gut, aber als ich in die Wüste kam, begann meine Taktik zu versagen. Ich wiederholte die vertraute Abfolge von Tastendrücken, aber meine Krieger verbrannten weiterhin in der Sonne; ich scheiterte im Level; ich versuchte es erneut. Ich konnte dem Spiel nicht entnehmen, ob mein Timing nicht stimmte, ob ich die falsche Reihenfolge verwendete oder ob etwas ganz anderes falsch war. Ich legte das Spiel weg; ich kehrte zurück; ich legte es wieder weg. Ich fühlte mich nicht besonders gut dabei. Ich mag es nicht, wenn ich versage, manchmal so sehr, dass ich mich weigere zu spielen, aber meistens kehre ich zurück und unterwerfe mich einer Reihe von unglücklichen Misserfolgen, um wieder einmal ein Gefühl zu suchen, das ich zutiefst fürchte.“

Er geht der Frage nach, ob wir vielleicht deshalb so gerne spielen, weil wir die Niederlage erleben wollen? Und zwar deshalb, weil das Verlieren im Spiel nicht mit dem Scheitern gleichbedeutend ist, das in der Realität meist negative Konsequenzen nach sich zieht. Im Spiel muss man sich angesichts seiner Beschränktheiten und Fehler keine Gedanken machen, weil man die Gewissheit hat, dass man sich mit jedem neuen Versuch steigern kann - man denke an die Lust an Abenteuern wie Dark Souls:

"Man kann mit Sicherheit sagen, dass der Mensch grundsätzlich den Wunsch hat, erfolgreich zu sein und sich kompetent zu fühlen, aber die Spieler haben sich für eine Tätigkeit entschieden, bei der sie mit ziemlicher Sicherheit scheitern und sich inkompetent fühlen werden, zumindest einige Zeit lang. Wir wissen sogar, dass Spieler Spiele bevorzugen, bei denen sie versagen."

Daraus erstellt Juul das Paradoxon des Scheiterns...

"1. Wir vermeiden im Allgemeinen das Scheitern.

2. Wir erleben Scheitern, wenn wir Spiele spielen.

3. Wir suchen Spiele, obwohl wir etwas erleben, das wir normalerweise vermeiden."

...und zieht interessanter Weise einen Vergleich zu Theater, Büchern und Filmen:

"Dieses Paradoxon des Scheiterns ist eine Parallele zu dem Paradoxon, warum wir tragische Theaterstücke, Romane oder Filme konsumieren, obwohl sie in uns Traurigkeit, Angst oder sogar Ekel hervorrufen. Wenn dies auf den ersten Blick nicht nach echten Paradoxien klingt, liegt das einfach daran, dass wir uns so sehr an ihre Existenz gewöhnt haben, dass wir manchmal vergessen, dass es sich überhaupt um Paradoxien handelt. Das gemeinsame Rätsel besteht darin, dass wir im Allgemeinen versuchen, die unangenehmen Gefühle zu vermeiden, die wir bekommen, wenn wir von einem traurigen Ereignis hören oder wenn wir bei einer Aufgabe versagen. Und doch suchen wir aktiv nach diesen Gefühlen in Geschichten, Kunst und Spielen."

Allerdings gibt es einen Unterschied zwischen dem passiv beobachteten Scheitern einer letztlich fremd gesteuerten Figur in einem Film und dem aktiv erlebten einer selbst gesteuerten Figur in einem Spiel:

"Das Paradoxon der Tragödie wird üblicherweise mit dem Begriff der Katharsis von Aristoteles erklärt, der behauptet, dass wir in unserem normalen Leben unangenehme Emotionen erleben, dass aber durch das Erleben von Mitleid und Angst in einer fiktiven Tragödie diese Emotionen schließlich aus uns herausgelöst werden. Dies trifft jedoch nicht auf Spiele zu - wenn wir eine demütigende Niederlage erleben, sind wir tatsächlich von Gefühlen der Demütigung und Unzulänglichkeit erfüllt. Spiele löschen diese Emotionen nicht aus uns heraus - sie erzeugen diese Emotionen überhaupt erst."

Ich begebe mich jetzt wieder in die Labyrinthe von Dungeons of Dreadrock 2 (mehr dazu in der Vorschau für November (Abre numa nova janela)) da stecke ich nämlich mit meiner Magierin fest, sterbe andauernd in letzter Sekunde und habe gestern Abend so laut geflucht, dass meine Frau meinte: Okay, das scheint dir Spaß zu machen...

The Art of Failure: An Essay on the Pain of Playing Video Games (Abre numa nova janela) von Jesper Juul ist als 172-seitiges englischsprachiges Buch für 25 Dollar bei Playful Thinking erschienen; das erste Kapitel ist hier lesbar (Abre numa nova janela).

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Tópico Erkundung

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