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#67 Suffiziente Wohnkultur

ganz neu ab 21.01.25: Die Bundesregierung hat ihre “Handlungsstrategie Leerstandsaktivierung” (Abre numa nova janela) mit der neuen homepage “Region gestalten” (Abre numa nova janela) vorgestellt - speziell für die ländlichen Regionen.

Interview im Rahmen des Forschungsprojektes

https://www.bis-berlin.de/suwoku (Abre numa nova janela)

Auf der Münchner Messe BAU 2025 wurde der aktuelle Projektstand der Öffentlichkeit vorgestellt.

Als Interviewpartnerin durfte ich mich an folgender Fragestellung beteiligen:

Meine 19 Antworten aus den persönlichen Erfahrungen als Rechtsanwältin, Projektberaterin und Vorstandsmitglied des FORUM Gemeinschaftliches Wohnen e.V., Bundesvereinigung finden Sie im kursiven Text.

Wille

Ein häufiges Argument gegen Veränderungen im Wohnumfeld älterer Menschen ist, dass "die Leute das doch gar nicht wollen" und "einen alten Baum verpflanzt man nicht". Diese Aussagen spiegeln die Herausforderung wider, den richtigen Zeitpunkt für Veränderungen zu erkennen und die notwendigen Hilfestellungen zu bieten, damit diese Veränderungen auch umsetzbar sind.

1. Veränderungen im Wohnumfeld müssen zum richtigen Zeitpunkt erfolgen, um erfolgreich zu sein. Welche Faktoren bestimmen diesen Zeitpunkt?

Bei Menschen über 80 Jahren gibt es häufig ungewollte Veränderungen - bedingt durch Unfall oder Krankheit mit anschließendem Pflegebedarf. In akuten Situationen erlaubt das Einfamilienhaus mit Schlafzimmer im ersten Stock und ungeeignetem Badezimmer keine Versorgung. Vom Krankenhaus geht es direkt in eine geeignete Einrichtung. Der erzwungene Umzug ist unvermeidbar, obwohl die Bewohnerinnen zuvor stets auf Selbstbestimmung bestanden haben.

In solchen Fällen kann jahrelanger Leerstand drohen. Die Eigentümerin im Pflegeheims ist zwar geschäftsfähig, ist aber überfordert. Ohne eine Vorsorgevollmacht gibt es keinen juristisch berechtigten Vertreter für Vermietung oder Verkauf. Später kann sich die Erbengemeinschaft nicht auf eine Lösung einigen.  

Es ist wichtig, die Bestandseigentümer davon zu überzeugen, dass sie nicht auf den "richtigen Moment" warten sollten, sondern ihre Situation strategisch und langfristig planen und Vorsorgeregelungen treffen müssen.

Menschen ab 55+ Jahren stellen dafür die ideale Zielgruppe dar – sei es für sich selbst oder für ihre Eltern. Diese Zielgruppe, zwischen Eltern und Kindern, kann die „Wohnfrage“ aktiv gestalten.

Positive Beispiele aus dem Freundeskreis oder belastende Erfahrungen mit den Eltern sind dabei äußerst motivierend. VHS oder Bildungswerke bieten schon jetzt Vorträge und Exkursionen an, die thematisch gut passen und auf die man aufbauen kann.

Je früher, desto besser sollte die Devise lauten. Es gibt nicht den idealen Zeitpunkt für Veränderungen; vielmehr handelt es sich um einen Prozess, der sich über einen längeren Zeitraum erstrecken kann. Man kann dies als Abenteuerreise und Phase der Selbstfindung und Selbstbestimmung betrachten.

2. Wie können wir sicherstellen, dass ältere Menschen die Unterstützung erhalten, die sie benötigen, um Veränderung zu wagen?

Für die Generation 80+ stehen Barrierefreiheit und Alltagshilfen im Vordergrund der Gespräche. Oftmals sind bereits kleine bauliche Anpassungen und die Unterstützung durch Nachbarn ausreichend, um den Alltag zu erleichtern. Der Erstkontakt sollte über bestehende lokale Strukturen wie Pflegestützpunkte, Diakonie, Caritas oder Quartiersmanagement erfolgen, da diese eine vertrauensvolle Basis bieten. Auf dieser Grundlage können auch größere Veränderungen angestoßen werden.  

Die Generation 55+ ist meist in der Lage, sich selbstständig zu informieren. Oft genügt es, nach Angeboten zu googeln, um die gewünschten Informationen zu finden. Viele Veranstaltungen findet man beispielsweise unter
https://www.wohnprojekte-portal.de/veranstaltungen-bundesweit/ (Abre numa nova janela)
Eine gewisse Mobilität ist aber notwendig, um z.B. Wohnprojekte-Tage zu besuchen. Es gibt aber auch viele digitale Angebote und Bücher. 

3. Wie können ältere Menschen motiviert werden können, ihre Wohnsituation zu verändern? Welche Rolle spielt dabei das Bewusstsein für Nachhaltigkeit?

Mit dem Begriff „Nachhaltigkeit“ kann die Generation 80+ nichts anfangen. Ökologische Aspekte spielen keine Rolle. Monetäre Grenzen oder Einsamkeit werden als unveränderlich wahrgenommen.

Die gute Ansprache könnte lauten: „Du hast so viel Liebe und Mühe in dein Haus gesteckt. Möchtest du es nicht
in gute Hände weitergeben? Lass uns gemeinsam darüber nachdenken.“

Die Weitergabe innerhalb der Familie oder an eine Stiftung, die das Erbe nicht sofort gewinnbringend veräußert, könnte eine emotionale und sinnvolle Alternative sein. Zu nennen sind beispielsweise Stiftung trias (Abre numa nova janela) oder Münchner Stiftung „Daheim im Viertel“ . (Abre numa nova janela) Trotz juristischer Weitergabe kann auch ein Verbleib mit dem Käufer vereinbart werden (Wohnrecht).

Wenig bekannt sind die „Genossenschaftlichen Immobilienagenturen“ (z.B. GIMA Frankfurt (Abre numa nova janela)), die Bestandsimmobilien an Genossenschaften, Stiftungen oder an kommunale Wohnungsunternehmen vermitteln. Diese Agenturen können sich gerne bundesweit ausbreiten.

Bei der Generation 55+ spielt das Sharing-Prinzip eine Rolle. Die individuelle Wohnfläche kann reduziert werden, wenn ein großzügiger Gemeinschaftsraum für Familienfeiern zur Verfügung steht. Oft gibt es auch einen Werkraum, der mit Werkzeugen zur gemeinschaftlichen Nutzung ausgestattet ist. Zudem wird ein eigenes Auto weniger notwendig, wenn Carsharing-Modelle und Lastenfahrräder zur Verfügung stehen. Eine dezentrale Energieversorgung oder digitale Kommunikationsplattform werden gemeinsam umgesetzt. 

4. Welche Strategien haben sich als erfolgreich erwiesen, um die Nachfrage nach Wohnraum in ländlichen Gebieten zu steigern?

Im ländlichen Raum gibt es Leerstand und gleichzeitig einen erheblichen Mangel an barrierefreiem Wohnraum, der eine Pflege bis zum Lebensende ermöglicht. Die vertraute Umgebung spielt dabei eine entscheidende Rolle. Wenn Senior:innen nicht die Möglichkeit haben, geeignete Wohnformen selbst zu besichtigen und zu erleben, bleibt die Nachfrage gering. Erfolgreiche und realisierte Projekte im gleichen Dorf oder Quartier sind der beste Weg, um das Interesse zu wecken. Dadurch könnte die Nachfrage schnell das Angebot übersteigen.

Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend in Kooperation mit dem FORUM Gemeinschaftliches Wohnen e.V. fördert verschiedene Modellprogramme. Aktuell läuft das Modellprogramm "AGIL - altersgerecht gemeinschaftlich und inklusiv leben" (Abre numa nova janela).
Fortbildungen und Exkursionen sind sehr wichtig. Insbesondere Bürgermeister, Gemeinderäte und Vertreter der Verwaltung sollten eingeladen werden. 

Von Modell- und Pilotprojekten können Kommunen und Träger in hohem Maße profitieren. Bürgermeister und lokale Akteure müssen offen sein für Veränderungen. Leerstand ist kein unlösbares Problem. Über “Starke Orte Netzwerk” vom „Netzwerk Zukunftsorte“ (Abre numa nova janela)läuft schon viel Wissenstransfer. Veranstaltungen wie „Summer of Pioneers“ (Abre numa nova janela) sind eine tolle Basis für Kooperationen.

5. Welche Ansätze haben sich in der Praxis bewährt, um Investoren für gemeinschaftliche und suffiziente Wohnprojekte zu interessieren?

Die aktuellen Rahmenbedingungen für Neubauten sind wenig attraktiv. Alle Investoren sind verunsichert und warten auf bessere Förderungen oder Erleichterungen im Bausektor. Dies betrifft auch die Bestandsgenossenschaften. Eine Expansion ist derzeit nicht im Fokus; stattdessen stehen bauliche Verdichtung und Modernisierung im Vordergrund.

Für das Thema Suffizienz könnte dies insofern eine günstige Gelegenheit sein. Architekten könnten viel kreativer sein. Mitunter versteckt sie sich hinter baulichen Vorschriften. Tatsächlich bewegt sich gerade einiges zur Vereinfachung baurechtlicher Vorgaben (Stichworte sind Baunutzungsverordnungen und Gebäudetyp E). 

Flexible Grundrisse zur Anpassung an veränderte Bedürfnisse sind immer möglich. Ich habe auf der Messe der Wohnungswirtschaft - Messe Altenmesse einen Vortrag gehört „Wie klein kann ein barrierefreies Single- Appartement sein?“ Ich war beeindruckt, wie aus 56 qm durch geschickte Möblierung und Anordnung der Funktionsflächen nur 30 qm mit hoher Aufenthaltsqualität wurden. Umgekehrt können Jockerzimmer einen höheren Wohnbedarf decken.

Seit dem 1.1.2025 gibt es die neue Wohngemeinnützigkeit im Sinne des § 52 AO. Diese erlaubt gemeinnützigen Organisationen einfacher preiswerten Wohnraum zu schaffen - für spezielle Zielgruppen wie Senioren oder Menschen mit Behinderung und
(neu) für Menschen mit geringen Einkommen.

Jeder Investor, der preiswerten Wohnraum schaffen will, sollte eigentlich automatisch suffizient bauen / umbauen. Jeder Quadratmeter umbauter Raum kostet Geld. Unnötige Technik ist zu vermeiden. Gemeinnützige, die bislang stationäre Einrichtungen oder ambulant betreute Wohngruppen betreiben, sind wahrscheinlich überfordert mit den neuen Möglichkeiten, Wohnraum zu schaffen. Es gibt Überlegungen, ob eine bundesweite Beratungsstelle für diese neuen Investoren sinnvoll und notwendig wäre.

 Langfristig ist die Umnutzung von kirchlichen Immobilien ein interessantes Zukunftsthema. Die Kirchen als Eigentümer von großen Bestandsimmobilien wären ideale Kooperationspartner für gemeinschaftliche suffiziente Wohnprojekte.

6. Welche Strategien können eingesetzt werden, um das Thema gemeinschaftliches Wohnen und suffiziente Wohnformen stärker im öffentlichen Diskurs zu verankern?

Gemeinschaftliche Wohnprojekte haben in den letzten Jahren ein äußerst positives Image erlangt und sind mittlerweile fest in der Mitte der Gesellschaft verankert. Die Unterschiede zwischen den Projekten sind jedoch enorm und variieren stark je nach den Bedürfnissen der Gründerinnen und Bewohnerinnen.

Viele Kommunen vergeben ihre Grundstücke mittlerweile ausschließlich im Vergabeverfahren, bei dem sich Gruppen und Organisationen mit einem durchdachten Konzept bewerben müssen. Auch wenn der Begriff Suffizienz nicht explizit erwähnt wird, sind Wohnprojekte im Grunde genommen suffizient. Sie bieten kleinere individuelle Einheiten, ergänzt durch Gemeinschaftsflächen für alle, ansprechende Verkehrsflächen mit Aufenthaltsqualität, Clusterwohnungen sowie Jokerzimmer, die mehr Flexibilität ermöglichen.

Die Vergabeverfahren werden mit Veranstaltungen begleitet. Das findet in der jeweiligen Region rege Beachtung. 

Zwang

Ein kontroverses Thema im Zusammenhang mit Wohnraum und Suffizienz ist auch immer die Aussage: „jetzt möchten die mir auch noch meine Wohnung wegnehmen“, also einem zwanghaften Verzicht im Gegensatz zum freien Willen. Diese Diskussion beleuchtet die Spannungen zwischen staatlichen Eingriffen und individuellen Entscheidungen, insbesondere im Kontext von Wohnraum und Eigentum. 

7. Wie können wir einen Ausgleich zwischen individuellen Eigentumsrechten und dem gesellschaftlichen Bedarf an Wohnraum schaffen?

Der Schutz des Eigentums ist verfassungsrechtlich verankert. Ab den 1950er-Jahren wurde das Einfamilienhaus massiv beworben und gefördert. Das Einfamilienhaus symbolisiert Lebensqualität und Wohlstand. In der Bestandsimmobilie steckt das eigene Leben mit Erinnerungen. Will man Veränderung anstoßen, muss auf die richtige Ansprache geachtet werden. Es darf niemals der Eindruck entstehen, dass das Lebenswerk des Einzelnen nichts mehr wert wäre.

Die Motivation kann nur erfolgen, indem man Anregungen gibt, wie die aktuelle Lebenssituation verbessert werden könnte (Alltagshilfe, Gesellschaft statt Einsamkeit, Barrierefreiheit), wie Vorsorge für den Pflegefall getroffen werden kann oder wie der Übergang an die nächste Generation erfolgen kann. Das erfolgt ausschließlich über die persönliche Ebene. Der konkrete Helfer / Mieter, die konkrete junge Familie, die das Häuschen kaufen will, müssen passen. Das ist sehr mühsame Überzeugungsarbeit.

Begriffe wie Suffizienz, Nachhaltigkeit oder Verteilungsgerechtigkeit spielen in der Kommunikation mit älteren Immobilieneigentümern keine Rolle und verschrecken nur. Der Shitstorm zum „sog. Heizungsgesetz“ zeigt, wie schlechte Kommunikation das Gegenteil bewirken kann.

Wichtig ist auch, dass in Zukunft - ab sofort - keine neuen Einfamilienhausgebiete ausgewiesen werden und ein Umdenken in der Wohnungspolitik stattfindet.  Das sehe ich leider nicht im aktuellen Wahlkampf.

"Merz plant Massen-Bau von Mini-Häusern" von Bild online

8. Brauchen wir eine neue Rechtsform? Was halten Sie von der Aussage:

„Wir wollen eine neue Form von Eigentum schaffen, die nicht in die klassische Mietervermieter-Rolle fällt. Statt im Eigenheim zu wohnen und einen großen Teil des Lohns an den Eigentümer abzugeben, möchten wir Häuser vergesellschaften. Unser Ziel ist es, einen Prozess in Gang zu setzen, der neue Eigentumsformen implementiert. Das Ganze hat einen genossenschaftlichen Grundcharakter und legt großen Wert auf ökologische Aspekte. Es geht darum, Eigentum zu neutralisieren und gemeinschaftlich zu nutzen, anstatt es individuell zu besitzen.“ (Miethäuser-Syndikat)

Das Miethäuser-Syndikat ist juristisch eine GmbH, die kreativ gestaltet wurde und in eine feste Struktur von Organisationen verschachtelt ist. So wird verhindert, dass einzelne Personen oder Gruppen am Vermögen persönlich beteiligt sind und Immobilien leicht veräußert werden können. Innerhalb der Wohnprojekte-Szene ist das eine eigene Welt, die sich auf Bestandsobjekte spezialisiert hat, die nur moderat saniert werden. Preiswerte Mieten sind primäres Ziel.

Das ist ein schönes Beispiel dafür, dass bestehende Rechtsformen durchaus ausreichen. Die Rechtsform ist auch nicht entscheidend für die Qualität.
Mit der nestbau
AG gibt es ein weiteres Beispiel, dass sogar eine Aktiengesellschaft gemeinwohlorientierte Wohnungen schaffen kann.
Auch die neue eGbR gibt kostengünstige Gestaltungsmöglichkeiten für kleine Projekte im Bestand.
Viele kleine Projekte können zudem unter das Dach einer Genossenschaft schlüpfen. Das Genossenschaftsrecht ist gerade in der Modernisierung.

Mittels Kooperationen kann man wunderbare Konzepte erstellen. Es gibt viele Akteure, die soziale und ökologische Ziele umsetzen wollen. Diese müssen mehr miteinander agieren. 

9. Welche rechtlichen Rahmenbedingungen sind notwendig, um freiwillige Lösungen zu fördern?

Der Bund kann finanzielle Anreize bieten, wie die Kfw-Förderung 308 ab September 24 „Wohneigentum für Familien - Bestandserwerb“. (Abre numa nova janela)

Viele Bundesländer haben ihre Baunutzungsordnungen verändert, sodass viele bauliche Veränderungen nicht mehr baugenehmigungspflichtig sind.

Baden-Württemberg hat in Zusammenarbeit mit der Architektenkammer eine Beratungsprämie für die aktive Aktivierung von ungenutzten Wohnflächen entwickelt. Die Beratungsprämie soll als Anreiz für die Kommunen dienen, ihr Engagement bei der Aktivierung von Wohnraum im Bestand auszubauen. Voraussetzung hierfür ist, dass die Kommunen im Bereich der Beratung und/oder Vermittlung aktiv werden. Die Beratung zur Immobilie muss von einem Architekten, der Mitglied in einer Architektenkammer ist, durchgeführt werden.

Die günstige Vermietung durch private Vermieterinnen könnte steuerfrei bleiben. Ich finde den Ansatz von „Gemeinwohlwohnungen“ (Abre numa nova janela) interessant. 

Es gibt schon einige Bausteine, deren Wirkungen man erst in einiger Zeit sehen kann. Eine schnelle einfache Lösung gibt es nicht.

10. Kommunen und der Staat spielen eine wichtige Rolle bei der Schaffung der Rahmenbedingungen für nachhaltige Wohnformen. Wie können staatliche Eingriffe gestaltet werden, um die Freiwilligkeit der Beteiligten zu respektieren und gleichzeitig die notwendigen Veränderungen zu fördern?

Am juristischen Bestandsschutz der bereits gebauten Gebäude und am Schutz des Eigentums ist nicht zu rütteln.

Es gibt jedoch eine Vielzahl von Möglichkeiten im Rahmen der sog. Bodenpolitik:

  • Leerstand kann man mit Zweckentfremdungssatzungen angehen.

  • Grundstücke der Kommunen sollten nicht mehr gegen Höchstpreis, sondern für das beste Konzept veräußert werden.

  • Statt Verkauf sind Erbbaurechte denkbar.

  • Kommunen können strategisch wichtige Grundstücke ankaufen oder Vorkaufsrecht ausüben.

  • In der Bauleitplanung dürfen keine EFH-Siedlungen neu ausgewiesen werden.

In vielen Kommunen fehlt der politische Wille oder die Haushaltslage gibt keinerlei Gestaltungsspielraum.

Aufwand

Ein häufiges Hindernis für ältere Menschen, ihre Wohnsituation zu verändern, ist der wahrgenommene Aufwand, insbesondere beim Umbau ihres Hauses. Diese Diskussion beleuchtet die Herausforderungen und möglichen Lösungen, um den Umbau für ältere Menschen weniger belastend zu gestalten.

11. Welche praktischen Hilfestellungen und Unterstützungsangebote sind bereitzustellen, um diesen Prozess zu erleichtern?

Es sollte durchaus eine größere Vielfalt an Angeboten bei der Entscheidungsfindung geben. Das Abwägen verschiedener Möglichkeiten in unterschiedlichen Konstellationen ist von großer Bedeutung.

Es gibt mittlerweile kleine Handreichungen für verschiedene Handlungsoptionen. Auf der Internetseite https://www.leben-vor-der-stadt.de/alle-artikel/weiternutzen-vererben-vermieten-verkaufen-handlungsoptionen-fur-bewohner-innen (Abre numa nova janela) habe ich einige Möglichkeiten vorgestellt. Auch innerhalb einer Familie gibt es strategische Möglichkeiten, die steuerrechtlich interessant sind und gleichzeitig den Erbfall regeln. Tatsächlich kommen zur mir als Rechtsanwältin und Projektberaterin vermehrt Familien mit einer Bestandsimmobilie, die ein generationsübergreifendes Wohnprojekt realisieren wollen.

Auch die GRÜNELIGA hat eine kleine Handreichung https://www.grueneliga.de/index.php/de/themen-projekte/wohnen/1500-wohnraum-handreichung (Abre numa nova janela) veröffentlicht. Der Verband Wohneigentum und architect for future sind im Thema engagiert.

Eine Weiterbildung für die Akteure, die schon niederschwellig vor Ort Bürger:innen betreuen, könnte sinnvoll sein. Diese sollten zumindest Input liefern und an Fachleute verweisen können.

Erst danach greifen Unterstützungsangebote für eine konkrete Maßnahme. 

12. Welche Unterstützungsangebote könnten älteren Menschen helfen, den Umbau ihres Hauses zu bewältigen?

Zugehende Wohnberatung ist hervorragend, da sie den Bewohner:innen hilft, eine Vorstellung davon zu entwickeln, welche Möglichkeiten für ihre Wohnsituation bestehen. Es wäre wünschenswert, wenn sowohl Barrierefreiheit als auch Energieeffizienz gleichermaßen berücksichtigt werden.

Eine Koordination der nächsten Handlungsschritte sollte sich anschließen. Dies fängt schon mit der Entrümpelung des Hauses an. Zertifizierte Berater:innen, die Fördermittelanträge stellen können, sind zu empfehlen.

Nach dem Umbau kommt hoffentlich die temporäre Vermietung. Hier muss das Matching stimmen. Senior:innen brauchen dafür persönliche Hilfe, der sie vertrauen.
Daniel Fuhrhop hat wissenschaftlich viele Ansätze zusammengetragen:

https://www.daniel-fuhrhop.de/de/wohnwendeoekonom/wissenschaft/ (Abre numa nova janela)

13. Was können Kommunen effektiv leisten, und wie können sie durch eine kluge Zusammenarbeit mit privaten Investoren ihre Ziele erreichen?

Die kommunale Wohnungsbaugesellschaft ist ein hervorragender Investor. Sie könnte auch Einfamilienhäuser erwerben, umbauen und vermieten. In Schwabach engagiert sich die kommunale Wohnungsbaugesellschaft für denkmalgeschützte, leer stehende Häuser und führt diese (mit Mittel aus der Städtebauförderung) einer neuen Nutzung zu. 

Lokale Baugenossenschaften und Wohlfahrtsorganisationen können durch Konzeptvergabeverfahren, eine durchdachte Bauleitplanung sowie Unterstützung bei der Beantragung von Fördermitteln zu eigenen Maßnahmen motiviert werden. Einige Fördermittel sind an eine positive Bewertung durch die Kommune gebunden.

14. Welche praktischen Erfahrungen haben Sie mit der Unterstützung durch Beratungsstellen und kommunale Planer bei der Umsetzung von Umbauprojekten für ältere Menschen gemacht?

Die Grüne Liga hat viele Wohnberatungs- und Vermittlungsangebote zusammengestellt.
https://www.grueneliga.de/index.php/de/themen-projekte/wohnen/datenbank (Abre numa nova janela)
Die Qualität ist sehr unterschiedlich, je nach beruflicher Qualifikation der Berater:innen. 

Mehr interdisziplinäres Wissen und Vernetzung wäre hilfreich. In einem gemeinsamen Forderungspapier „Wohnraummobilisierung“ haben sich bereits viele Akteure gefunden, die am Thema arbeiten.

https://www.grueneliga.de/images/Bilder/Wohnen/2024-10-14_Positionspapier_Wohnraummobilisierung.pdf (Abre numa nova janela)

 15. Wie können Kommunen und lokale Behörden besser in die Planung und Umsetzung von Wohnprojekten eingebunden werden? 

Wohnprojekte werden vorrangig bottom-up entwickelt: Die Kommune ist dabei nicht planerisch eingebunden und darf privaten Aktivitäten auch nicht besonders fördern.  

Die Kommune hat aber die Möglichkeit, eigene Grundstücke vorrangig an Wohnprojekte mit gutem Konzept zu vergeben, sofern entsprechende politische Baulandbeschlüsse vorliegen. Andernfalls konkurriert jedes Projekt mit Bauträgern und anderen Grundstückskäufern um die verfügbaren Flächen.

In immer mehr Kommunen gibt es solche Konzeptvergabeverfahren. Zudem werden Beratungsstellen für interessierte Bewerbergruppen eingerichtet.

Leider gibt es auch viele Kommunen, die weiterhin Grundstücke veräußert an den Höchstbietenden veräußern, wobei der Käufer das baut, was im Bebauungsplan zulässig ist und was sich am profitabelsten nutzen lässt.  

16. Welche praktischen Schritte können ältere Menschen unternehmen, um (gemeinsam) nachhaltige Wohnformen zu realisieren?

Die Gründung eines eigenen Wohnprojekte dauert Jahre und ist anstrengend. Manche scheitern.
Kleine Gruppen könnten stattdessen unter das Dach einer Genossenschaft schlüpfen.

Einzelpersonen können sich in bestehende Wohnprojekte auf eine Warteliste setzen lassen oder auf matching plattformen nach Angeboten suchen. Probewohnen kann die Hemmschwelle senken, da die Integration beiderseitig getestet werden kann.

https://www.bring-together.de/de/plattform (Abre numa nova janela)

17. Welche Herausforderungen begegnen älteren Menschen beim Umzug in kleinere Mietwohnungen und wie können diese überwunden werden?

In einer bereits finanzierten Bestandsimmobilie fallen nur geringe laufende Nebenkosten an, was deutlich günstiger ist als Miete. Aus diesem Grund fördert die Politik den Erwerb von Eigentum als Altersvorsorge. 

"Altersarmut ist Mieterarmut" 
Zeitungsartikel der Nürnberger Nachrichten vom 16.01.25

Diese propagierte „Sicherheit“ wird ungern aufgegeben. Die Veränderung der Wohnsituation von Eigentum in Miete wird als Risiko bewertet.

Jeder Umzug kostet Geld, die Möbel passen nicht und je nach Rechtsform sind
neben dem monatlichen Nutzungsentgelt / Mietzins häufig Einmalzahlungen notwendig.

Die monatlichen Zahlungen sind höher als die laufenden Kosten im eigenen Häuschen. Nebenkosten für Hausmeister, die Wartungskosten für den Aufzug und sonstige Nebenkosten fallen an, die es früher nicht gab. Es wird also teurer - wenngleich der Komfort steigt.

Die soziale Rendite (soziale Kontakte, gemeinschaftliche Aktivitäten, nachbarschaftliche Hilfe, ect) hat sicherlich einen Wert, den jede:r für sich bewerten muss.  

Je nach persönlicher Einstellung wird der Erlös aus dem Verkauf der Immobilie unterschiedlich verwertet. Die einen können den Erlös „bequem abwohnen“, andere wollen den Erlös komplett an Angehörige vererben und scheuen monatliche Mehraufwendungen.

18. Welche Vorteile haben Genossenschaften im Wohnungsmarkt?

Das Handelsblatt hat erst jetzt veröffentlicht, dass Genossenschaften mit ihren Mieten deutlich unter den sonst üblichen Mietzinsen liegen. 

"Genossenschaftswohnungen als preisgündtige Alternative in einem umkämpften Markt" Artikel im Handelsblatt

Diese Beschreibung ist aber nicht ganz vollständig: Neue Wohnungsgenossenschaften verlangen von allen Mitgliedern sogenannte wohnungsabhängige Pflichteinlagen als Einmalzahlung, die als Eigenkapital dienen. Diese Beträge können fünfstellige Summen betragen und sind zusätzlich zum monatlichen Nutzungsentgelt zu entrichten. Es gibt dafür die Kfw-Förderung 134. (Abre numa nova janela) Dafür muss der Genosse aber die passende Hausbank finden und die Bonitätsprüfung bestehen. 

Es wäre toll, wenn ältere Bestandsgenossenschaften mit Eigenkapitalpolster vermehrt Wohnraum schaffen würden. Da gibt es einige Hemmnisse.

Ein Grundprinzip der Genossenschaft ist das Gleichbehandlungsprinzip, sofern keine sachlichen Gründe für Abweichungen vorliegen, wie beispielsweise zwischen geförderten oder freifinanzierten Wohnungen. Sowohl Altgenossen als auch neue Genossen zahlen grundsätzlich das gleiche Nutzungsentgelt pro Quadratmeter Wohnraum. Dadurch wird ein bedarfsgerechter Wohnungstausch ermöglicht. Eine kleinere Wohnung kostet dementsprechend weniger Nutzungsentgelt.

 Für den Wohnungstausch innerhalb einer Genossenschaft ist keine Änderung des Mietrechts erforderlich. Die Genossenschaft sollte den Wohnungstausch strukturell und kommunikativ gut vorbereiten.

Genossenschaften nehmen im Segment der Mietwohnungen eine besondere Rolle ein.

Privat

Ein häufiges Argument gegen gemeinschaftliches Wohnen ist, dass viele Menschen ihren privaten Wohnraum nicht teilen möchten.

19. Wieviel Privatheit gibt es in gemeinschaftlichen Wohnformen ?

 Die Vielfalt der Wohnprojekte ist groß. Das hat selten etwas mit Studenten-WGs oder Kommunen zu tun. Fast immer gibt es individuelle Wohnungen mit Bad und Kochgelegenheit zur Alleinnutzung. Die Nutzung der Gemeinschaftsflächen ist freiwillig. Privater Rückzug ist immer möglich.  

Auch in einem Einfamilienhaus können durch bauliche Maßnahmen private Rückzugsräume geschaffen werden. In einem großen Garten könnte ein barrierefreies Tinyhaus für die „Alt“eigentümerin errichtet werden. Die Möglichkeiten können nur im Einzelfall geprüft werden.

An dieser Stelle beendet ich für die Leser:innen die Wiedergabe. Ich gehe davon aus, dass Ihr bereits ein gute Wissenbasis und eigene Erfahrungen habt.

Es ist gut, rationale Argumentation zur suffizienten Wohnkultur aufzubereiten.

Das Thema Eigenheim betrifft eine höchstpersönliche Ebene. Wir müssen uns trainieren, Ängste, Vorbehalte und Lebenswelten einer anderen Generation zu respektieren und Lösungen bedürfnisgerecht anzubieten. Was für den einen „gut“ und „förderlich“ ist, ist für den anderen “unerträglich”. Es gibt genauso wenig DEN Menschen, wie es DAS Gehirn gibt. Was wir intuitiv, also teilbewusst oder unbewusst wahrnehmen, passiert schneller als unser bewusstes Denken. Wir wägen nicht ab, sondern haben sofort ein „Bauchgefühl“ in uns – ein klares „Ja“ oder „Nein“. Empathische Kommunikation ist sicherlich eine Schlüsselkompetenz für jede:n Berater:in.

Es ist sehr sinnvoll, wenn das Forschungsprojekt Strategien der Unterstützung erarbeitet. Viele Bausteine sind notwendig, um auf unterschiedliche Generationen, Menschentypen und individuelle Situationen besser reagieren zu können.

Es gibt zahlreiche Akteure, die sich bereits mit Themen wie Wohnen im Bestand, neuen Wohnkonzepten, gemeinschaftlichem Wohnen, der Bodenwende sowie Bodenpolitik und dem nachhaltigen Wandel in der Baubranche befassen. Obwohl der Begriff "Suffizienz" selten verwendet wird und die Schwerpunkte unterschiedlich gewichtet sind, teilen alle Akteure aus der Zivilgesellschaft eine gemeinsame Zielrichtung.

Ich wünsche Janika Gabriel und Dr. Dominikus Vogl vom BIS Berliner Institut für Sozialforschung viel Erfolg bei ihrem Forschungsbericht.

Vielleicht können Zivilgesellschaft und Wissenschaft - gemeinsam - die notwendigen Zuversicht und den Mut zur Veränderung verbreiten. Fördermittel sind unverzichtbar! Dafür brauchen wir Politiker, die über die eigene Amtszeit hinweg denken.

Für alle, die mehr Zuversicht brauchen, empfehle ich folgende Lektüre:

https://www.publikationen-bundesregierung.de/pp-de/publikationssuche/transformation-gesellschaft-2330508 (Abre numa nova janela)

Das war heute ein sehr langer Post. Danke an alle, die ihn bis zum Schluss gelesen haben 😘.

Angelika Majchrzak-Rummel

Rechtsanwältin, Wohnprojektberaterin

https://wonderl.ink/@angelika.maj_rml (Abre numa nova janela)




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