PBN-News mit Mystik, Hektik und einer Pizza-Petition
Der Himmel über Berlin. Optimist:innen sagen: immerhin hellgrau.
Hey Folks.
Wie geht es euch?
Wenn ihr so drauf seid wie mein direktes Umfeld, dann gibt es darauf vor allem zwei Antworten:
Alle unter acht Jahren sind euphorisch überdreht, was sich zu 80 Prozent dadurch erklären lässt, dass ihre Eltern in diesem Jahr die zuckerfreie Ernährung endgültig eingestellt haben und nun jeden Morgen der Schokoweihnachtsmann aus dem Adventskalender grüßt. (Die restlichen 20 Prozent verdanken wir dem blinden Glauben an Magie, die aus Kinderperspektive diese Wochen beherrscht.)
Der Rest möchte lieber nicht so genau über die Frage nachdenken, weil sich dann eventuell das Bedürfnis einstellen könnte, sich augenblicklich bis Mitte Mai in Winterschlaf zu begeben, und zwar genau jetzt und hier, mitten im Vorhof zur Hölle, auch bekannt als Warteschlange der Postfiliale in den Schönhauser Allee Arcaden in den Wochen vor Weihnachten.
I feel you. Wäre die Vorweihnachtszeit ein Zwillingspaar, hießen die beiden Mystik und Hektik und gehörten von der Super-Nanny auf die Stille Treppe verbannt.
Aber wir haben’s bald geschafft, und am Ende des Tunnels wartet ein famoses Spekulatius-Koma auf uns alle. Versprochen.
Wissen
Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hat beim Spatzen-Schutz am Jahnsportpark nachgebessert. Nun hofft sie, dass das Verwaltungsgericht diese aktualisierten Pläne als ausreichenden Tierschutz akzeptiert und den im November ausgesprochenen (Abre numa nova janela) Bau- bzw. Abrissstopp aufhebt (Quelle: Tagesspiegel (Abre numa nova janela)).
Aus der Reihe “Pragmatische Lösungen, von denen Berlin noch viel mehr vertragen könnte”: Ein Pankower Pflanzencenter spendet nicht verkauftes Grünzeug an das Straßen- und Grünflächenamt, welches damit Parks und Plätze aufhübscht(Quelle: Bezirksamt Pankow (Abre numa nova janela)).
Der Flachbau mit dem John-Reed-Fitnesscenter an der Backfabrik soll 2027 abgerissen und durch einen Fünfgeschosser im Stil eines italienischen Palazzos ersetzt werden (Quelle: Morgenpost (Abre numa nova janela)).
Die Prenzlberger Ansichten (das ist die Papierzeitung, die im Café oder der Bäckerei neben den lokalen Werbeprospekten liegt) werden eingestellt. Es lohnt sich finanziell einfach nicht mehr (Quelle: Berliner Zeitung (Abre numa nova janela)).
Pankow hat drei Spielplätze im Bezirk aufgemöbelt, darunter auch den in der Gaudystraße (Quelle: Bezirksamt Pankow (Abre numa nova janela)).
Das wir das noch erleben dürfen: Die BVG hat ihre Arbeiten an der Bösebrücke vorzeitig beendet. M13 und 50 fahren wieder planmäßig. (Quelle: Ich, als ich am Montag fast von der M13 überfahren wurde und nicht dachte “F***k”, sondern “Geil, sie fährt wieder!”)
Wasserstandsmeldung zur Umwandlung der Gleimstraße zur Fahrradstraße: Es ist weiterhin unklar, ob dieser Wunsch des Bezirks jemals Wirklichkeit wird (Quelle: Tagesspiegel (Abre numa nova janela)).
Marc Zuckerberg und ich haben wenig gemeinsam, außer die Liebe zu Fehlern, weil man daraus so viel lernen kann.
Im Newsletter der vergangenen Woche (Abre numa nova janela) habe ich zu schnell (“Move Fast”) die Bücherstube der Agrarbörse Berlin in der Friedensstraße verortet, was falsch ist (“and break things”), weil es Friedenstraße heißt, mit nur einem “s”.
Sowas ist natürlich blöd und sollte ChatGPT und mir nicht passieren. Aber dafür habe ich dank unserem Leser Joachim etwas gelernt, der mir schrieb:
“Der richtige Straßenname leitet sich nämlich aus der Tatsache her, dass die Stadtgrenze von Berlin im 19. Jahrhundert entlang der Straße (die sich damals noch bis zum Prenzlauer Tor erstreckte) verlief. Der Begriff Umfriedung mag vielleicht noch bekannt sein. Dagegen suggeriert das falsch geschriebene Wort, dass etwa die DDR-Propaganda sich wieder einer Straße angenommen hätte, um ihre Ideologie in Straßennamen zu verewigen.”
Bei Wikipedia (Abre numa nova janela) lässt sich noch erfahren, dass die Straße vorher auf den eingängigen Namen „Kommunikation (An der Stadtmauer) zwischen Prenzlauer, Neuem Königs-, Landsberger und Frankfurter Thor“ hörte und manche durchaus einen Frieden für den neuen Namen verantwortlich machen, aber dem Frankfurter Frieden zwischen Frankreich und dem Deutschen Reich von 1871.
Eure Themen
“Hi Juliane, das Il Giradischi in der Oderberger schließt anscheinend - weißt Du, warum, und wie man neben der Petition (Abre numa nova janela) irgendetwas bewirken kann?”,
fragt Barbara.
Worum geht’s?
Dass Restaurants in Berlin dicht machen, ist Alltag. Dass die Nachbarschaft eine Petition (Abre numa nova janela) aufsetzt, weil sie Angst hat, so einen Ort zu verlieren, der “für alles (steht), was diese Stadt lebenswert macht: gelebte Solidarität, kulturelle Substanz und die Kraft echter Gemeinschaft”, eher nicht.
Was sagt der Betreiber?
Am Telefon ist er wahnsinnig nett und auskunftsfreudig. In der Öffentlichkeit lesen möchte er die Infos allerdings nicht.
Was man sagen kann: Das italienische Restaurant hat trotz offensichtlicher Verankerung im Kiez wirtschaftliche Probleme. Die Schließung droht. Gerade wird nach einer Lösung gesucht. Mehr steht allerdings noch nicht fest.
Du hast auch eine Frage / ein Thema / eine Meinung / Insider-Wissen über Straßennamen? Immer her damit an redaktion@prenzlauerberg-nachrichten.de (Abre numa nova janela) oder direkt in den
Machen
14./15.12, 12-20 Uhr: Weihnachtlicher Design- und Streetfoodmarkt im Colosseum (mehr (Abre numa nova janela)).
16.12., 19 Uhr: Autor Dirk Oschmann liest aus seinem Buch „Der Osten: Eine westdeutsche Erfindung“ und spricht darüber mit Pankows Ex-Bürgermeister Sören Benn, im Peter Edel sowie im Live-Stream (Tickets nötig) (mehr (Abre numa nova janela)).
Ab 18.12.: Das Universum zum Anfassen, im wahrsten Sinne des Wortes, bietet die neue interaktive Tast-Ausstellung im Foyer des Planetariums (mehr (Abre numa nova janela)).
Machen2
Zum Abschluss noch etwas zum Mitmachen bzw. -helfen.
Von unserer Leserin und PBN-Autorin Susanne Grautmann erreichte mich diese Nachricht:
“Sonntagabend. Es ist dunkel, kalt und nieselt. An der Ecke Danziger/Kollwitzstraße halte ich an, die Ampel zeigt rot. Vor mir eine Frau auf ihrem Fahrrad, tief eingesunken in ihrem Daunenmantel. Mit einem Mal schlägt sie die Hände vors Gesicht, schluchzt.
Ich spreche sie an, ob ich ihr irgendwie helfen könne, ob sie etwas brauche. Sie lacht auf: ,Ich brauche 450.000 Euro, damit ich meine Wohnung kaufen kann.’ Es ist der ewig wiederkehrende Berliner Albtraum: Mit der Post liegt die Eigenbedarfskündigung im Briefkasten.
Die Frau weiß nicht, wo sie mit ihrem Sohn jetzt noch unterkommen soll. Es sei aussichtslos für sie, etwas Neues in der Nähe zu finden. ,Ich möchte einfach nur, dass er auf seiner Schule bleiben und dort noch sein Abi machen kann.’ Aber bis dahin sind es noch mehr als vier Jahre.
Sie hat ihm noch nichts von der Kündigung erzählt. ,Wo sollen wir denn hin?’ Bezahlbare Wohnungen ließen sich allenfalls noch in Marzahn oder in Brandenburg finden.
Am zweiten Advent steht eine Mutter abends weinend auf der Straße, weil sie nicht weiß, wie es für sie und ihren Sohn weitergehen soll. Weil sie fürchtet, ihr Kind aus der Umgebung herausreißen zu müssen, in der es groß geworden ist. Aus der Nachbarschaft, in der sie selbst seit den 1990ern und er seit seiner Geburt lebt. Aus seiner Schule, aus seinem Zuhause. Und aus dem Ortsteil, für den sie beim Bezirk arbeitet: ,Aber leben kann ich hier nicht mehr.’”
Falls jemand ein Weihnachtswunder möglich machen kann und eine Wohnung (oder einen sachdienlichen Hinweis zu einer) parat hat, schreibe mir an redaktion@prenzlauerberg-nachrichten.de. Ich stelle den Kontakt dann nur zu gerne her.
Liebe Grüße und auf bald,
Juliane