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Ich hasse den Januar nicht

„Dem Ort, an dem sie gerade nicht war, galt stets ihre Sehnsucht, ebenso erging es ihr mit Menschen.“ Michaela Karl, "Ich brauche einen Liebhaber, der mich am Denken hindert": Katherine Mansfield. Eine Biografie

Glück spürt, wer in der Gegenwart leben kann. Nicht voller Bedauern zurückblicken, nicht mit Sorge in der Zukunft lesen. Als ich den oben zitierten Satz über Katherine Mansfield lese, fühle ich mich kurz ertappt.

Ich liebe Neujahrsvorsätze, obwohl ich alt genug bin, um zu wissen, dass mit neuen Vorsätzen nicht um Mitternacht eine neue Version des Selbst eingespielt wird, das plötzlich fröhlich gesunde Gewohnheiten für einen entwickelt oder auch nur weiß, wie bestimmte Dinge funktionieren. Stattdessen blickt einen auch am nächsten Morgen das einzige Selbst aus dem Spiegel an, vielleicht etwas aufgekratzt, ansonsten völlig gewöhnlich: Was hatten wir doch gleich mit diesem Jahr vor?

Bei einem Spaziergang durch Köln merke ich, dass die Stadt in den ersten Tagen genauso wenig auf das neue Jahr vorbereitet ist wie ich. Feuerwerksverpackungen auf den Bürgersteigen, Paillettenkleider in den Schaufenstern – Erinnerungen an das, was war und hätte werden können. Manche mögen den Januar nicht, weil der Monat so undefiniert ist. Die Wochen zuvor hatten durch die Feiertage, die leere Zeit zwischen den Jahren und Neujahrswechsel ein Raster. Wir wussten, was zu tun war – oder wovon wir uns distanzieren wollten. Geschenke kaufen, Plätzchen backen, Weihnachtsfilme schauen, zwischen den Jahren Schokoreste aufessen, die Besinnlichkeit ins neue Jahr retten... Am 31. das große Jahresfinale mit Vorfreude oder dem unbedingten Wunsch, alles zu verschlafen. Und dann bricht alles ab.

Köln, Dezember 2009 © Kristina Klecko

Nach der Verwunderung über die Tatsache, dass nichts plötzlich anders geworden ist, nehmen wir all die unliebsamen Aufgaben wieder auf, die wir vor Weihnachten in den Januar geschoben haben. Der Monat hatte keine Chance.

Was hatten wir doch gleich mit diesem Jahr vor?

Da ich als Selbständige aus meinem Hobby im letzten Jahr einen Job gemacht habe, verschwimmen meine privaten und beruflichen Ziele. Ich glaube nicht, dass es gesund ist, aber:

„Ich wollt’s so haben. Endlich bin ich ganz alleine Schuld an der Misere.“ Conny, Wäscheständer

2025 möchte ich:

  1. Den Essayband final finalisieren. Es wird Zeit (Abre numa nova janela).

  2. Die erste Fassung des Romans schreiben. Es soll nicht zu unangenehm (Abre numa nova janela) werden.

  3. Diverse kürzere Texte, die ich 2024 (und teilweise schon früher) begonnen habe, beenden.

Ich bin also motiviert, aber die ersten Schreibtage fühlen sich an, wie das, was ich in Büro-Memes lese. Wie war nochmal das Passwort? Was, jetzt schon ein Meeting? Ein wenig holprig, das Ganze. Wo hatte ich meine Notizen? Warum hier und dort? Hatte ich diesen Text nicht schon überarbeitet, es liest sich so seltsam unfertig?

Doch, sobald das vergessene Passwort von der IT zurückgesetzt wurde, die ersten Meetings abgehalten (bzw. in meinem Fall, alle Notizen gefunden) sind, wissen wir doch wieder alle, wie es geht.

Beim nächsten Spaziergang durchs Veedel (so nennen wir in Köln unsere Stadtviertel) laufe ich an einer Kneipe vorbei, in deren Gastraum bunte Luftschlangen hängen. Nicht die übriggebliebenen vom Silvester, sondern leuchtend frische. Ist es schon für Karneval, denke ich entgeistert? Vermutlich, die Saison läuft ja, und für manche in Köln ist immer Karneval. Obwohl ich kein Fan bin, finde ich es für einen Moment schön. Natürlich nur bis Weiberfastnacht… aber ich bleibe im Jetzt.

Danke, dass du mitliest, und bis in zwei Wochen.

Kristina

PS: Eine Freundin sagte neulich, sie fühle sich wie eine Stalkerin, weil sie zwischen unseren Treffen durch die Texte mehr von meinem Leben mitbekommt als ich von ihrem. Das muss nicht sein! Schreibe mir, ob und was du dir für 2025 vorgenommen hast. Es interessiert mich wirklich.

Was andere machen

Eigentlich wollte ich an dieser Stelle den tollen Song von Liser verlinken, der heute erscheint, aber es gibt leider kein YouTube Video, daher hört es euch gern im Streaming-Dienst eurer Wahl (Abre numa nova janela) an. 🎧 Liser: Hübsche Mädchen. Ohrwurm!

Ansonsten habe ich diese Kurzdoku gesehen. Spannend und die Entwicklung insgesamt unschön, auch wenn ich einige gute Songs aus den Achtzigern und den Neunzigern erst durch einen Remix kennengelernt habe.

https://www.youtube.com/watch?v=KVC_knH8EJg&list=WL&index=1 (Abre numa nova janela)
Hier schreibt

…Kristina Klecko, 1986 in Tscheljabinsk/Sowjetunion (heute Russland) geboren, seit 1997 in Deutschland, seit 2006 in Köln. Nach Stationen in Literaturvermittlung und der Nachhaltigkeitsbranche, bin ich seit 2024 freiberufliche Autorin, Texterin und Schreibdozentin.

Weitere Infos zu mir, meinen Texten und Schreibkursen gibt es unter 🔗 www.kristina-klecko.de.

In diesem Mailing veröffentliche ich alle 14 Tage, jeweils am Freitag, kurze Essays über das Lesen, das Schreiben und das Leben. Immer am ersten eines Monats gibt es zudem einen neuen Text in der Rubrik 🔗 Romansuche (Abre numa nova janela) – über Fortschritte und Rückschläge auf der Weg zu meinem Debütroman.

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Tópico Essays