Folge #10 - Im Jenseits oder Woran erkennt man eigentlich, nicht mehr zu leben, sondern im Jenseits zu sein?
Daran, dass man keine Ohren braucht, um trotzdem zu hören. Daran, dass man keine Augen braucht, um trotzdem zu sehen. Daran, dass man überhaupt keine Sinnesorgane benötigt, um trotzdem zu fühlen und wahrzunehmen.
Und zwar: Alles das, was man kennt. Musik, Farben, Orte, Stimmen, Erlebnisse, gedachte Gedanken. Alles ist da. Das ganze Leben. Oder besser gesagt, das ganze Leben, das man erlebt hat. Das eigene. Man betritt einen Raum, in dem das alles enthalten ist.
Man betritt ihn nicht physisch. Man ist in diesem Raum. Und gleichzeitig ist man dieser Raum. Kein dreidimensionaler, physischer Raum, kein Zimmer. Sondern ein Universum. In dem jede Millisekunde des eigenen Lebens greifbar ist. Jeder erlebte Blick, jeder Ton, jedes Gefühl liegt plötzlich vor einem. Nicht so, wie wir Bilder sehen, Töne hören und Gefühle ertasten, sondern als weiches Schema. Als würde es übereinander liegen. Ohne Kontur, ohne Struktur, ohne Klarheit. Aber dennoch ganz klar. Weil man durch jedes wahrgenommene Element hindurch sieht und jedes einzelne Detail darin erkennt. Als eine auf Universumsgröße komprimierte und gleichzeitig auf atomaren Maßstab ausgedehnte Betrachtung der eigenen Existenz.
Alles, was ich während meines Lebens gelesen, gesehen, gefühlt, geliebt, aufgeschnappt habe, war da. Ich hätte eine Rakete zum Mond bauen können. Mit dem Wissen, das ich als Mensch alle Informationen aufgenommen, aber nirgendwo im Bewusstsein gespeichert hatte und demnach auch nie darauf zugreifen konnte. Aber durch die Kombination sämtlicher Begegnungen mit diesen ‚Informationen aus dem Leben‘ ein Wissen entstanden ist, das den Bau einer solchen Rakete realisierbar gemacht hätte.
Die Kombination der verschiedensten Elemente ist kein aktiver Prozess, sondern alles ist bereits miteinander kombiniert. Nur das Nicht-Vorhandensein eines physischen, menschlichen Körpers hätte den Bau einer Rakete allerdings stark beschränkt - genauer gesagt: zu 100%.
Was aber nicht tragisch ist. Das, was im Jenseits von Bedeutung ist, ist das, was man im Leben getan hat. Was man nicht nur für sich, sondern erst recht für andere Lebewesen geleistet hat. Unabhängig von der eigenen Religion, Kultur, seinen eigenen Zielen und Möglichkeiten. Was in dem Moment zählt, ist, dass man etwas getan hat. Denn alles Gute, was man vollzogen hat, kommt genau dort zu einem zurück.
Alles schlechte zwar genauso. Aber wenn man halbwegs anständig durchs Leben gegangen ist, sind selbst die Dinge, die man mit guter Absicht verfolgt, aber die dennoch zu schlechten Ergebnissen geführt haben, nur etwas unschönes - was jedoch umhüllt bleibt, von der Wärme des gut getanen.
Ich weiß nicht, wie es sich verhält, wenn man als Hitler oder sonstwie bösartig durch sein Leben gegangen ist, ob es dann diese Wärme überhaupt gibt. Aber wenn das gute generell das eigene Leben und Handeln bestimmt - und wir wären keine Menschen, wenn das schlechte und böse unsere Richtschnur wäre - dann gibt es nichts zu befürchten.
Weiter geht es mit meinen Bemerkungen zur Zwischenwelt, dem Ort zwischen Diesseits und Jenseits.