Macht kaputt, was euch kaputt macht
Wenn einer die FDP nicht leiden kann, dann FDP-Mitglieder. Diesen Eindruck wird man dieser Tage jedenfalls nicht los. Erst war da neulich der Brandbrief (Abre numa nova janela) einiger Liberaler (Abre numa nova janela), der die Politik ihrer eigenen Partei verteufelte. Ebenjener Brandbrief führt nun zu einer Mitgliederbefragung. Etwa 77.000 FDP-Mitglieder haben nun zwei Wochen Zeit, um über den Verbleib in der Ampel abzustimmen (Abre numa nova janela). „Soll die FDP die Koalition mit SPD und Grünen als Teil der Bundesregierung beenden?“ lautet die Frage, auf die ein „Ja“ für den liberalen Bundesvorstand nicht weniger wäre als eine Totalblamage, und das nur wenige Tage nach dem von der Ampel mit Mühe und Not – und unter Schweiß und Tränen – beschlossenen Bundeshaushalt 2024. Wo man doch gerade erst, unter massivem Vertrauensverlust der Öffentlichkeit, als Regierung wieder zusammengefunden hat, die Hände quasi noch warm sind vom Handschlag, ja gerade dann, während die Bürger und Bürgerinnen dem Burgfrieden noch nicht ganz trauen, da veröffentlicht Albert Duin, früherer FDP Landeschef, was sonst, einen weiteren (Abre numa nova janela) Brandbrief (Abre numa nova janela).
An Parteichef Christian Lindner schreibt er in seinem offenen Text:
„Das Chaos, das entstanden ist durch vollkommen überzogene, rein ideologisch gesteuerte Ideen, speziell der Grünen, bringt die Leute auf die Palme. [...] Die Bürger sind nicht so blöd, wie manche Politiker es glauben. [...] All die einzelnen absoluten unsinnigen Entscheidungen aufzuzählen, macht einen nur wütend und immer unzufriedener.“
Ferner fallen Wörter wie „Irrsinn“, „Wahnsinn“ und überhaupt: Unterhalb liberaler Prä-Apokalyptik macht es Herr Duin (Abre numa nova janela) nicht. Alles furchtbar, alles schrecklich, alles kurz vor Weltuntergang. Und natürlich sind – wie immer – jene, die anderen „Ideologie“ vorwerfen, ganz besonders eng gefangen in ihren eigenen ideologischen Scheuklappen. Und wenig überraschend schreibt Duin das Offensichtliche: „Ich werde sicher bei der Mitgliederbefragung für den Ausstieg aus der Ampel stimmen.“
Influencerin Mareile Ihde weiß (Abre numa nova janela) offenbar noch, warum sie aus der FDP ausgetreten ist (Abre numa nova janela).
Schließlich schafft Duin in seinem Liberal-Lamento sogar kurz einen gottschalkschen Gesprächsabgang (Abre numa nova janela): „Ich komme zum Schluss, ja, ich weiß schon, Gott sei Dank ist der alte weiße, heterosexuelle Cis-Mann endlich fertig.“ Bevor ich noch einen Shitstorm herbeischreibe, höre ich hier lieber auf, gottschalkt es zwischen den Zeilen. Fehlt nur noch der Bagger, der auch diesen Altmann von der Bühne baggert. Da wirkt ein als fossiles Maskottchen über die Weltmeere schippernder (Abre numa nova janela) Wolfgang „Karibik“ Kubicki im Vergleich fast wie gute PR.
Es bleibt abzuwarten, was aus dieser Mitgliederbefragung wird, aber als FDP-Vorstand würde ich mir den Silvesterchampagner dieses Jahr besonders schmecken lassen – und vielleicht ein Gläschen mehr einschütten. Denn der 1. Januar (Abre numa nova janela) beginnt so oder so mit einem Kater. Man erahnt nämlich jetzt schon das Ergebnis: FDP-Mitglieder finden die FDP doof, weil sie in der Ampel nicht genug FDP ist; und alle anderen finden die Ampel-FDP doof, weil sie zu sehr (!) FDP ist. Ein gelber gordischer Knoten, den Christian der Große so schnell nicht durchschlagen wird.
Die wütenden FDP-Mitglieder, die aus Frust auf das System ihre eigene Regierungsbeteiligung zerstören wollen, stehen somit ausgerechnet in der Tradition linksautonomer Systemkritik. Schon Ton Steine Scherben wussten: „Macht kaputt, was euch kaputt macht!“ (Abre numa nova janela). Zerstörung kann befreiend sein! Einerseits. Andererseits sagte einst ein gewisser Philosoph: „Es ist besser, nicht zu zerstören, als falsch zu zerstören.“
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