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Durch Risiko und neue Allianzen wieder in Bewegung kommen

Massenhafter »Ziviler Ungehorsam« (ZU) ist in der Protestkultur von vielen sozialen Bewegungen angekommen. Etwas, das aktuell oft unter dem Begriff »Ziviler Ungehorsam Plus« (ZU+) diskutiert wird, muss nun ebenfalls Teil dieser werden. Die Diskussion darüber ist nicht erst seit Andreas Malms »How to blow up a pipeline« in Gange und nicht mehr aufzuhalten.

Ziviler Ungehorsam als Ausgangspunkt

Ziviler Ungehorsam beschreibt den bewussten Verstoß gegen rechtliche Normen aus Gewissensgründen. Dabei geht es um die Beseitigung einer Unrechtssituation und die Durchsetzung von Menschenrechten. Es wird bewusst in Kauf genommen, für diese Handlungen bestraft zu werden. Konkret findet Ziviler Ungehorsam bisher in der Regel in Form von Blockaden z.B. fossiler Infrastruktur und dem Besetzen von Wäldern statt, um diese gegen Rodungen zu verteidigen. Aber auch Schulstreiks fallen unter diesen Begriff. ZU+ meint zunächst einmal lediglich die Erweiterung und Verschärfung der bisherigen Aktionsformen mit dem Ziel, die Auswirkungen des Protests zu verlängern, Kosten für die z.B. fossilen Unternehmen in die Höhe zu treiben und unberechenbar zu werden. Malms vieldiskutiertes Buch hat kontroverse Strategiedebatten innerhalb der Klimagerechtigkeitsbewegung angeheizt, weshalb ich eine Auseinandersetzung mit Malms zahlreichen Argumenten versuchen möchte, um ein Gedankenexperiment zu starten.

Bevor ohrenbetäubender Widerspruch und überzogene, unrealistische Szenarien eine Beschäftigung mit dem Thema unmöglich machen, sollten wir uns alle damit auseinandersetzen, was ZU+ bedeutet, bedeuten kann, aber nicht muss und was sich auf keinen Fall hinter diesem Begriff verbergen darf.

ZU+ ist mehr als Sabotage. ZU+ darf keine wahllose, unvorbereitete Aktion sein, die lediglich dem Zweck der nicht zielgerichteten Zerstörung dient.

ZU+ sind keine Randale, Menschen werden nicht gefährdet.

ZU+ ist in 1. Linie Sachbeschädigung als politische Aktion, deren Legitimität mit Argumenten begründet werden kann und muss.

ZU+ ist der Ausweglosigkeit angesichts einer Katastrophe geschuldet, die bereits im Gange ist und begründet in der Erfolglosigkeit bisheriger Proteste, Aktionsformen und all der Mittel, die genutzt und ausgeschöpft wurden.

ZU+ ist Ausdruck von Hoffnungslosigkeit, Verzweiflung, Wut und Enttäuschung über leere Worte, große Versprechungen und Verträge, deren gesetzte Grenzen stetig verschoben und aufgeweicht werden.

ZU+ ist unsere Reaktion auf eure Handlungen einerseits und eure Verweigerung solcher andererseits.

ZU+ ist unser Mut und unsere Konsequenz gegenüber eurer Mutlosigkeit und Inkonsequenz.

Die Notwendigkeit anerkennen

Die politische Notwendigkeit, einen Schritt weiterzugehen, ist einfach zu begründen: Die Politik handelt nicht, obwohl Millionen ihre Forderungen nach Klimagerechtigkeit, einem Ende von fossilen Energien und einem Systemwandel seit Jahren beinahe täglich auf die Straßen tragen, in letzter Zeit immer wieder unterstützt von großen, bahnbrechenden Gerichtsurteilen. Akteurinnen des Zivilen Ungehorsams haben sich seit Jahren dem friedlichen Protest verschrieben und mit Körpern das blockiert, was täglich Leben und Zukunft zerstört. Sie haben auf vielfältige und kreative Weise protestiert, Diskurse angeschoben, Bildungs- und Aufklärungsarbeit geleistet. Die Konsequenzen folgten auf der falschen Seite. Sie folgten und folgen in Form von Polizeigewalt, Repressionen und Einschränkungen der Versammlungsfreiheit. Sie blieben und bleiben aus in Form von politischen Entscheidungen, die der Realität ins Auge blicken, dem Ausmaß der Katastrophe auch nur annähernd angemessen sind und entsprechenden wissenschaftlichen Erkenntnissen Rechnung tragen.

Wer die Frage nach der politischen Notwendigkeit und Legitimation von ZU+ verneint, muss letzten Endes das Scheitern der Klimagerechtigkeitsbewegung an eigenen Ansprüchen anerkennen und somit in letzter Konsequenz die Entscheidung treffen, aufzugeben. Denn wie sollen wir uns selbst die politische Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit weiterer Aktionen und Proteste erklären, wenn sich unsere Aktionsformen nicht entwickeln und verändern, die seit 2015 (erste Massenaktion von Ende Gelände) keine wirklichen Erfolge in Form bahnbrechender Gesetze und richtungsweisender politischer Entscheidungen gebracht haben. Worin besteht die Legitimation und Sinnhaftigkeit damit unverändert und im vollen Bewusstsein der Erfolglosigkeit noch ein, fünf oder zehn Jahre weiterzumachen, all unsere Kraft und Ressourcen einzubringen, uns aufzureiben, wenn die großen und erforderlichen Ergebnisse ausbleiben? Die großen Ziele, die wir immer wieder lautstark verkünden, lauten: Kohleausstieg jetzt, fossile Energien beenden, sytem change not climate change, kein Meter neue Autobahn, alle Dörfer/Wälder bleiben, RWE enteignen…

Davon haben wir nichts erreicht und wir werden es auch nicht, denn die Zeit arbeitet ebenfalls gegen uns. Sie läuft uns mit riesigen Schritten davon. Wenn wir uns nicht trauen, den nächsten Schritt zu gehen, sollten wir das eingestehen und die Bühne verlassen. Wir haben getan, was wir konnten, sind bis zu einem gewissen Punkt gekommen, aber es hat nicht gereicht.

Wenn wir aber nicht aufgeben und beim bisher Erreichten stagnieren wollen, sondern uns selbst und unsere Aussagen ernstnehmen, uns an ihnen messen lassen wollen, dann müssen wir anerkennen, dass es ein »weiter so« auch für uns nicht geben kann und darf. Unser »weiter so« wird dort zum Verbündeten des politischen und wirtschaftlichen »weiter so«, zum Teil und Stabilisator des Status Quo, wenn unsere Aktionen berechenbar sind und bereits eingeplant werden. Nach zwei Tagen Blockaden räumen wir das Feld, die Maschinerie läuft wieder an. Aus vollmundigen Aktionsankündigungen wie »Kohleausstieg machen wir selbst«, »wir leiten den sofortigen Gasausstieg ein«, »we shut shit down« usw. werden Phrasen, die, zu oft ohne echte Erfolge wiederholt, jegliche Glaubwürdigkeit verlieren.

Mut als Antrieb der Bewegung

Einige Akteurinnen des ZU sind aktuell (noch) ein Faktor, dem Gewicht beigemessen wird, auf dem Hoffnungen vieler ruhen, einschließlich der Hoffnungen von uns selbst, die wir ZU betreiben. Akteurinnen wie Ende Gelände, Die letzte Generation und Extinction Rebellion haben momentan (noch) das Potential, die Gegnerinnen auf Seiten der Konzerne, Lobbyistinnen, neokolonialen und neoliberalen Strukturen aus der Ruhe zu bringen, mediale Schlaglichter zu setzen und Diskurse zu verschieben. Aus diesem Potential schöpfen wir Kraft, es ist unsere Waffe gegen die Übermacht aus Geld, Einfluss und Gewalt in jeglicher Form. Dieses Potential ist unser wertvollstes Gut und wir dürfen es nicht verspielen. Aufgrund des Krieges in der Ukraine, der Inflation und den dramatisch zu Tage tretenden sozialen Problemen sind wir aber auf dem Weg dahin, mit großen Schritten.

Als Ende Gelände zum ersten Mal in Kohlegruben und auf Bagger ging, haben die beteiligten Menschen etwas Neues gewagt, sie sind Risiken eingegangen und haben sich dem heftigen Gegenwind gestellt. Dann geschah etwas Großartiges. Dieser Mut wurde belohnt, die Bewegung ist stetig gewachsen, weitere Akteurinnen kamen hinzu, die Akzeptanz solcher Aktionen ist in der breiten Masse gestiegen, weil die Notwendigkeit verstanden und anerkannt wurde, was diese Menschen ganz bewusst in Kauf genommen haben, um uneigennützig für eine bessere Zukunft aller einzutreten.

Jetzt sind wir an einem Punkt, an dem wir es nur mit unfassbarem Aufwand, der uns zu oft bis an und über unsere Grenzen treibt, schaffen können, dieses erreichte Level Aktion für Aktion zu halten. Ein weiteres großes Anwachsen scheint kaum möglich. Dem gegenüber stehen keine Erfolge im Sinne von echtem Klimaschutz oder gar Klimagerechtigkeit. Gleichzeitig aber werden die Probleme immer größer, vielfältiger, umfassender und dringlicher. Wir haben erkannt, dass der Weg zu Klimagerechtigkeit nur erfolgreich eingeschlagen werden kann, wenn wir in gleichem Maße für soziale Gerechtigkeit, gegen Rassismus, aufblühenden Faschismus, Neokolonialismus, das Patriarchat, den Kapitalismus kämpfen, vor der eigenen Haustür und weltweit. Wir müssen das Thema Klimagerechtigkeit jetzt dringend und eng ankoppeln an die sozialen Kämpfe um Gerechtigkeit, Enteignungen, Mietendeckel, Gasumlagen usw. Dies ist ein wesentlicher Faktor für uns, um relevant zu bleiben und neben dem ZU+ ein Hebel, den wir betätigen müssen.

Dazu braucht es viel mehr Menschen, denn die bloße Anzahl von Orten, an denen ungehorsamer Protest nötig und oft auch gewünscht ist, an denen der Schulterschluss mit Streikenden und Gewerkschaften erfolgen muss, ist unüberschaubar. Gleichzeitig verlieren wir aber Menschen, die ausgebrannt und entmutigt sind, die an der eigenen Wirkmacht zweifeln, frustriert sind. Ohne Veränderungen bei uns und unseren Aktionsformen können wir weder eine weitere signifikante Mobilisierung außerhalb der Bewegung schaffen, noch alle Menschen in der Bewegung halten. Wir haben die natürliche Grenze des Wachstums, die Soll-Bruchstelle der Bewegungen, erreicht. Neue Aktionsformen einiger und Kooperationen außerhalb der Klimabubble können im Zusammenspiel mit Diskussionen zu Notwendigkeit und Legitimität dieser Aktionen und Kooperationen der Basis aber neue Stärke und neuen Zulauf bescheren.

Wenn wir Kipppunkte auf unserer Seite erreichen wollen, ist jetzt der Moment gekommen, wieder Mut zu beweisen, etwas Neues zu wagen, Risiken einzugehen, neue Allianzen zu schmieden und sich dem Gegenwind zu stellen. Das darf bezogen auf ZU+ nicht leichtfertig und unvorbereitet geschehen, es darf kein Schritt sein, der uns leichtfällt und dem wir entgegenfiebern. Menschen, die sich zu Aktionen von ZU+ entschließen, wissen, was sie tun, warum sie es tun und was das nach sich ziehen kann. Diesen Menschen muss Raum gegeben werden, sie müssen sich unserer Solidarität sicher sein, denn Solidarität ist unsere Waffe gegen Repressionen.

 

Akteurinnen des ZU sind nicht auf der Bildfläche erschienen, um für alle anschlussfähig zu sein und sich in das bestehende System einzupassen, sie werden aber auch keinen Erfolg haben, ohne in der Zivilgesellschaft verwurzelt zu sein. Hier gilt es, eine gute Balance zu finden.

Sinn und Aufgabe von Zivilem Ungehorsam ist das Stören der bestehenden Verhältnisse angesichts übermächtiger Probleme. Ziviler Ungehorsam will radikale Veränderungen erzwingen, Ungerechtigkeiten beenden, Themen setzen und Diskurse verschieben, da wo andere Mittel und Wege nicht mehr, nicht in ausreichendem Maße und nicht schnell genug zu Erfolgen führen. Die Folgen der bereits stattfindenden Klimakrise sind genau das: ein übermächtiges Problem. Die Klimakrise ist eine Katastrophe, bei der es im wahrsten Sinne des Wortes bereits jetzt um Leben und Tod geht. Wenn es angesichts dessen nicht gerechtfertigt ist, einmal mehr die Grenzen dessen zu verschieben, was legitim, notwendig und gerechtfertigt ist, weiß ich nicht, was es dann rechtfertigen würde.

Und wenn es nicht eine Akteurin des Zivilen Ungehorsams ist, die diesen Schritt von ZU+ offensiv geht, wer soll es dann tun? Wenn wir diesen Mut nicht aufbringen, können wir das auch von keiner anderen Gruppe erwarten. Wir dürfen und können die Verantwortung nicht auf andere abwälzen, weil wir selbst zu viel Angst haben.

Natürlich ist es verständlich und richtig, Bedenken zu haben. Diese müssen abgewogen werden mit den Argumenten, die so eindeutig für den nächsten Schritt sprechen. Dabei werden unterschiedliche Menschen zu unterschiedlichen Entscheidungen kommen. Das sollen sie auch, denn ZU+ ist sicher keine Aktionsform, die sich (immer) als Massenaktionen umsetzen lassen. ZU+ muss und wird über kurz oder lang eine weitere Option sein, umgesetzt von einigen. Unsere Aufgabe ist es, diese Option zu öffnen, Rahmenbedingungen festzulegen, Menschen Raum zu geben, die sich dazu entschließen und solidarisch an ihrer Seite zu stehen, weil wir die Notwendigkeit verstehen und anerkennen, was sie bereit sind, stellvertretend für uns alle zu tun und in Kauf zu nehmen. Dann kann wieder etwas Großartiges geschehen, Akzeptanz wachsen und echte, radikale Veränderung ausgelöst werden. Die Zuspitzung, die durch ZU+ bewusst provoziert wird, kann - wie die ersten Massenaktionen - wieder zu einem Wachsen in die Breite führen. Dies geschieht, weil auf der einen Seite Handlungsspielräume für die erweitert werden, die aufgrund von Frustration und Hoffnungslosigkeit drohen, wegzubrechen. Auf der anderen Seite werden Menschen, die sich bisher von jeglichem Protest ferngehalten haben, durch die, die bereit sind, noch größere Risiken auf sich zu nehmen, jetzt dazu ermutigt, selbst aktiv zu werden.

Die Geschichte von ZU+ bietet Erfolge und Potential

Dabei dürfen wir nicht vergessen, dass ZU+ bereits Teil der Kämpfe für Klimagerechtigkeit, soziale Gerechtigkeit und Systemwandel ist. Die Liste an Beispielen ist vielfältig und lang. Bisher fanden diese Aktionen aber meist abseits des breiten Protests statt, somit auch losgelöst von thematischen Debatten, inhaltlichen Auseinandersetzungen und zu oft auch nicht aufgefangen von uns als solidarischer Gemeinschaft. Dadurch hat sich das Risiko für die Einzelpersonen nochmal erhöht und es war zu einfach, sie in der breiten Öffentlichkeit als Randaliererinnen und Ökoterroristinnen zu kriminalisieren und ihrer Art des Protests jegliche Legitimation abzusprechen. Der Schritt, der gerade diskutiert wird, ist also viel weniger der, über eine neue Protestform, sondern vielmehr der, über den Umgang mit dieser Art von Protest, über seine Rahmenbedingungen und die Möglichkeit, sein Potential für unsere großen Ziele und zu bewältigenden Aufgaben zu nutzen. Es ist gleichermaßen eine Diskussion darüber, wie wir den Menschen, die sich dazu entschließen, mehr Schutz, Sicherheit und das Gefühl der Wertschätzung, Anerkennung und Zugehörigkeit zur Klimagerechtigkeitsbewegung geben können.

Das gilt für Menschen im Globalen Norden, es gilt aber gerade angesichts der Schwerpunkte, die sich einige Akteurinnen der Klimagerechtigkeitsbewegung aktuell gesetzt haben, umso mehr mit Blick auf den Globalen Süden, marginalisierte Gruppen und indigene Menschen. Wir wollen antikolonial agieren, nach wie vor bestehende koloniale Strukturen aufbrechen und entsprechende Ausbeutungen von Menschen und Ressourcen beenden.

Wir solidarisieren uns folgerichtig mit den Kämpfen marginalisierter Gruppen und indigener Menschen, wir stehen an ihrer Seite und unterstützen ihre Kämpfe. Das sind bis hierher zunächst nur Worte, oft geschuldet der Tatsache, dass die Orte dieser Kämpfe weit entfernt voneinander liegen. Aber wenn wir diese Worte ernst meinen, dann schulden wir es diesen Menschen, unsere Komfortzone zu verlassen und Worten Taten folgen zu lassen. Marginalisierte Gruppen, indigene Menschen, Menschen im Globalen Süden sind aus verschiedenen Gründen zu ganz anderen, oft auch tatsächlichen Kämpfen, gezwungen und haben neben vielen anderen Privilegien auch das des friedlichen, legalen Protests nicht oder nur sehr eingeschränkt. Unsere Privilegien zu erkennen und zu reflektieren, heißt auch, sie für diese Menschen zu nutzen. ZU+ ist eine logische Konsequenz dessen. Fossile Konzerne ziehen mit ihrer Infrastruktur eine Schneise der Verwüstung rund um den Globus. Damit beuten sie Ressourcen in einem Teil unseres Planeten aus, verletzen Menschenrechte, zerstören ganze Landstriche, töten und transportieren den Nutzen und Profit in den anderen Teil der Welt, in die Taschen einiger weniger. Die fossile Infrastruktur ist ein verbindender Punkt, den wir im Globalen Norden erreichen und angreifen können, um dem Globalen Süden zu helfen und uns tatsächlich den Kämpfen der Menschen dort anzuschließen. Unterbrechen wir Infrastruktur, hat das Einfluss auf den globalen Kreislauf. Verursachen wir dadurch Kosten für fossile Unternehmen, packen wir sie an dem einzigen Punkt, der diese Konzerne interessiert: der eigene Profit. Gleichzeitig werden wir dadurch als Gegenspielerin auf Augenhöhe wahrgenommen, weil wir Wirkmächtigkeit beweisen und in Teilen unberechenbar werden. Das wird schnell für Veränderungen sorgen und die Kipppunkte auf unserer Seite in Reichweite auch für all den anderen Protest bringen, der natürlich weiterhin Hauptbestandteil der Klimagerechtigkeitsbewegung bleiben wird.

Gewaltfreiheit definieren

Abschließend ist es noch an der Zeit, den Mythos, der uns zu absoluter, bedingungsloser Gewaltfreiheit verdammt, als das zu benennen, was er ist: im besten Fall nur eine Seite der Geschichte, offen betrachtet aber eine selbstauferlegte Beschränkung unserer Möglichkeiten und damit einhergehend ein bereitwilliges Überlassen der Deutungshoheit des Begriffes der Gewaltfreiheit an die, die vom aktuellen System und unserem Zögern profitieren. Die Geschichte, die immer wieder erzählt wird, von totaler Gewaltfreiheit als einziger Option für Erfolg, vermeintlich belegt durch den Kampf u.a. der Suffragetten für das Wahlrecht für Frauen, den Kampf gegen Sklaverei und die amerikanische Bürgerrechtsbewegung, ist eine unvollständige und somit falsche. Die Suffragetten zerstörten z.B. zu Hunderten Schaufensterscheiben, zündeten Briefkästen in London an, attackierten Statuen mit Äxten und Hämmern. Die Bürgerrechtsbewegung um Martin Luther King war erfolgreich, weil sie, angeführt von Malcom X, eine wesentlich radikalere Bewegung (gewollt oder ungewollt) an ihrer Seite hatte, die gefürchtet war und sie selbst und ihre Forderungen wie das kleinere Übel aussehen ließ. Sklaven haben ihre Befreiung nicht durch Sitzstreiks erreicht und die, die mit ihnen kämpften, taten dies nicht mit Transparenten. Wenn wir diese Beispiele als Vorbilder heranziehen, dann müssen wir ihnen erst noch in letzter Konsequenz gerecht werden.

Dazu gehört auch, dass wir uns Diskussionen um Deutungshoheiten von Begriffen stellen und innerhalb dieses Diskurses diese Deutungshoheiten für uns beanspruchen. Angesichts der immer schneller fortschreitenden Klimakatastrophe und ihrer schon jetzt dramatischen Folgen, wie den Verlust von Menschenleben und Biodiversität, die Schaffung von Fluchtursachen, die unwiderrufliche Zerstörung von Lebensräumen und Ökosystemen, das Erreichen und Überschreiten von Kipppunkten und das völlige Ausbleiben angemessener politischer Reaktionen versetzen uns nicht nur in die Lage, sondern machen es zu unserer Pflicht, den Begriff der Gewaltfreiheit auch bei Aktionen von ZU+ für uns zu beanspruchen. Sachbeschädigung ist gewaltfrei im Angesicht der Klimakatastrophe, die sich tatsächlich in Form von unfassbar vielfältiger und brutaler Gewalt manifestiert.

 

Tópico Gedanken zur Bewegung

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