Was darf ich als Mann und was nicht? Häusliche Gewalt beenden – Teil 3
Du interessierst Dich für Dich selbst und Deine Beziehungen. Deshalb liest Du diesen Artikel bei »Aufklärung tut Not«. Männer verbieten sich Gefühle, weil sie Männer sein wollen; auch Täter.
Hallo, und willkommen, bei Aufklärung tut Not, zu meinem dritten Artikel meiner Artikelserie,
»Was darf ich als Mann und was nicht?« ist eine Frage, mit der viele Männer rund um die Uhr beschäftigt sind.
Dabei handelt es sich tatsächlich um 2 Fragen. In diesem Artikel, dem 3. Teil meiner Artikelreihe »Häusliche Gewalt beenden«, untersuche ich, inwieweit die Antworten auf diese Fragen hinsichtlich der Lebensgestaltung von Männern und männlichen Tätern problematisch sind.
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Im 2. Teil dieser Artikelreihe (Abre numa nova janela) ist hoffentlich deutlich geworden, dass Männer, also auch Du als Mann, grundsätzlich im Kindesalter Entscheidungen treffen. Diese Entscheidungen sind Grundlage ihres eigenen Bildes vom Mannsein. Dein eigenes Bild vom Mannsein hast Du auch für Dich erstellt.
Was darf ich als Mann?
Dein Bild vom eigenen Mannsein bestimmt nun, was Du als Mann darfst. Extrem ist Dein eigenes Bild vom Mannsein mit ziemlicher Sicherheit, wenn Du gezwungen warst, Deine Entscheidungen anhand des Gegenteils von Weiblichkeit zu treffen, wenn Du in Deiner Kindheit kaum männliche Vorbilder hattest.
Mit extrem meine ich, dass Du Dein Bild vom eigenen Mannsein besonders fest vermauert hast. Dein Bild vom Mannsein ist damit nicht so einfach umzubauen. Du musst es eventuell komplett einreißen und es dann anhand Deiner Erfahrungen neu aufbauen.
War Dein Vater körperlich anwesend, hast Du es eventuell ein wenig leichter, Dein eigenes Bild vom Mannsein zu bearbeiten und Deinem Erwachsenenalter anzupassen.
Unzufriedenheit
Unzufrieden zu sein ist Männern, also vielleicht auch Dir, geläufig. Es ist durchaus gesellschaftlich anerkannt, dass Männer eine allgemeine Unzufriedenheit mit sich herum tragen. Dass Männer diese Unzufriedenheit oft mit ihrer Arbeit als Angestellter oder Selbständiger in Verbindung bringen, untersuche ich bald in einem weiteren Artikel zum Identitätsmodell.
Unzufriedenheit ist grundsätzlich ein Motor, der uns veranlassen kann, Veränderungen einzuleiten. Vorraussetzung dafür ist, dass Du Deiner Unzufriedenheit nicht nur vordergründig Platz einräumst, sondern dass Du diese annimmst und ihr den nötigen Raum gibst.
Grundsätzlich wird niemand in Frage stellen, wenn Du als unzufrieden wahrgenommen wird. Das ist für Dich als Mann ungefährlich.
Doch wenn Du notorisch unzufrieden bist, ist es wahrscheinlich, dass andere Gefühle bei Dir vorhanden sind. Außerdem kann es ratsam sein, dass du Dir Deine aktuelle Lebenssituation einmal im Detail vor Augen führst (Abre numa nova janela).
Ärger
Wenn Männer ärgerlich werden, dann ist das in Beziehungen oder Gelegenheiten außerhalb von Partnerschaft und Ehe weitestgehend unbestritten männlich.
Wenn Du also ärgerlich von der Arbeit kommst und Dich über Kollegen oder Deinen Vorgesetzten aufregst, mag das zwar als männlich durchgehen, kann aber auf Dauer auch als störend wahrgenommen werden.
Was darf ich als Mann nicht?
Du darfst nicht traurig sein
Traurig zu sein bedeutet nicht zwingend, dass Du weinen musst. Traurigkeit ist ein Gefühl, dass sich nicht nur einstellt, wenn wir einen wichtigen Mitmenschen verlieren. Wir können auch traurig werden, wenn wir uns mit unserem Partner ewig streiten, wenn die aktuelle Situation in unserer Beziehung ausweglos erscheint.
Wir können traurig sein, wenn gewisse Aspekte unseres Lebens sich nicht so entwickeln, wie wir uns dies wünschen.
Du darfst nicht traurig sein, wenn Du in Kindertagen nicht sehen konntest, dass das als Mann sinnvoll ist. Traurigkeit bringt Dich vermeintlich nicht weiter, weil Du als Kind mit Deiner Traurigkeit kein Echo Deiner Eltern erhalten hast. Oder Dein Vater, wenn er irgendwie anwesend war, war nur unzufrieden und ärgerlich?!
Überfordert sein ist tabu
Als Mann bist Du nicht überfordert, weil das unmännlich ist. Du hast als Kind entschieden, dass dies eher weiblich ist und somit Deinem Mannsein im Wege stehen würde.
Tatsächlich sind wir als Männer immer wieder überfordert. Es reicht aus, dass Du am Ende eines anstrengenden Arbeitstages noch 1 Überstunde machen sollst, Du aber zuhause erwartet wirst. Eine Entscheidung für oder gegen die Überstunde kann Dich überfordern. Deine Partnerin möchte, dass Du einkaufen gehst, Du bist dazu allerdings derzeit nicht in der Lage. Darfst Du nicht überfordert sein, musst Du entweder dennoch einkaufen gehen oder vielleicht damit argumentieren, dass Du einfach keine Lust hast.
Darfst Du nicht überfordert sein, wirst Du alle Hebel in Bewegung setzen, den Anschein zu erwecken, alles hinzubekommen.
Das ist anstrengend und kostet eine Menge Energie.
Ohnmächtig sind nur Weicheier
Ohnmacht ist deshalb so unangenehm, weil wir, während wir ohnmächtig sind, keine Handlung in Gang setzen können. Wir wollen allerdings wirksam sein und Einfluss darauf haben, was uns widerfährt.
Doch dies ist nicht immer möglich. Jeder, der schon einmal betriebsbedingt gekündigt wurde, kennt es, ohnmächtig zu sein.
Ohnmächtig zu sein, bedeutet, keinen Zugriff zu haben auf das, was uns widerfährt. Das ist extrem unangenehm und nicht männlich.
Du wirst also versuchen, in irgendeiner Weise Zugriff zu bekommen, aktiv sein zu können. Die Wege, die Du dabei beschreitest, sind sicherlich des Öfteren nicht hilfreich, weil Deine Ohnmacht tatsächlich bleibt.
Hilflos sein geht nicht
Hilflos zu sein, kommt für dich nicht infrage. Das gilt allerdings nur in bestimmten Lebensbereichen. Je greifbarer eine Problemstellung ist, oder anders formuliert, technischer eine Anforderung ist, desto eher wirst Du Unterstützung organisieren. Das Auto bringst Du in die Werkstatt, Du gehst zum Zahnarzt oder beauftragst einen Steuerberater!
Jegliche Schwierigkeiten im Kontakt mit Deinen Mitmenschen wirst Du auf Teufel komm raus selbst bearbeiten wollen, obwohl du es nicht immer kannst.
Ratlos sein darfst Du auch nicht
Ratlos zu sein ist nahe dran am hilflos sein, hat aber doch eine andere Qualität. Du darfst nicht ratlos sein, weil dies entgegen Deines persönlichen Mannseins offenbaren würde, dass auch Du manchmal nicht weisst, was jetzt zu tun ist.
Doch richtige Männer haben Antworten oder Lösungen parat; und das rund um die Uhr. Ratlos zu sein, bedeutet irgendwie in der Luft zu hängen und das auch körperlich; das ist unangenehm.
Verzweifelt sein ist keine Option
Verzweifelt zu sein ist sehr unangenehm, ähnlich wie ohnmächtig zu sein. Sind wir mit zu vielen Anforderungen gleichzeitig konfrontiert und wissen wir nicht, wie wir das alles bewältigen sollen, kann sich bei uns Verzweiflung einstellen.
Lieben wir unsere Partnerin, ist allerdings derzeit massiv der sogenannte Wurm drin, und wissen wir nicht, was wir tun können, stellt sich vielleicht auch deshalb Verzweiflung ein.
Doch für dich kommt das nicht infrage. Dein Umfeld darf davon nichts mitbekommen, also schweigst Du lieber oder zeigst Dich ärgerlich, sodass Dein Umfeld nicht mitbekommt, wie es Dir tatsächlich geht.
Doch die Verzweiflung ist da und Du betreibst sehr viel Aufwand, diese in Schach zu halten.
Irritiert sein ist nicht männlich
Wenn unsere Partnerin etwas macht oder sagt, das wir nicht nachvollziehen können, ist es nachvollziehbar, dass sich Irritation einstellt. Nicht für Dich, denn irritiert zu sein, ist unangenehm. Da du nicht erleben konntest, dass Männer irritiert sind und dies auch zeigen, ist das für Dich keine Option.
Keine Lösung haben ist nicht Dein Anspruch
Als Mann hast Du Lösungen immer schnell zur Hand. Ist dies nicht der Fall, findest Du Gründe dafür im Außen, also entweder bei äußeren Umständen, anderen Mitmenschen oder eben bei Deiner Partnerin.
Vielleicht bist Du auch deshalb oft unzufrieden oder ärgerlich. Mit Deinem Ärger bleibst Du ein Mann, erzeugst allerdings regelmäßig eine angespannte Atmosphäre und setzt Dich selbst ständig unter Druck.
Auch das ist extrem anstrengend und braucht zusätzliche Energie.
Aggressives Verhalten ist uncool
Obwohl ärgerlich sein für Dich als Mann ungefährlich ist, bist Du durch Dein eigenes Bild vom Mannsein daran gehindert, Dich aggressiv zu verhalten. Verwechsle dabei bitte aggressives Verhalten nicht mit Gewaltverhalten.
Obwohl wir nur mit aggressivem Verhalten unser Leben gestalten, kannst Du abgestuftes aggressives Verhalten nicht für Dich nutzen, um Deine Wünsche deutlich zu transportieren, zu sagen, was Du willst oder was Du nicht willst.
Ein wichtiges Werkzeug für das Aufzeigen Deiner Grenzen ist Dir damit ebenfalls genommen.
Denn mit aggressivem Verhalten verbindest Du Kontrollverlust; vielleicht auch Deine Partnerin. Unsere Gesellschaft hat es sich zu eigen gemacht, aggressives Verhalten mindestens als Vorstufe von Gewaltverhalten anzusehen. Aggressives Verhalten ist insgesamt unerwünscht, da man damit unangenehm auffällt.
Die Kontrolle verlieren kommt nicht in Frage
Die Kontrolle zu verlieren, bedeutet letztendlich nichts anderes als unangenehme Gefühle zu merken.
Solange Du die Kontrolle nicht verlieren darfst, darfst Du Dich weder aggressiv verhalten noch unangenehmen Gefühlen Raum geben.
Kontrolle zu verlieren bedeutet für Dich als Mann auch, Deine Männlichkeit zu verlieren. Das geht für Dich allerdings nicht.
Du musst viel Aufwand betreiben, um nach außen hin, Deine Kontrolle zu behalten. Je mehr Anforderungen in Deinem Alltag auf dich zukommen, desto anstrengender wird dies für Dich.
Deine Partnerin nicht verstehen
Eine der Hauptkategorien auf meinen Blog ist die Kommunikation. Wenn Du Dich mit dem Thema beschäftigt, wirst Du vielleicht feststellen, dass es nicht so leicht ist, sich zu verständigen.
Es wäre also folgerichtig, dass Du Deine Partnerin oder Ehefrau in Gesprächen nicht verstehst. Doch das darfst Du nicht, denn als Mann und guter Partner/Ehemann verstehtst Du Deine Partnerin immer. Als Mann gibt es nichts, das Dir nicht gelingen kann. Insofern wirst Du Mittel und Wege finden, den Eindruck zu erwecken, Deine Parterin immer zu verstehen. Oder es gelingt Dir, durch Ablenkungsmanöver zu verbergen, dass Du Deine Partnerin nicht verstehst.