Welche ADHS-Therapie wirkt ?
– doch sie sind kaum für dich verfügbar!
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Was wirklich wirkt – und warum die besten Ansätze oft nicht in der Praxis ankommen
Die kognitive Verhaltenstherapie (CBT) gilt als eine der besten nicht-medikamentösen Behandlungen für ADHS. Doch nicht alle CBT-Techniken sind gleich effektiv. Eine neue systematische Übersichtsarbeit mit Netzwerk-Metaanalyse von Matsumoto et al. (2024) (Quelle: BMJ Mental Health, DOI: 10.1136/bmjment-2024-301303) (Abre numa nova janela) hat genau analysiert, welche spezifischen Therapie-Elemente die größten Effekte auf ADHS-Symptome haben – und welche überschätzt werden.
Das Ergebnis ist eindeutig: Dritte-Welle-Therapie, Verhaltenstherapie und klassische CBT sind die Top-Strategien. Doch es gibt ein großes Problem: Diese Methoden sind in der realen Versorgung oft kaum verfügbar!
Was war das Ziel der Studie?
Bisherige Meta-Analysen haben gezeigt, dass CBT bei ADHS wirksam ist, aber nicht, welche konkreten Techniken innerhalb der CBT wirklich die Kernsymptome verbessern. Diese Studie untersuchte daher:
✅ Welche CBT-Komponenten sind besonders wirksam gegen Unaufmerksamkeit, Impulsivität und Hyperaktivität?
✅ Wie schneiden diese im direkten Vergleich mit anderen Methoden ab?
✅ Welche Kombinationen von Methoden bringen den größten Erfolg?
Untersuchungsmethode:
🔹 43 randomisierte kontrollierte Studien (RCTs) mit insgesamt 3817 Teilnehmenden
🔹 Netzwerk-Metaanalyse, um direkte und indirekte Vergleiche zwischen verschiedenen Therapieformen zu ermöglichen
🔹 Primärer Endpunkt: Verbesserung der ADHS-Kernsymptome
Die drei wirksamsten Therapieansätze für ADHS im Detail
1. Dritte-Welle-Therapie – Die unterschätzte Kraft der Achtsamkeit und Akzeptanz
Die sogenannte Dritte-Welle-Therapie ist eine moderne Weiterentwicklung der kognitiven Verhaltenstherapie. Sie kombiniert Achtsamkeitsbasierte Verfahren (Mindfulness), Akzeptanz- und Commitment-Therapie (ACT), metakognitive Therapie und Dialektisch-Behaviorale Therapie (DBT).
👉 Warum hilft sie bei ADHS so gut?
ADHS-Betroffene kämpfen häufig mit hoher Reizoffenheit, intensiven Emotionen und Impulsivität. Dritte-Welle-Methoden helfen dabei, nicht sofort auf jeden Reiz zu reagieren, sondern eine Meta-Distanz zu Gedanken und Gefühlen aufzubauen.
Achtsamkeitstraining verbessert die Selbstwahrnehmung und hilft, Emotionen bewusster zu regulieren.
Akzeptanz- und Commitment-Therapie (ACT) stärkt die Fähigkeit, unangenehme Zustände zu tolerieren, anstatt impulsiv zu handeln.
Metakognitive Therapie hilft, Gedankenspiralen zu unterbrechen, die oft zu Unproduktivität und Selbstzweifeln führen.
📌 Studienergebnis:
Dritte-Welle-Therapie war der effektivste Einzelansatz in der Meta-Analyse, mit einer Odds Ratio (OR) von 4.80 im Vergleich zu Placebo. Das bedeutet, dass Personen mit ADHS fast fünfmal so häufig eine Verbesserung erlebten, wenn diese Methoden eingesetzt wurden.
🔥 Herausforderung:
Diese Techniken sind in der klassischen Psychotherapie-Ausbildung kaum vertreten bzw. fliessen jetzt erst in den Ausbildungsinstituten in die Weiterbildung ein. Viele Therapeut:innen haben (noch) wenig Erfahrung mit ACT oder Achtsamkeitsbasierten Methoden für ADHS.
2. Verhaltenstherapie – Struktur schlägt Chaos
Die Verhaltenstherapie konzentriert sich darauf, äußere und innere Strukturen so zu verändern, dass das ADHS-Gehirn besser funktioniert.
👉 Warum hilft sie bei ADHS?
Menschen mit ADHS haben oft Schwierigkeiten mit Selbstorganisation, Zeitmanagement und Impulskontrolle. Die Verhaltenstherapie setzt genau hier an:
Organisationsstrategien: Klare Pläne, To-Do-Listen und strukturierte Routinen helfen, den „inneren Chaos-Modus“ zu bändigen.
Belohnungssysteme: Externe Motivation wird genutzt, um neue Gewohnheiten zu festigen.
Selbstmanagement-Techniken: Konkrete Strategien, um Ablenkungen zu minimieren und produktiver zu arbeiten.
📌 Studienergebnis:
Die Verhaltenstherapie war sehr wirksam (OR 3.50), besonders wenn Organisationsstrategien gezielt vermittelt wurden.
🔥 Herausforderung:
Die klassische Verhaltenstherapie wird oft auf Angststörungen und Depressionen ausgerichtet – nicht auf ADHS. ADHS-Therapie erfordert jedoch spezifische Anpassungen, die in vielen Praxen fehlen.
3. Kognitive Verhaltenstherapie (CBT) – Klassisch, aber wirksam
Die kognitive Verhaltenstherapie (CBT) kombiniert Verhaltenstherapie mit kognitiven Techniken, die negative Denkmuster verändern sollen.
👉 Warum hilft sie bei ADHS?
ADHS-Betroffene haben oft selbstkritische Gedanken („Ich bin unfähig, ich kriege nichts hin“) und Grübelspiralen. CBT hilft, diese Muster zu erkennen und bewusst zu verändern.
📌 Studienergebnis:
CBT war signifikant wirksamer als Placebo (OR 3.10), aber weniger effektiv als Dritte-Welle-Therapie und Verhaltenstherapie.
🔥 Herausforderung:
CBT ist zwar weit verbreitet, doch in vielen Fällen wird zu wenig Wert auf Organisationsstrategien oder Emotionsregulation gelegt – zwei der effektivsten Techniken für ADHS laut Studie.
Fehlte Schematherapie in der Analyse?
Die Studie untersuchte keine spezifische Schematherapie, aber einige Elemente überschneiden sich mit den wirksamsten Komponenten:
✔ Schematherapie hilft, tiefliegende emotionale Muster aus der Kindheit zu erkennen und zu verändern.
✔ Besonders für ADHS mit starken Selbstwertproblemen oder Bindungsproblemen kann sie sinnvoll sein.
✔ Schwachpunkt: Schematherapie setzt oft auf längere Therapien mit tiefenpsychologischen Elementen – was in vielen Studien nicht systematisch untersucht wurde.
💡 Fazit: Eine Kombination aus Schematherapie und Verhaltenstherapie könnte für manche ADHS-Betroffene ideal sein.
Diese Therapieansätze sind überschätzt oder wenig hilfreich für ADHS
🔴 1. Reine Psychoedukation – Wissen alleine verändert nichts
Viele Therapieprogramme und Online-Kurse für ADHS setzen stark auf Psychoedukation – also die Vermittlung von Wissen über ADHS. Das klingt sinnvoll, doch die Studie zeigt:
📌 Psychoedukation allein hat kaum messbare Effekte auf die ADHS-Symptome!
👉 Warum?
Wissen über ADHS hilft nur, wenn daraus konkrete Verhaltensänderungen resultieren.
ADHS ist kein Mangel an Wissen, sondern eine Umsetzungsstörung (Performance-Störung) =
= Viele ADHS-Betroffene wissen bereits, was sie tun sollten, aber scheitern an der Umsetzung.
Es fehlen praktische Strategien für den Alltag, um das Wissen auch wirklich anzuwenden.
🔥 Fazit: Psychoedukation ist nützlich als Ergänzung, aber keine eigenständige Behandlung für ADHS. Programme, die nur auf Wissensvermittlung setzen, bringen keine langfristige Veränderung.
🔴 2. Kognitive Umstrukturierung – ADHS lässt sich nicht „wegdenken“
Ein zentrales Element der klassischen kognitiven Verhaltenstherapie (CBT) ist die kognitive Umstrukturierung. Dabei geht es darum, negative Denkmuster zu hinterfragen und durch realistischere Gedanken zu ersetzen.
📌 Die Meta-Analyse zeigt: Diese Technik ist weniger wirksam bei ADHS als erwartet!
👉 Warum?
ADHS ist kein Problem des Denkens, sondern der Selbststeuerung.
Negative Gedanken entstehen oft als Reaktion auf Selbstregulationsprobleme – sie sind nicht die Ursache.
Viele ADHS-Betroffene wissen bereits, dass ihre Gedanken irrational sind, können ihr Verhalten aber trotzdem nicht ändern.
🔥 Fazit: Kognitive Umstrukturierung kann begleitend helfen, sollte aber nicht als Hauptstrategie genutzt werden. Statt Gedanken zu hinterfragen, ist es für ADHS-Betroffene oft hilfreicher, direkte Verhaltensänderungen umzusetzen (z. B. mit Struktur- und Selbstmanagement-Techniken).
🔴 3. Reine Entspannungstechniken – Nicht ausreichend für ADHS
Progressive Muskelentspannung, Atemübungen, Yoga und andere reine Entspannungstechniken werden oft als ADHS-Therapie empfohlen.
📌 Die Meta-Analyse zeigt jedoch, dass diese Methoden allein kaum einen Effekt auf ADHS-Kernsymptome haben!
👉 Warum?
ADHS ist kein reines Stressproblem, sondern eine neurologische Störung der Reiz- und Impulsregulation.
Entspannung kann helfen, Emotionen besser zu regulieren, aber sie löst keine Probleme mit Selbstorganisation, Fokus oder Impulsivität.
Viele ADHS-Betroffene langweilen sich schnell bei Entspannungsübungen und brechen sie ab.
🔥 Fazit: Entspannungstechniken sind eine sinnvolle Ergänzung, aber keine eigenständige Therapie für ADHS. Effektiver sind Methoden, die Selbstregulation aktiv trainieren, z. B. Dritte-Welle-Therapie oder Emotionsmanagement-Strategien.
🔴 4. "Motivations-Coaching" ohne klare Struktur
Viele Online-Coachings und Selbsthilfe-Programme für ADHS werben mit Motivationstipps und positiven Denkweisen. Doch die Studie zeigt:
📌 Motivation alleine reicht nicht aus – ADHS braucht klare Strategien!
👉 Warum?
ADHS-Betroffene haben oft kein Motivationsproblem, sondern ein Umsetzungsproblem.
Dopaminmangel im Gehirn führt dazu, dass Motivation nicht dauerhaft aufrechterhalten werden kann.
Ohne klare Routinen, externe Strukturen und Belohnungssysteme bleibt Motivation eine kurzlebige Emotion.
🔥 Fazit: Programme, die nur auf Motivation und "Mindset-Änderung" setzen, verfehlen den Kern des Problems. Effektive Therapie braucht strukturierte Routinen, Organisationsstrategien und praktische Umsetzungshilfen.
🔴 5. Unstrukturierte Gesprächstherapie – Keine gezielte Hilfe für ADHS
Viele Therapeut:innen setzen bei ADHS auf Gesprächstherapie, ähnlich wie bei Depressionen oder Angststörungen. Doch die Meta-Analyse zeigt:
📌 Unstrukturierte Gespräche haben kaum Effekte auf die ADHS-Kernsymptome!
👉 Warum?
ADHS ist kein Problem, das durch reine Selbstreflexion gelöst werden kann.
Ohne konkrete Pläne und Verhaltensstrategien bleibt das Problem bestehen.
Viele ADHS-Betroffene brauchen praktische Anleitungen, nicht nur Gespräche über ihre Gefühle.
🔥 Fazit: Gesprächstherapie kann bei begleitenden Problemen (z. B. Selbstwert, Ängste) hilfreich sein, aber für ADHS braucht es strukturierte, lösungsorientierte Therapieansätze.
Fazit: Wir wissen, was hilft – doch es fehlt an der Umsetzung!
Diese Studie zeigt klar: Es gibt effektive Therapie-Strategien für ADHS – aber sie sind kaum in der Versorgungsrealität für uns verfügbar.
🔴 Lange Wartezeiten für spezialisierte ADHS-Therapie
🔴 Mangel an Therapeut:innen mit ADHS-Expertise
🔴 Apps und Online-Kurse vermitteln oft nur Psychoedukation, aber keine strukturierten Methoden
👉 Lösungsansätze:
✔ Mehr Fortbildungen für ADHS-spezifische Verhaltenstherapie
✔ ADHS-Coaching als Ergänzung zur Therapie anerkennen
✔ Bessere Online-Angebote mit evidenzbasierten Strategien
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