Gedanken-Quarantäne
Draußen Stille, innen ist es laut. Gerade in diesen Zeiten rasen die Gedanken. Eine Aufgabe hier, etwas vorbereiten da. Kannst du bitte noch..? COVID-Fallzahlen. Hast du Zeit für...? Maske. Passt es dir am Mittwoch? Hast du deine Hausarbeit schon geschrieben? Noch eine Überstunde. Wie ein Hamster im Rad. Wie ein Automat. Vollautomatisch gestresst. Und dann kommt plötzlich der Ramadan.
Vielleicht tut es gut, die Gedanken zu sortieren. Einfach mal Ruhe reinbekommen. Zuerst wird der Stress noch da sein und der leere Magen kommt dazu. Am Anfang noch die Fragen. Ja, auch kein Wasser. Nein, bis Sonnenuntergang. Ja, einen Monat lang. Aber... vielleicht wird es danach ruhiger. Meistens dauert es ein paar Tage bis mein Körper sich daran gewöhnt hat, aber mein Geist braucht manchmal länger. Und ich erwische mich, wie ich weiter Dinge erledigen will. Produktiv sein.
Und dann kommt es bei mir an: Produktivität ist erstens keine Maxime zum Glück und zweitens: Wenn etwas produktiv ist, dann doch am meisten eine Zeit, in der ich an mir arbeite. Ich stelle mich meinen tiefsten Überzeugungen, meinen Ängsten, meinem Hunger, meinen Fragen.
Tagsüber nicht durchhetzen und Erholung auf Tiktok, Instagram und Spieleapps finden. Die Pause nicht für die Zigarette nutzen. Nicht den ganzen Tag mit anderen und deren Projekten und Sorgen beschäftigt sein. Wie wäre es einfach tagsüber mit Gedanken-Quarantäne? Alleine sein, einfach ruhig auf dem Gebetsteppich sitzen und denken. Im Koran lesen und nachdenken, was es für mich selbst bedeutet.
Sicherlich machen das alle Muslim*innen anders und Ramadan ist für jede*n von uns anders. Natürlich. Aber für mich ist es die Zeit, in der ich verstehen möchte, was ich in meinem Leben brauche und in der ich versuche, mir demütig vorzustellen, wie klein ich doch bin im Vergleich zum Universum und wie klein eben auch meine Probleme sind. Und zum Schluss werden meine guten Taten zählen und das Lächeln, was ich in die Welt bringe - und nicht die Abschlüsse, Überstunden und die Menge an Cortisol, was durch meine Adern floss.
So viel zu meinen Gedanken zum Beginn des Ramadan. Und was beschäftigt euch heute?