Der größte Baum der Welt ... stirbt.
Pando, der zitternde Riese. Eingebettet in den Fishlake National Forest in Utah, USA, liegt ein lebendes Wunder – Pando, ein klonaler Espenhain.
Es sieht erst einmal wie eine ganz normale Wald-Monokultur aus, Espe reiht sich an Espe (auch bekannt als Zitterpappel), aber unter der Erdoberfläche webt ein unglaubliches Netzwerk von miteinander verbundenen Wurzeln eine ungeöhnliche genetische Geschichte, denn: Pando ist –vermutlich! – ein einziger Organismus, der sich über eine Fläche von 107 Hektar erstreckt und aus über 40.000 einzelnen Baumstämmen besteht, die alle genetisch identisch sind. "Vermutlich" schreibe ich, weil nicht gesichert gesagt werden kann, ob hier und da die Verbindung unterbrochen ist und es mehrere Fragmente gibt.
Pando zieht schon lange die Herzen und Köpfe von Wissenschaftler:innen, Naturliebhaber:innen und Neugierigen gleichermaßen in seinen Bann. Die Espe (Populus tremuloides) pflanzt sich sowohl sexuell als auch ungeschlechtlich fort. Während die sexuelle Fortpflanzung den Austausch von genetischem Material durch Bestäubung beinhaltet, findet die ungeschlechtliche Fortpflanzung statt, wenn eine Espe Wurzeln aussendet, aus denen neue, genetisch identische Bäume sprießen, die so genannten "Geneten" Als Genet bezeichnet man die Klongeschwuster eines Orgnismus. Ihr kennt das bestimmt auch von anderen Pflanzen, die Ableger bilden: Erdbeeren oder Grünlilien.
Zeig mir deine Ringe, Baby!
Pando wächst nach einigen Schätzungen schon seit Tausenden von Jahren. Früher wurde ein Alter von 80.000 Jahren angegeben, mittlerweile geht man aber davon aus, dass das nicht hinhauen kann – das würde mit einer Eiszeit kollidieren, in der es keine Espen gegeben haben konnte. Deshalb gibt man heutzutage lieber ein Alter von ungefähr 14.000 Jahren an, plus minus. Dennoch: Pando ist nicht nur einer der größten Organismen der Erde (mit einem Gewicht von mehreren tausenden Tonnen), sondern auch einer der ältesten.
Das Pandos Alter ist spannend für Dendrochronolog:innen. Diese Wissenschaftler:innen untersuchen Baumringe, um das Alter von Bäumen zu bestimmen und vergangene Klimabedingungen zu verstehen. Die Dendrochronologie beruht auf dem Prinzip, dass Bäume in gemäßigten oder kalten Regionen jedes Jahr einen neuen Jahresring anlegen. Diese Ringe spiegeln die Klima- und Umweltbedingungen wider, die der Baum während seines Wachstums erlebt hat, und geben wichtige Einblicke in vergangene Klima- und Umweltveränderungen.
Der Prozess beginnt mit dem Sammeln von Proben von lebenden Bäumen oder von Totholz. Die Wissenschaftler:innen verwenden Werkzeuge wie spezielle Bohrer, oder sie nehmen nehmen Querschnitte aus dem Holz. Lebende Bäume wollen sie jedoch so wenig wie möglich beschädigen, klar. Sobald die Proben gesammelt sind, werden sie aufbereitet, in der Regel durch Schleifen oder Schneiden, sodass die Jahresringe für die Analyse sichtbar werden.
Jeder dieser Ringe besteht aus zwei Teilen: dem helleren Frühholz, das sich in der ersten Wachstumsperiode des Jahres bildet, und dem dunkleren Spätholz, das sich im späteren Verlauf der Saison entwickelt. Die Breite der Ringe variiert je nach Faktoren wie Temperatur, Niederschlag und anderen Umweltbedingungen während des Wachstums des Baumes.
Um die Genauigkeit zu verbessern, verwenden Forschende die sogenannte "Kreuzdatierung" – ein Verfahren, bei dem die Ringmuster mehrerer Proben verglichen werden, um ein genaues Datum für jeden Ring festzuhalten. Diese Technik korrigiert auch fehlende oder undeutliche Ringe, die durch Faktoren wie Krankheiten oder Insektenbefall entstehen können. Mit Hilfe der Kreuzdatierung können Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Jahrtausende zurückreichende Jahrringmuster zusammenstellen und umfangreiche Chronologien erstellen, die eine Fülle von Informationen über vergangene Klima- und Umweltveränderungen liefern. Und genau deshalb konnte man so gut rekonstruieren, wie sich das Klima im Laufe der Zeit in der Gegend, in der der Espen-Hain wächst, verändert hat.
Wie man mithilfe alter Organismen etwas über das Klima lernen kann
Ein internationales Team hatte unter der Leitung von Forschenden des Max-Planck-Instituts für Chemie 2012 ein neues Archiv historischer Meerestemperaturen entdeckt – uns das ebenfalls in einem einzigen Organismus, deshalb wandere ich mit dir kurz weg von Pando ins Meer.
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