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Rezension, Teil 1: Baldur's Gate 3 (PC, PS5)

Einige werden Baldur's Gate 3 schon durchgespielt haben. Wenn ich diese Zeilen schreibe, befinde ich mich noch im Hinterland der Schwertküste, halb verirrt in einem bösartigen Tempel. Dieser Beginn der Rezension beruht auf den Erfahrungen, die ich im ersten Akt auf der PlayStation 5 sammeln konnte. Ich warne schonmal vor, dass es zunächst einen Prolog gibt, dass es danach etwas ausführlicher wird und erzählerische Hintergründe beleuchtet werden, in denen Orte, Handlungen und Antagonisten genannt werden. Ich werde nichts Wesentliches verraten, aber dieser Bericht eignet sich nicht als Appetitanreger oder für Spieler, die ohne Vorwissen ihre Rucksäcke packen wollen.


Altes Spiel, neue Euphorie


Ich habe mich gegen die poetischere Tagebuchversion entschieden, weil diese Anekdoten zu viele Questdetails vorweggenommen hätten. Dieser erste Teil wird vermutlich der längste, aber ich werde noch nicht alle Facetten der Spielmechanik beleuchten. Das Kampfsystem und die Rätsel spare ich bewusst für den zweiten Teil auf. Es hat sich doch einiges an negativen Punkten summiert, aber letztlich geht es in einer Spielbetrachtung nie um Perfektion, sondern immer um Kompensation. Gerade auf einer derart langen Reise ist das ein ständiges Abwiegen. Und manchmal kann eine tolle Situation für zwei, drei Kontras entschädigen. Die Fragen zur Entwicklung der Geschichte sowie der Spielwelt, der inneren Beziehungen und äußeren Konflikte werde ich schon anreißen, aber da führen die Fäden erst im dritten Akt zusammen. Warum rede ich hier eigentlich so um den heißen Brei herum?


Nicht nur, weil er aktuell auf Metacritic bei erstaunlichen 96 Grad köchelt, also einer Wertungstemperatur, die man sonst von GTA, Zelda oder Elden Ring kennt. Falls diese Euphorie berechtigt ist, was laut Hörensagen recht wahrscheinlich ist, erlebt man in diesem Spätsommer nicht weniger als eine spektakuläre Rückkehr. Und zwar die eines in Nostalgie ergrauten Urzeitkönigs namens Computer-Rollenspiel (CRPG). Nicht etwa auf schwarmfinanzierten Geheimwegen, nicht in der Nische gefeiert, sondern auf einem regelrechten Triumphzug auf XXL-Niveau: Mit 170 Stunden Filmsequenzen und zwei Millionen Wörtern im Rücken, die mehr erzählen als Der Herr der Ringe, Der Hobbit und Das Silmarillion zusammen. Wer sich durch diesen isometrischen Wälzer kämpft, soll eines von 17.000 (!) möglichen Enden erleben. Natürlich wabert da viel statistischer Nebel, denn nahezu alles verändert die Parameter für das Finale, beginnend mit der Charakterwahl. Trotzdem ist das schlichtweg beeindruckend.

Höhepunkt einer Genre-Geschichte?


Aber wie viel Klasse steckt in dieser Masse? Und wie erlebt man diese Rückkehr, wenn man dieses Genre fast seit der Kindheit begleitet? Dass ich keine schlanke Rezension aus der Hüfte schieße liegt auch daran, dass mich dieses vermeintliche Meisterwerk mitten in der Recherche für eben jene Geschichte der Rollenspiele erwischt. Wenn man so möchte, werde ich gerade vom Rad der Zeit und Baldur's Gate 3 (BG3) zermalmt. Als ich gestern aus einem Dungeon zum Schreibtisch floh, nachdem meine Vierergruppe zwischen Todeswolken und Blitzen aufgerieben wurde, wollte mir in der Pause keine Zeile an Text gelingen. Ich grübelte einfach zu sehr über der Frage, ob ich statt des Magiers besser den Druiden oder gleich beide plus Hexenmeister einsetzen soll. Außerdem spukten mir ein Nachtlied und sprechende Ratten durch den Kopf.

So manches Geheimnis trägt man länger mit sich herum...

Wenn ein Spiel so nachhallt, ist das in der Regel ein sehr gutes Zeichen. Und natürlich werde ich niemanden mit meinen Erkenntnissen überraschen. Letztlich ist das Urteil längst so positiv ausgefallen, dass niemand eine Art von Kaufberatung braucht. Hier geht es also nicht um Hit oder Flop, sondern um die Frage, wie stark dieses Baldur's Gate 3 auf mich wirkt, ob es auch aus meiner Sicht den vorläufigen Höhepunkt einer langen Genre-Geschichte darstellt. Dass ich erst relativ spät etwas beitragen kann, liegt in erster Linie an der einen Monat späteren Konsolenversion. Denn Anfang August, als (BG3) für den PC erschien, fehlte mir aufgrund der Ferien schlicht die Zeit zum Spielen. Aber mir gefällt das, denn so kann ich das Abenteuer von der Couch aus erleben und hab eine einigermaßen plausible Ausrede für dieses weitschweifige Palaver.

Aber wer weiß, vielleicht kann das ja auch ein Vorteil für spielkulturell Interessierte sein, denn aufgrund der parallelen Recherche bilde ich mir ein, einige Verbindungen ziehen zu können, die mir in all den Jahren zuvor gar nicht bewusst waren. In diesem Rollenspiel treffen sich ja zwei Traditionslinien, die dieses wunderbare Genre über 50 Jahre geprägt haben. Das wird also alles andere als eine knackige Kritik, sondern eine Mischung aus Vertiefung und Analyse. Mal weit herausgezoomt aus der Sicht des vergleichenden Spielehistorikers, mal mit Abstechern zu anderen Rollenspielen, mal nah dran wie ein schnüffelnder Spieletester auf Bugsuche, dem man seit 20 Jahren nichts recht machen kann. Ich hoffe, dass ich diese Blickwinkel einigermaßen harmonisch aufeinander abstimmen kann. Und dass niemand vorzeitig einschläft.

Tja, dann fange ich mal in weit entfernten Zeiten an...

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