Zu blank für den Terror
Warum die palästinensische Autonomiebehörde seine Terrorrenten einstellt - Die Behörde ist pleite und ersucht Gelder aus dem Westen

Der Präsident der palästinensischen Autonomiebehörde und des Staats Palästina, Mahmoud Abbas, hat vor einigen Tagen ein bedeutsames Dekret erlassen (Si apre in una nuova finestra). Dieses stoppt dem Wortlaut nach die Auszahlung von hochumstrittenen speziellen Zahlungen an Häftlinge in israelischen Gefängnissen und Renten an Angehörige von Personen, die bei der Durchführung von Terroranschlägen gegen Israelis gestorben sind. Dieses Programm ist unter Opfern solcher Terrorangriffe verständlicherweise hochumstritten und steht seit langem in der Kritik.
Dem Dekret zufolge würden die Zahlungen nun künftig vom “Ministerium für soziale Entwicklung”, das die Zahlungen für Häftlinge und für “Märtyrer” verwaltete, auf eine Stiftung namens “palästinensische nationale Stiftung für wirtschaftliche Stärkung” übertragen, die ihre Gelder ausschließlich nach den Kriterien sozialer Bedürftigkeit auszahlen solle.
Die israelische Regierung ließ verlautbaren, dass das Dekret sinngemäß Augenwischerei sei und die umstrittenen Gelder einfach anderweitig übermittelt würden. Dabei verweisen sie auf die Aussagen der Autonomiebehörde, die zumindest öffentlich erklärte, die “Märtyrerrenten” und Renten an Häftlinge würden auf jeden Fall weitergezahlt. Die US-Regierung hingegen bejubelte die Entscheidung und verbuchte sie als persönlichen Sieg für Donald Trump. (Si apre in una nuova finestra)
Tatsächlich war die Ankündigung bereits unter US-Präsident Joe Biden mühsam ausgehandelt worden, aber Mahmoud Abbas hatte die Ankündigung absichtlich aufgeschoben, um sie dem neuen US-Präsidenten Donald Trump als Geschenk präsentieren zu können.
Unabhängig davon, ob die Einstufung der israelischen Regierung über die Ernsthaftigkeit der Behörde nun korrekt ist oder nicht, eine Umsetzung dieses Dekrets käme nicht als Akt der Einsicht über die Boshaftigkeit, Terrorismus zu finanzieren, sondern wäre das Produkt massiven westlichen Drucks auf die Autonomiebehörde, die Zahlungen endlich zu stoppen.
Eine Reihe von erfolgreichen Zivilklagen von israelischen und amerikanischen Opfern von palästinensischen Terroranschlägen haben dazu geführt, dass sowohl Israel als auch die USA hunderte Millionen israelische Schekel und US-Dollar an die Autonomiebehörde eingefroren haben. Grund dafür ist die nachweisliche Unterstützung dieser Terroranschläge durch die zwei Häftlings- und “Märtyrer”-Fonds. Dies war also keine politische Entscheidung von Regierungen, sondern vor allem das Resultat einer rechtsstaatlichen Entscheidung von Gerichten auf Grundlage von Gesetzen für den Schutz von Hinterbliebenen.
Ein wichtiger Hintergrund für die jetzige Entscheidung dürfte vor allem ein ganz bestimmter Prozess in den USA sein: Der US Supreme Court, das höchste Gericht der USA, hat im Dezember klargestellt (Si apre in una nuova finestra), dass es bis Sommer 2025 eine Entscheidung darüber erlassen werde, ob ein Gesetz namens “Promoting Security and Justice for Victims of Terrorism Act” aus dem Jahr 2019 verfassungskonform ist. Dieses Gesetz ist Grundlage für diverse Zivilklagen gegen die Autonomiebehörde, einige bisherige juristische Instanzen hielten es jedoch für verfassungswidrig. Da der Supreme Court jedoch eine klare konservative Mehrheit besitzt, könnte das Gesetz und damit die Zivilklagen möglicherweise bestätigt werden.
Mahmoud Abbas hat wahrscheinlich beabsichtigt, dieser Entscheidung zuvorzukommen und somit zu verhindern, dass die Zivilklagen noch erfolgreicher sind und dass der finanzielle Druck auf ihn noch weiter steigt.
Die Austrocknung der ausländischen Finanzierung und die Einbehaltung von palästinensischen Steuereinnahmen durch Israel kommt für die Autonomiebehörde nämlich zu einer besonders schwierigen Zeit, wo die Finanzmittel der Behörde ohnehin schon am Anschlag sind. So hat Israel seit dem 7. Oktober aus Sicherheitsgründen viele Arbeitsgenehmigungen palästinensischer Arbeiter:innen eingefroren, was das Steueraufkommen der Autonomiebehörde stark schmälert. Ebenfalls ein Problem ist die allgegenwärtige Korruption der regierenden Fatah rund um Präsident Abbas, die ebenfalls Gelder versenkt.
Wie Medienberichte zeigen (Si apre in una nuova finestra), ist die Autonomiebehörde nun nahezu pleite und ist daher bereit, im Austausch für westliche Gelder verzweifelte Maßnahmen umzusetzen. Das Dekret dürfte eine dieser Maßnahmen sein.
Abbas wird dafür jedoch eine weitere Maßnahme umsetzen müssen. Ein weiteres Problem für ihn ist der Taylor Force Act, ein US-Gesetz, das es der USA verbietet, Entitäten zu finanzieren, die Gelder an Terroristen auszahlen. Da die Autonomiebehörde noch immer Gelder an ehemalige Bedienstete der PA zahlt, finanziert sie indirekt auch die Terrororganisation Hamas. Diese Finanzierung müsste die PA also möglicherweise ebenfalls beenden, was sie jedoch bisher nicht tun wollte, um alte Fatah-Loyalist:innen in Gaza bei der Stange zu halten und irgendwann das Gebiet wieder zu übernehmen.
Falls Abbas nun also vorhaben sollte, die umstrittenen Geldzahlungen für Häftlinge und Angehörige von Terroristen über geheime Wege trotzdem auszuzahlen, wie er das gegenüber der palästinensischen Öffentlichkeit behauptet hat, könnte die Autonomiebehörde trotzdem genug Sand ins juristische Getriebe geworfen haben, um die Zivilklagen zumindest etwas zu behindern, bis die alternativen Zahlungswege auffliegen.
Im besten Falle belügt Abbas lediglich die eigene Anhängerschaft.
In jedem Fall zeigt der Fall, wie überaus ineffizient und korrupt die Autonomiebehörde ist und wie viel sie ihr eigenes Überleben riskiert hat, um Terrorismus weiter fördern zu können. Ein Muster, das man aus Gaza in noch krasserer Weise natürlich ebenfalls kennt.
In beiden Fällen zeigt sich trotzdem aber: Terrorismus lohnt sich nicht, zumindest nicht finanziell.