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„Erbauliche Unterredungen“!

Versuch einer regelmäßigen Publikation / Lumumba? / Von Hunden und Menschen

Versuch einer regelmäßigen Publikation

Liebe Leserinnen und Leser,

immer wieder bekomme ich Nachrichten von einigen von Ihnen, Sie würden meine Texte – Kommentare, Kritiken, Hinweise, Empfehlungen, Meinungen – gerne lesen. Das freut mich sehr! Ebenso schreiben viele, sie würden sich nur noch ungern in den „sozialen Medien“ bewegen und lieber eine Art regelmäßigen Brief von mir bekommen! Ich habe lange darüber nachgedacht, auch weil ich es eigentlich gut fände, mich unabhängiger von Twitter (beziehungsweise „X“), Facebook & Co. zu machen. Auch mich nervt so manches dort. Gleichzeitig sind das immer noch Plattformen, auf denen man eine enorme Reichweite erzielen kann. Und als Autor will man natürlich gelesen werden.

 Ich überlegte mir, wie ich solch eine Art Newsletter nennen könnte. Eine Leserin, die ich persönlich nicht kenne, wies mich im Frühjahr darauf hin, dass die erste regelmäßige Publikation überhaupt im Jahr 1663 erschien, und zwar in Deutschland unter dem Namen „Erbauliche Monaths-Unterredungen“. Klinge dieser Titel „nicht perfekt für ein neues Projekt?“, schrieb Martina Jäger. „Eine längst überfällige Neuauflage dieses ersten Magazins? Ich wäre entzückt.“

Tatsächlich erschienen die “Erbaulichen Monaths-Unterredungen” zwischen 1663 und 1668. Der Hamburger Theologe und Dichter Johann Rist veröffentliche darin einzig und allein seine Texte. Er schrieb, ohne dass ihm jemand Druck in irgendeiner Form machte, und die “Erbaulichen Monaths-Unterredungen” erschienen nur, wenn er Zeit und Lust dazu hatte.

 Perfekt! So mache ich das auch!

Hier also ist die erste Ausgabe der „Erbaulichen Unterredungen“. Ich finde das tatsächlich einen wunderbaren Titel. Das „Monaths“ lasse ich weg, weil mein Ziel ist, sie einmal wöchentlich zu verfassen – mit kurzen Texten, nämlich all den Dingen, die mich beschäftigen und umtreiben, aus Politik und Kultur und Gesellschaft, mit vielen Buchempfehlungen und Hinweisen auf lesenswerten Artikeln. Und mit meinen – natürlich völlig subjektiven, bisweilen scharfen, auch spitzen – Einschätzungen der Dinge. Und natürlich wird das Schreiben mit Füller und Tinte eine Rolle spielen sowie politische Statements meines Hundes Frau Dr. Bohne. 

Bestärkt hat mich in diesem Vorhaben auch mein Kollege Nils Minkmar, der, wie ich, auch mal beim SPIEGEL war und seit längerem den wirklich sehr lesenswerten Newsletter „Der siebte Tag“ (Si apre in una nuova finestra) herausbringt und den ich Ihnen sehr ans Herz lege.

Das ist nun einige Monate her, und ich habe etwas gebraucht, mich dazu durchzuringen. Ob ich es durchhalte, hängt auch ein Stück weit von Ihnen ab, nämlich ob sich im Laufe der Zeit genügende Mitglieder, also zahlende Unterstützer, finden, damit ich mir die Stunden fürs Schreiben der „Erbaulichen Unterredungen“ freihalten kann. Ich bin auch dankbar für Anregungen, die Sie mir gerne über meine Homepage www.hasnainkazim.com (Si apre in una nuova finestra) schicken können.

Auf ein erbauliches Miteinander!

Lumumba?

Wie man mit Sprache umgeht, wie Sprache sich verändert und wie sehr Sprache auch ein Instrument sein kann, im Guten wie im Schlechten, beschäftigt mich seit langem. Ich finde es richtig, dass wir über Sprache nachdenken und gegebenenfalls ändern.

Das Thema: “Was ist noch sagbar?” finde ich daher prinzipiell beachtenswert. Dass man über die Geschichte eines Wortes oder eines Sprichwortes nachdenkt, sich informiert - und vielleicht zu dem Ergebnis kommt, dass es doch ganz richtig wäre, dieses Wort oder dieses Sprichwort nicht mehr zu verwenden - oder es jetzt eben doch zu verwenden.

Dass wir nicht beleidigen, versteht sich von selbst. Dass wir aber auch nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen und dauerbeleidigt sein sollten (Hallo, Herr Erdoğan!), ist vielleicht auch ein Punkt. Vor allem aber sollten wir, wenn wir zum Nachdenken anregen wollen, es so tun, dass diejenigen, die man zum Nachdenken anregen will, es auch gerne tun.

So, wie das hier geschieht, ist das meiner Ansicht nach nicht der Fall:

https://www.tiktok.com/@zeit/video/7312779649744932129 (Si apre in una nuova finestra)

Wenn man an Lumumba denke, denke man wahrscheinlich an ein Getränk. “Und das ist ein Problem!” Wirklich? Patrice Lumumba war 1960 erster Premierminister des unabhängigen Kongo und wurde im Auftrag des späteren Präsidenten Mobutu und im Beisein belgischer Offiziere und Beamte von einem Erschießungskommando ermordet. Er war ein Vorkämpfer der afrikanischen Unabhängigkeitsbewegung.

Auf Wikipedia steht, die Herkunft des Namens des Getränks Lumumba - heißer oder kalter Kakao mit Rum und Sahne - sei ungeklärt. Möglicherweise leite er sich von dem Politiker ab. “Das Getränk soll später innerhalb der Linken mit einer solidarischen Konnotation verbunden worden sein”, heißt es.

Es sei “pietätlos” und “rassistisch”, einen Kakao “mit Schuss” nach einem “schwarzen Unabhängigkeitskämpfer zu benennen, der durch Schüsse getötet wurde”? Ernsthaft?

Wie gesagt: Ich finde es gut, über Sprache nachzudenken. Diesen Beitrag finde ich kontraproduktiv, weil er in Sprache, Ton, Habitus derart ist, dass er eher zu Spaltung, zu Reaktanz, zu “Jetzt erst recht!”-Verhalten führt. Mein Eindruck ist: Hier geht es, wieder einmal, nicht darum, zum Nachdenken anzuregen, sondern sich selbst als auf der richtigen Seite stehend zu präsentieren. Ganz abgesehen davon, dass ich die Anregung in diesem Falle inhaltlich nicht überzeugend finde.

Was das Ganze aber bringt: Die Notiz an mich selbst, mich mal intensiver mit Patrice Lumumba und mit belgischem Kolonialismus und den damit zusammenhängenden Verbrechen zu beschäftigen.

Von Hunden und Menschen

Seit August 2022 habe ich einen Hund: Frau Dr. Bohne, ein Deutscher Jagdterrier mit ein bisschen Rauhaardackel dabei. Sie ist eigensinnig bis dickköpfig, bisweilen störrisch - aber das wunderbarste Wesen und eine Seele von einer Gefährtin! Wir haben sie aus dem TierQuarTier Wien (Si apre in una nuova finestra), dem Wiener Tierheim. Böhnchen wurde an einer Autobahn gefunden, ausgesetzt, zum Glück brachte sie jemand ins Tierheim. Wir waren gerade auf der Suche nach einem Hund, und so kreuzten sich unsere Wege. Den Namen Bohne gaben ihr die Mitarbeiterinnen des Tierheims, wir behielten den Namen bei, weil wir ihn passend fanden.

Hunde sind, das habe ich gelernt, ein sehr emotionales Thema. Und wie in vielen anderen Bereichen geht es auch hier bisweilen ziemlich ideologisch zu. Füttert man Nass- oder Trockenfutter? Soll man “barfen”, also rohes Fleisch verfüttern, oder seinen Hund vegan ernähren? Muss die Leine straff sein oder locker durchhängen? Wie steht’s mit dem Maulkorb (den man in Wien “Beißkorb” nennt)? Und soll der Hund kastriert werden oder nicht?

Wie bei allem rate ich, sich von Ideologien fernzuhalten, sich gut zu informieren und auch ein wenig auf seinen eigenen Verstand zu hören. Bauchgefühl hilft hier und da auch. Und ich rate dazu, das Buch “Warum Hunde uns zu besseren Menschen machen” zu lesen. Der  österreichische Biologe Kurt Kotrschal hat es geschrieben, er ist emeritierter Professor an der Universität Wien und war Leiter der Konrad Lorenz Forschungsstelle für Ethologie in Grünau im Almtal. Kotrschal hat viel zu Hunden und Wölfen geforscht und schreibt unterhaltsam und informativ über unsere liebsten Viecherl.

Ich bin aufmerksam auf ihn geworden, weil er in einem Interview gesagt hat: “Ein Mensch ohne Hund ist nicht ganz vollständig.” Über diesen Satz wurde enorm viel im Netz diskutiert. Und ich habe selbst in den vergangenen zwei Jahren oft zu hören bekommen von wildfremden Menschen, ich hätte mich “doch sehr verändert”, seit ich Böhnchen habe. Wirklich?

Kotrschal schreibt: “Ein Leben in guter Beziehung mit Hund hält in Balance, macht uns zu sozial verbundeneren und damit vielleicht sogar zu besseren Menschen; und ein Hundepartner fördert Wohlbefinden und Gesundheit, einschließlich der Widerstandskraft gegenüber mentalen Problemen.”

Ich will dem nicht widersprechen. Und doch ist ein Hund eine Aufgabe, ein Arbeits- und Kostenfaktor. Man sollte sich gut überlegen, ob man sich einen Hund anschafft. Ich persönlich habe es nie bereut, im Gegenteil. Ein unüberlegtes Weihnachtsgeschenk sollte ein Tier auf keinen Fall sein. Ein tolles Weihnachtsgeschenk für Hundefreunde ist aber das Buch von Kurt Kotrschal.

Kurt Kotrschal: Warum Hunde uns zu besseren Menschen machen. Brandstätter Verlag, Wien 2024

So weit fürs Erste! Ich wünsche Ihnen eine schöne Woche und eine angenehme Adventszeit und sende herzliche Grüße aus Wien,

Ihr
Hasnain Kazim

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