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Krieg und Wahlen

Von Hasnain Kazim - Bundestagswahl / Militärische Gewalt / Altersvorsorge / Vater und Tochter

Liebe Leserin, lieber Leser,

heute in einer Woche: Bundestagswahl. Ein Leser schreibt mir, ich möge doch “bitte bitte eine Wahlempfehlung” aussprechen.

Dazu sage ich ganz klar: nein. Ich mag es nicht, wenn Medien oder auch einzelne Journalisten Wahlempfehlungen geben. Als die “Financial Times Deutschland” im Jahr 2002 sich offiziell für eine Wahl von Edmund Stoiber zum Bundeskanzler aussprach, habe ich mich sehr geärgert. Dass Jeff Bezos der “Washington Post”, die ihm gehört, untersagt hat, eine Wahlempfehlung für Kamala Harris zu geben, fand ich richtig. Ich gehe mal davon aus, dass sein Motiv ein niederes war, nämlich Trump zu gefallen, und ich verstehe auch, dass Wahlempfehlungen von Medien in den USA eine lange Tradition haben, aber blöde Traditionen kann man ja ändern.

Zu meinem persönlichen Wahlverhalten nur so viel: Ich habe in meinem Leben schon folgende Parteien gewählt (in alphabetischer Reihenfolge!): CDU/CSU, FDP, Grüne, SPD. Die einen habe ich sehr viel öfter gewählt als die anderen. Aber ich würde immer eine demokratische Partei wählen. Allein, dass eine Partei sich zur Wahl stellt, macht sie aber noch nicht zu einer demokratischen; wenn das alleine genügte, wäre ja auch Erdogan in der Türkei ein Demokrat - ist er aber nicht. Manche Politiker und Parteien nutzen demokratische Mittel, um die Demokratie auszuhöhlen und zu untergraben. Das trifft auch auf Politiker und Parteien in Deutschland zu, und zwar an beiden Enden des politischen Spektrums.

Meine Wahlunterlagen sind - herzlichen Dank an die Mitarbeiter im Rathaus der Hansestadt Stade! - rechtzeitig in Wien angekommen. Bei aller Sorge, wie es nach dem 23. Februar 2025 wohl weitergeht, welche Verhältnisse es geben wird und wie sich eine regierungsfähige Mehrheit finden wird, freue ich mich darüber, dass wir die Wahl haben. Wir wählen. Es liegt an uns. Und für das Ergebnis sind wir verantwortlich. Wir werden die Regierung bekommen, wie wir verdienen. Nun ja, zumindest die, die wir wählen. Lassen Sie uns das Beste daraus machen und die Demokratie feiern!

Stimmzettel (Symbolbild).

Israel, Palästina, Afghanistan, Pakistan

Diese Woche wurde ich wieder gefragt, warum ich “so einseitig auf Seiten Israels” stehe und “nur das Leid Israels, aber nicht das der Palästinener” sehe. Und warum ich Hamas als Terrororganisation bezeichne, den Staat Israel aber nicht einmal als Besatzer. Darauf möchte ich antworten, wie ich es in Vergangenheit schon getan habe.

Selbstverständlich betrauere ich alle zivilen Opfer. Jeder Mensch, der infolge von Krieg und Gewalt stirbt, obwohl er mit dem bewaffneten Konflikt nichts zu tun hat, ist einer zu viel. Ich sehe die Bilder der verletzten und getöteten Kinder. Ich höre die Nachrichten von den vielen zivilen Opfern.

Klar ist aber auch, wer diesen seit Jahrzehnten schwelenden Konflikt im Oktober 2023 wieder angefacht hat, und zwar auf eine so brutale Art und Weise, wie ich sie nie zuvor gesehen habe, und ich habe in meinem Leben, beruflich bedingt, sehr viele Orte von Selbstmordattentaten, Terroranschlägen und Kriegsereignissen gesehen. Die Hamas ist eine Terrororganisation. Wer sie als “Befreiungsorganisation” bezeichnet, hat, freundlich formuliert, einen gehörigen Knall.

Und nein, Israel ist kein “Besatzer”, es hat 1948 auch kein Land “okkupiert”, sondern Israel ist ein durch Uno-Beschluss rechtmäßig gegründeter Staat. Und man möge sich bitte erinnern, dass es mehrere arabische Staaten waren, die an Tag eins des Bestehens dieses Landes einen Krieg begonnen haben. Und man möge sich bitte ebenfalls daran erinnern, dass Hamas - wie übrigens auch der Staat Iran - bestrebt ist, die Existenz Israels auszulöschen. Das ist der Grund, weshalb ich sage: Israel hat jedes Recht, sich gegen diese Gewalt zu verteidigen.

Ich möchte aber noch etwas zu den zivilen Opfern und zu dem zynischen Begriff “Kollateralschaden” sagen. Der Nahostkonflikt ist nicht mein Fachgebiet, ich möchte zu dem Thema daher etwas am Beispiel eines anderen Konflikts sagen, der zwar nicht vergleichbar ist, aber doch das Dilemma verdeutlicht.

Nachdem infolge von 9/11 im Dezember 2001 alliierte Truppen in Afghanistan einmarschiert waren, flohen die führenden Taliban Richtung Osten, nach Pakistan. In den dortigen Stammesgebieten der Provinz Khyber Pakhtunkhwa, die damals noch “North West Frontier Province” hieß, sowie in Quette in der Provinz Balutschistan fanden sie Unterschlupf. Der damalige US-Präsident Geroge W. Bush erhielt durch die US-Geheimdienste die Information darüber. Von Pakistan aus planten die Taliban immer wieder - zum Teil sehr blutige, verlustreiche - Angriffe auf die alliierten Truppen. Und sie verübten auch innerhalb Pakistans immer wieder Anschläge, als Zeichen ihres Protests gegen die pakistanische Regierung, die die westlichen Streitkräfte in Afghanistan unterstützte.

Nun gab es vier Möglichkeiten zu handeln:

  1. Entweder man tat nichts und ließ die Taliban in Pakistan leben und nahm in Kauf, dass sie von dort aus weiter agierten. Das hätte bedeutet: immer mehr Terror, immer mehr Angriffe auf westliche Truppen, immer mehr Terroranschläge in Afghanistan und Pakistan, eine wachsende Gefahr von Anschlägen auch in Europa und Amerika durch islamische Extremisten, ein Erstarken der Taliban.

  2. Oder man bat die pakistanische Armee, einzugreifen. Hier und da tat sie das auch und führte Krieg gegen die Taliban - dort, wo sie zu stark zu werden drohten und den pakistanischen Staat bedrohten. Im Großen und Ganzen aber lehnte das pakistanische Militär einen groß angelegten Krieg gegen die Taliban ab, weil das sehr verlustreich geworden wäre und das Land erschüttert hätte. Und insgeheim sag man in diesen Extremisten auch “Glaubensbrüder”. Ein solcher Krieg hätte unabsehbar viele zivile Opfer mit sich gebracht.

  3. Oder die USA hätten den Krieg mit Bodentruppen und allem drum und dran (Luftunterstützung, Angriffe von See aus etc.) führen können - neben Afghanistan wäre das ein nicht absehbares Risiko gewesen, zumal Pakistan dagegen war, dies als Angriff auf sich gewertet hätte und immerhin Atommacht ist. Ein unkalkulierbares Risiko.

  4. Oder die USA hätten die Taliban in Pakistan punktuell mit Drohnen aus der Luft angreifen können. Das hätte die führenden Taliban-Kommandeure permanent in Angst gehalten und sie, bei Treffern, ausgelöscht. Natürlich hätte auch das zivile Opfer zur Folge gehabt, aber viel weniger als bei den anderen Optionen. Die pakistanische Regierung, gegen die Stationierung von US-Soldaten auf pakistanischem Gebiet, aber auch dagegen, selbst den Krieg gegen die Extremisten zu führen, wäre mit einem von den USA geführten Drohnenkrieg eventuell einverstanden. Der Deal: Die pakistanische Regierung kritisiert dieses Vorgehen offiziell, lässt sie aber insgeheim machen.

George W. Bush entschied sich für die Option Drohnen. Und sein Nachfolger Barack Obama führte diesen Drohnenkrieg nicht nur fort, sondern weitere ihn massiv aus. Zwar wuchsen in der Anfangszeit nach jedem gelungenen Schlag gegen einen führenden Terroristen zwei neue nach, wie eine Hydra, aber irgendwann war es vorbei, die Taliban waren geschwächt. Aus militärischer Sicht war dieser Drohnenkrieg ein Erfolg.

Es starben aber auch Zivilisten. Tausende. Drohnen, die Raketen auf ein Haus feuerten, in dem sich doch kein Taliban-Kommandeur aufhielt. Eine fehlgeleitete Rakete. Eine Falschinformation. Ich sprach damals mit Menschen aus den Stammesgebieten. Sie erzählten mir von getöteten Kindern, Eltern, Alten, Unschuldigen. Sie berichteten auch von ihrer Angst, von dem sirrenden Geräusch der Drohnen, die auch nachts flogen, die Angst, diese verdammte Angst, die permanente Angst, gleich von einer Hellfire-Rakete getroffen zu werden. Ich fühlte mit den Menschen, schrieb Texte darüber. Natürlich war es meine Aufgabe als Journalist, darüber zu berichten und das Leid publik zu machen. So wie es wichtig ist, das Leid der Menschen auch in Gaza zu sehen.

Es ist kritikwürdig, wenn Zivilisten, wenn unschuldige Menschen sterben. Aber hätte ich entscheiden müssen, welches Vorgehen der oben genannten vier Alternativen das richtige war, hätte ich zum Beispiel den US-Präsidenten beraten müssen - ich hätte die Drohnenvariante empfohlen. Keine Bodentruppen, weder pakistanische noch US-amerikanische. Und ein Nichtstun? Das hätte sehr viel mehr Opfer zur Folge gehabt, Opfer von Terror, die aber nicht so prägnant erfasst und deshalb nicht so klar gesehen werden. Es wäre aber, davon bin ich überzeugt, auch wenn ich viel übrig habe für die Utopie des Pazifismus, die schlechteste aller Lösungen gewesen.

Man mag mich nun für unempathisch halten. Oder für militärisch geprägt. Ich bin den Opfern des Vorgehens persönlich begegnet. Dennoch beurteile ich das alles so wie beschrieben. Und halte das Vorgehen für richtig. Die Verhältnismäßigkeit sehe ich bei der Ausübung der militärischen Gewalt durch Israel, so weit ich das aus der Ferne beurteilen kann, oft nicht gewahrt. Dass Israel aber militärisch vorgeht, halte ich für richtig.

Finanzgespräch zwischen Frau Dr. Bohne und mir

Ich: Wir sollten etwas für unsere Altersvorsorge tun und monatlich ein bisschen Geld investieren.

Frau Dr. Bohne: Sehr gute Idee. Woran denken Sie?

Ich: Ich habe weder Zeit noch Lust, mich mit dem Aktienmarkt auseinanderzusetzen. Ich denke, wir kaufen einfach irgendwelche ETFs, die bilden den Markt ganz gut ab und sind, zumindest auf lange Sicht, recht profitabel.

Frau Dr. Bohne: Man sollte nur Aktien von Firmen oder Branchen kaufen, mit denen man sich auskennt.

Ich: Richtig.

Frau Dr. Bohne: Würden Sie Aktien von Rüstungskonzernen kaufen?

Ich: (überlege) Hm. Ja.

Frau Dr. Bohne: Wirklich?

Ich: Es ist mir lieber, wir produzieren unsere Waffen selbst, als dass wir sie aus dem Ausland kaufen müssen. Im Konfliktfall wäre ich gerne so unabhängig wie möglich von ausländischen Herstellern. Andererseits sind Rüstungskonzerne profitorientiert, die würden im Zweifel auch Waffen an beide Parteien verkaufen. Deshalb ist Rüstungsexportkontrolle so wichtig, die Politik muss mitmischen und kontrollieren, dann ist es okay. Also… Ja, würde ich.

Frau Dr. Bohne: Also, ich kenne mich mit Hundefutter aus. Und Leckerlis. Mit Hundefutter und Leckerlis. Ich würde Aktien von Hundefutter- und Leckerliherstellern kaufen. Hundefutter und Leckerlis braucht man immer. Und nichts kann Hundefutter und Leckerlis ersetzen. Also: Das ist völlig krisensicher.

Ich: Sie meinen…?

Frau Dr. Bohne: Ganz genau! Wir kaufen Aktien von einem Hundefutterproduzenten. Wir werden Hundefutterproduzentanteilseigner! Und dann bestimmen wir mit, welche Sorten künftig proudziert werden und welche aus dem Sortiment rausfliegen!

Ich: Aha.

Frau Dr. Bohne: Apropos Hundefutter und Leckerlis: Wäre es nicht mal wieder Zeit für…?

Aktienexpertin Frau Dr. Bohne während des Finanzgesprächs.

Leseempfehlung

Gerade bin ich auf Reisen und habe ein neues Buch angefangen: “Die zwölf Leben des Samuel Hawley”. Ich kann noch nicht viel dazu sagen, da ich noch am Anfang bin, aber die Vater-Tochter-Geschichte, die in den USA spielt, hat mich sofort in ihren Bann gezogen. Loo und ihr Vater Hawley ziehen ständig umher, schlagen sich durch, die Mutter/Frau lebt schon lange nicht mehr. Irgendwann werden die beiden dann doch sesshaft, im Heimatort der verstorbenen Mutter/Frau. Ohne das ganze Buch zu kennen, wage ich es dennoch, das Buch jetzt schon zu empfehlen. Es ist mir zufällig in die Hände gefallen, die Schriftstellerin Hannah Tinti kannte ich vorher noch nicht.

Ich wünsche eine angenehme Woche!

Herzliche Grüße derzeit aus Norddeutschland,

Ihr Hasnain Kazim

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