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März // Hedy Lamarr

Jede Epoche maßt sich das Recht an, auf eine bestimmte Weise die Frau als männliche Fantasie darzustellen, aus einer sehr konkreten Perspektive. Und ich meine das nicht metaphorisch. Ich denke ganz konkret an das Porträt, die Darstellung, das Bild, das dann tausendfach wiederholt und zum Symbol wird, während die Frau selbst als Zitat bleibt. In der heutigen Welt, die von Bildern gesättigt ist, von jeglicher Symbolik entbehrt, in einer Welt, die aus Milliarden belangloser Bilder besteht, in der Brutalität sich mit Obszönität vermengt, sind wir erstaunlich unempfindlich gegenüber subtilen Bildern geworden. Sie wirken nicht mehr auf uns. Das goldene Zeitalter Hollywoods, in dem Hedy Lamarr glänzen musste, verkauft das Porträt der Frau auf folgende Weise: Die Frau wird leicht von oben erfasst, mit einer fließenden Schicht glänzender Haarwellen, oft auf nackten Schultern, die Schlüsselbeine in einem verführerischen Bogen, der Kopf folgt nicht der Wirbelsäulenlinie, er ist zur Seite oder nach hinten geneigt...sie ist unnahbar und zugänglich zugleich. Und im Detail betrachtet: Die weiche Textur des gepuderten Gesichts, die leicht geöffneten vollen Lippen, die das Verlangen erwecken und der Fokus auf die Augen: leicht provokativ eingedrückte Pupillen direkt auf den Betrachter gerichtet - vermeintlich jedoch auf den Mann - oder halb geschlossen, ekstatisch - je nach Wahl. Wenn man nur über die Nicht-Zufälligkeit dieses Bildes nachdenkt, über die Symbolik dieser Position: Jemand schaut von oben auf uns herab. Hat man hier nicht auch die gleiche Assoziation wie in der heutigen Ära des Selfies?

Ich erwähne das Gesicht von Hedy nicht zufällig, denn auf dieses wird die Kamera die nächsten Jahre gerichtet sein, um im Film "Ekstase" von 1933 wirklich nah heranzugehen. Bevor ich jedoch zu diesem, meiner Meinung nach für Hedy wichtigsten Film, aber nicht nur für Hedy, sondern allgemein für den Feminismus, zurückkehre, wiederhole ich absichtlich und provokativ den üblichen Lobgesang: "Ist es nicht erstaunlich, dass ohne akademische Ausbildung, der Hollywood-Star, für den die Traumfabrik eine bequeme Position als Geliebte vorbereitet hat, in ihrem eigenen Zuhause, aber auch im Schauspielwagen, ihre erstaunliche alternative Welt der wissenschaftlichen Experimente erschaffen hat?!" Auf der Suche nach Informationen über Hedy war ich müde von kopierten Lobesphrasen und beschämt von diesem Applaus. Beschämt über diese rhetorischen Fragen, Vergleiche und mediales Misstrauen. Denn das bedeutet leider nur eins: Wir schätzen Frauen nicht, wir schätzen den menschlichen Intellekt nicht. Was hingegen ganz sicher bestätigt werden kann, ist die Tatsache dass Hedy eine so intelligente Person war, dass sie sich leidenschaftlich ihren Experimenten unauffällig hingab, weil sie den Charakter der Epoche, in der die Entdeckung ihrer wahren Bedürfnisse und Ambitionen nicht seriös wahrgenommen werden würden, perfekt kannte. Ich habe das Gefühl, dass sie nicht wollte, dass irgendjemand sie daran hinderte, deswegen schenkte sie der Welt, was von ihr erwartet wurde, und dann tat sie weiter, was sie wollte. Angeblich sagte sie in einem Interview einmal: "Ich war schön genug, dass Männer mich an den Tisch ließen, um an wichtigen männlichen Gesprächen teilzunehmen - z.B. über Raketen, Waffen und die große Kriegspolitik, ohne sich von mir bedroht zu fühlen, und intelligent genug, um dieses Wissen für meine Entdeckungen zu nutzen."

Und jetzt zurück zum Jahr 1933 und dem damals als skandalös betitelten Film von Gustav Machatý, in dem Hedy Lamarr die Hauptrolle spielt. Ich habe ihn genau angesehen, insbesondere die berühmte Szene des Genusses, die als die erste Szene des weiblichen Orgasmus in der Geschichte des Kinos gilt. Der Film schockierte das Publikum durch die Menge an Nacktheit, und die lustvolle Szene von Hedy. Obwohl subtil erzählt, wurde ihr diese lange Zeit nicht verziehen. Ja, denn die Welt vergibt einer Frau nicht das Recht auf Vergnügen. Eine solche Rolle war nicht vorgesehen.

Beim Anschauen dieses scheinbar archaischen Films habe ich auf Elemente geachtet, die im Diskurs nicht so oft erwähnt wurden. Die wunderschönen Bilder, die Anwesenheit von plastischer Musik, die Subtilität und die Menge an Symbolen. Die Erzeugung erotischer Spannung durch die Einführung einer Vielzahl Elemente der Natur: wilde Pferde, die sich grasen, ein nacktes Bad im Fluss beobachtet durch die Äste der Linde, eine Biene, die eine wilde Blume bestäubt... Aber vor allem die sogenannte Kinökonomie, also sehr lange, endlos lange Szenen, die von Spannungen und Verlangen umgeben sind. Wer würde sich das heute erlauben? Aber in diesem Film wird nicht so viel durch den Körper erzählt, wie es die Öffentlichkeit behaupte. Im Gegenteil: Hedy wird fragmentarisch gezeigt, eine berühmte Szene bewegt sich zwischen manchmal kitschigen Elementen des Bühnenbilds: Kerzen, ihre erschlaffte Hand fällt verwirrt auf Pelz, Perlen von der Halskette rieseln auf den Boden... man könnte sogar lachen...aber ich würde es nicht empfehlen, denn in dieser Szene offenbart sich ihre wahre Revolution nur dann, wenn wir aufhören, die wiederholten biografischen Kurzfassungen von Lamarr zu lesen und zu hören und sie in einem breiteren Kontext betrachten.

War es wirklich revolutionär, die vermeintliche erste Orgasmus-Szene zu zeigen? Ernsthaft? Oder war es nicht vielmehr das, dass in dieser absolut zarten Szene, die über 3 Minuten dauert, alles nur um das Vergnügen der Frau geht? Adam, Hedys Geliebter, steht im Hintergrund, die Kamera konzentriert sich auf ihre Reaktionen und ihr Gesicht. Die Krönung dieser revolutionären Szene ist der Moment, in dem Hedy direkt nach der Extase...eine Zigarette raucht! Was für ein großartiger Regie-Kniff! Versteckt und subtil. Dies ist nicht die erste Kinoszene mit einem Orgasmus als solchem, sondern die erste Kinoszene, in der das weibliche Vergnügen und die Lust ohne Instrumentalisierung und Scham im Mittelpunkt standen. Nicht im Kontext männlicher Vergnügen, nicht als Objekt oder Ergänzung zum Mann, sondern als Zentrum der Szene und als Heldin an sich.

Bravo Hedy! Danke, dass du nach dem Dreh dieser Szenen dich hingesetzt und Experimente mit zahlreichen Patenten gemacht hast: mit Coca-Cola in Würfelform, mit dem Frequenzsprungverfahren deines wichtigsten Patents FHSS. Dank dessen können wir heute Radio hören, WLAN nutzen und vieles mehr - das ist beeindruckend. Aber am meisten danke ich dir für die Szene der Lust im Film Ekstase, die, wenn sie noch nicht Kult ist, sie so schnell wie möglich werden sollte.

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