Wie du emotionale Erinnerungsstücke gehen lässt
Erster Schultag nach den Ferien. Meine Klassenkameradin Smilla* reichte mir ein Geschenk: Ein Mitbringsel aus ihrem Urlaub, den sie bei ihrer Verwandtschaft in Schweden verbracht hatte. Es handelte sich um eine niedliche blau-weiß gestreifte Holzfigur mit einem Filz-Hütchen. Ihr könnt euch gar nicht vorstellen, wie sehr ich mich damals darüber gefreut habe. Nicht nur, dass ich etwas so Süßes bekommen habe, sondern vor allem auch, dass sie während der Ferien an mich gedacht hatte. Ich schien ihr wichtiger zu sein, als ich ahnte. Das war einfach ein so schönes Gefühl…
Nach dem Abi zog ich dann irgendwann für meine Ausbildung nach Hamburg. Die Holzfigur zog natürlich mit und fand irgendwann seinen Platz in meinem Regal. Mit der Zeit entwickelte ich meinen eigenen Stil. Ich liebte kalte, einfache Formen, Edelstahl, ästhetisches Design. Diese Figur passte einfach nicht mehr dazu. Zu Smilla hatte ich nach der Schule auch keinerlei Kontakt mehr. So verschwand die Figur hinter Schranktüren, in Boxen und wurde irgendwann gar nicht mehr gesehen.
Bis ich dann mit dem großen Ausmisten begann, denn da hielt ich sie wieder in meinen Händen und lächelte. Die Freude über die nette Geste war noch immer da, auch wenn die Figur selbst nicht so ganz meinem Geschmack entsprach.
Wir alle haben sie – diese Schachtel, versteckt auf dem Dachboden, im Keller oder im hintersten Eck des Kleiderschranks. Sie ist gefüllt mit Gegenständen, die uns an vergangene Zeiten und Menschen aus der Vergangenheit erinnern (sollen): Alte Fotos, Briefe, Souvenirs, Erbstücke. Und das Loslassen dieser sentimental wertvollen Erinnerungsstücke kann emotional ganz schön herausfordernd sein, es bedeutet jedoch nicht, dass du damit deine Erinnerungen verlierst. Es geht vielmehr darum, Raum für neue Erlebnisse und Wachstum (Si apre in una nuova finestra) zu schaffen. Erinnerungen sind nicht in Gegenständen eingeschlossen, sondern in deinem Herzen und deinem Geist. Die Kraft der Erinnerungen liegt in dir, nicht in den physischen Objekten. Und du brauchst auch überhaupt kein schlechtes Gewissen gegenüber der Person zu haben, die dir das gute Stück geschenkt oder vermacht hat. Diese Person wollte dir eine Freude machen, dich aber nicht belasten. Du musst sie also nicht aufheben, nur weil man sowas einfach behält!
Probleme beim Minimalismus:
Mit diesen 5 Hürden musst du rechnen
(Si apre in una nuova finestra)In meinem aktuellen Artikel habe ich weitere Hürden aufgeführt, mit denen du beim Minimalismus konfrontiert sein könntest. Dort findest du jedoch auch Vorschläge, wie du diese Probleme überwinden kannst.
Ich muss sagen, auch mir fiel es anfangs nicht leicht, dieses Erinnerungsstück wegzugeben, genauso wenig wie das ganz schön hässliche, lederne Zigaretten-Tischetui meines verstorbenen Opas, das er mir (selbstverständlich ungefüllt) geschenkt hatte, als ich noch ein Kind war. Und es gab noch viele, viele weitere Erinnerungsstücke, die ich nun nicht mehr besitze. Aber weißt du was? Es ist gar nicht schlimm. Die Erinnerungen sind tatsächlich weiter da, ganz unabhängig von irgendwelchen Gegenständen.
Viele Grüße, Nicole
*der Name wurde geändert