Passa al contenuto principale

Was in deinem Gehirn passiert, wenn du dich verliebst

Jeden Freitag erzähle ich dir von Erkenntnissen aus Neurowissenschaft und Psychologie, die du kennen solltest. Heute: über das schönste Gefühl der Welt und warum es endet.

Sie hieß Fanny und war Franzosin. Sie kam in unsere norddeutsche Kleinstadt, weil sie einen Schüleraustausch gemacht hat, für drei Monate. Sie hatte schwarze, wellige Locken, war klein, sportlich, und vor allem: tough. Sie ließ sich von uns deutschen Jungs nichts sagen, ließ ein Spruch nach dem anderen ab. Ich war sofort verliebt.

Ich konnte an kaum etwas anderes mehr denken als an sie. Und immer, wenn ich wusste, dass ich sie gleich sehen würde, wurde ich glücklich. Damals, mit 16, war ich das erste mal so richtig verliebt. Natürlich nicht zum letzten Mal. Aber ich weiß noch heute, wie mich dieses Gefühl überwältigt hat.

Was ist da damals in meinem Gehirn passiert? 

Dopamin: das Genuss-Molekül?

Wenn wir über Liebe reden wollen, müssen wir über Dopamin reden (natürlich nicht nur, aber heute beschränken wir uns darauf). Dopamin wurde 1957 von der britischen Forscherin Kathleen Montagu entdeckt. Erst dachte man, Dopamin sei einfach nur die Möglichkeit, wie der Körper Noradrenalin produziert (so wird Adrenalin im Gehirn gennant). Doch dann begannen Wissenschaftler:innen, seltsame Dinge zu beobachten. Nur eine von zwei Millionen Gehirnzellen produziert Dopamin. Ziemlich wenig, wenn man bedenkt, wie groß der Einfluss von Dopamin auf uns ist. In Experimenten erlebten Versuchspersonen Glücksgefühle, wenn Dopamin ausgeschüttet wurde, und sie gaben sich große Mühe, die Aktivierung dieser seltenen Zellen auszulösen. Einige Wissenschaftler:innen begannen, Dopamin als “Genuss-Molekül” zu bezeichnen. Der Weg, den die dopaminproduzierenden Zellen durch das Gehirn nehmen, wurde als “Belohnungskreislauf” bezeichnet.

Dopamin ist nicht für den Genuss da

Dass Dopamin dafür sorgt, dass wir etwas genießen, wurde später in anderen Experimenten unterstrichen, und zwar in solchen mit Drogen. Wissenschaftler:innen gab ihren Teilnehmer:innen Kokain und ließen sie einordnen, wie high sie sich fühlten. Das Ergebnis: Je aktiver der “Belohnungskreislauf” war, desto higher fühlten sich die Teilnehmer:innen.

Andere Forscher versuchten, die Ergebnisse zu duplizieren und hier wurde es merkwürdig. Sie ersetzten Kokain durch Nahrung und erwarteten die gleiche Wirkung. Was sie fanden, überraschte damals alle. Es war der Anfang vom Ende des Dopamins als Genuss-Molekül.

Sie entdeckten, dass es bei Dopamin gar nicht um Genuss oder Vergnügen geht. Dopamin, so ihre Argumentation, markiert etwas, das viel einflussreicher ist: Antizipation.

Darf ich vorstellen: der Vorhersagefehler, euer bester Freund

Immer mehr Experimente wurden mit Dopamin gemacht und man fand heraus: Wir bekommen bei vielversprechenden Überraschungen einen Dopaminschub. Zum Beispiel, wenn wir eine Mail von einem Freund bekommen, von dem wir lange nichts gehört haben. Wenn wir durch eine fremde Stadt laufen und über einen unfassbar guten Sandwichladen stolpern (ist mir gerade in Paris passiert). Oder wenn unter den Austauschschüler:innen auf einmal Fanny dabei ist.

Wissenschaftler:innen, die dieses Phänomen untersucht haben, nannten den Dopaminrausch, den wir durch die Neuheit bekommen, “Vorhersagefehler”. Wir machen ständig Vorhersagen über das, was als Nächstes kommt. Darüber habe ich in dieser Ausgabe (Si apre in una nuova finestra) geschrieben. Wenn das, was passiert, besser ist als das, was wir erwarten, war unsere Vorhersage falsch. Und unser Irrtum ist der Auslöser für Dopamin. So die These. Es ist nicht das sehr leckere Sandwich per se und auch nicht Fanny an sich. Es ist der Nervenkitzel der unerwarteten guten Nachricht. Nur: Warum ist das so? Was haben wir davon?

Die beste Metapher, um zu verstehen, wann unser Gehirn Dopamin ausschüttet

Unser Gehirn scheint die Außenwelt zu verwalten, indem es sie in getrennte Bereiche unterteilt: den peripersonalen und den extrapersonalen – im Prinzip ist das “nah” und “fern”. Der peripersonale Raum umfasst alles, was sich in Reichweite befindet, alles, was ihr gerade mit euren Händen anfassen könnt. Das ist alles, was gerade real ist. Der extrapersonale Raum bezieht sich auf alles andere , alles, was ihr gerade nicht berühren könnt. Dies ist der Bereich des Möglichen.

In ihrem Buch “The Molecule of More” vereinfachen die beiden Wissenschaftler Daniel Lieberman und Michael Long dieses Bild sogar noch weiter. Sie sprechen einfach nur von “Up” und “Down”. Wenn ihr an euch herunterguckt, also “down”, ist das der Bereich des Realen. Wenn wir hochgucken, ist das der Bereich des Möglichen (weil: außer Reichweite).

Lieberman und Long argumentieren: Wenn man nach unten schaut oder es um etwas geht, das man schon hat, wird das Gehirn von Stoffen gesteuert, die mit Erfahrungen im Hier und Jetzt zu tun haben (darum geht es in einer anderen Ausgabe dann). Wenn es aber um den extrapersonalen Raum geht, übernimmt Dopamin. Dinge in der Ferne, Dinge, die wir noch nicht haben, können nicht benutzt oder konsumiert werden, sondern nur begehrt. Sie schreiben: “Dopamin hat eine ganz bestimmte Aufgabe: die Maximierung der Ressourcen, die uns in der Zukunft zur Verfügung stehen werden; das Streben nach besseren Dingen.”

Es macht, aus evolutionärer Sicht, also total Sinn, dass wir einen Botenstoff haben, dass sich immer dann einmischt, wenn etwas in Aussicht ist, das unser Leben verbessern, verlängern, positiv verändern könnte. Das Ganze hat eine zeitliche Komponente: Was wir jetzt noch nicht haben, können wir bekommen – aber erst später. Es geht also um unsere Zukunft.

Warum die Verliebtheitsphase irgendwann aufhört

Ich möchte an dieser Stelle etwas stolz erwähnen, dass Fanny, die Franzosin, und ich ein Paar wurden. Wir verbrachten viel Zeit miteinander, knutschen rum, machten Ausflüge. Es war Frühling, dann Sommer, und das ist ja sowieso die beste Zeit. Nur: Nach drei Monaten musste sie zurück nach Frankreich. Wir blieben zunächst ein Paar. Aber die Entfernung von Itzehoe nach Le Mans war für zwei 16-Jährige dann doch etwas zu weit. Von Fanny bleibt vor allem die Erinnerung an drei superintensive Monate.

Wäre sie geblieben, wäre die Erinnerung wahrscheinlich eine andere. Denn: Wenn das, was mal Zukunft war (und Dopamin ausgeschüttet hat), zur Gegenwart wird, also zu einem regelmäßigen Ereignis, verblasst die Neuartigkeit und damit auch der Dopaminrausch. Genau das passiert, wenn wir aus der ersten Verliebtheitsphase rauswachsen. Wie lang diese ist? Das weiß niemand so genau, man schätzt zwischen 12 und 18 Monaten. Was danach im Gehirn passiert, erkläre ich nächste Woche.

Falls ihr weiterlesen wollt, empfehle ich diese Studien:

Bis nächste Woche! Euer Bent ✌️🧠❤️

0 commenti

Vuoi essere la prima persona a commentare?
Abbonati a Das Leben des Brain e avvia una conversazione.
Sostieni