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So hält deine Beziehung – laut der Hirnforschung

Jeden Freitag erzähle ich dir von Erkenntnissen aus Neurowissenschaft und Psychologie, die du kennen solltest. Heute: Was tun, wenn die erste Verliebtheitsphase vorbei ist und die Beziehung Alltag wird?

Ihr kennt diesen Moment wahrscheinlich alle. Ich erinnere mich auf jeden Fall daran, ihn schon mehrfach erlebt zu haben: Erst ist man wahnsinnig verliebt, alles ist aufregend, vermeintliche Fehler oder nervige Ticks oder Tücken der anderen Person werden aber sowas von ignoriert. Wolke sieben. Alles schwebt. Und irgendwann nervt es auf einmal doch, wie der oder die andere schmatzt beim Essen. Oder wie er oder sie dieses eine Wort praktisch immer benutzt.

Was in dieser ersten, heftigen Verliebtheitsphase im Gehirn passiert, haben wir uns letzte Woche angeschaut. Diese Woche geht es darum, was danach im Gehirn passiert. Und darum, welche Tipps die weltweit renommierteste Liebe-und-Hirnforscherin gibt, um lange in einer Beziehung zu bleiben. Im Prinzip schauen wir uns an, was Philipp Dittberner gemeint hat, als er diese Zeilen gesungen hat:

Lass uns die Wolke vier bitte nie mehr verlassen

Weil wir auf Wolke sieben viel zu viel verpassen

Ich war da schon ein Mal, bin zu tief gefallen

Lieber Wolke vier mit Dir als unten wieder ganz allein

Alles glänzt, so schön neu

Wenn wir uns verlieben, produzieren wir eine ganze Menge Dopamin. Wie letzte Woche gesagt: „Dopamin hat eine ganz bestimmte Aufgabe: die Maximierung der Ressourcen, die uns in der Zukunft zur Verfügung stehen werden; das Streben nach besseren Dingen.“ Dopamin geht es um die Zukunft. Es ist nicht etwa ein Genuss-Molekül, wie man lange dachte, sondern ein Vorfreude-Molekül.

Allerdings: Die Neuheit, die Dopamin auslöst, hält nicht ewig an. Wenn man Dopamin fragen würde, fände das Molekül es wahnsinnig langweilig, Dinge zu haben, zum Beispiel: eine Partnerin oder einen Partner. Wenn du unter der Brücke schläft, will Dopamin, dass du dir ein Zelt anschaffst. Wenn du in einem Zelt wohnst, verlangt Dopamin eine Wohnung. Wenn du in einer Wohnung lebst, will Dopamin ein Haus. Wenn du im Haus wohnst, wäre eine Villa eigentlich noch viel besser. Das Dopamin-Motto ist: Mehr!

Was Liebe angeht, haben wir die Wahl. Wir können dem nächsten Dopamin-Kick hinterherlaufen und sagen: Ciao und auf Wiedersehen! Oder wir entscheiden uns für etwas, das Forscher:innen Companionate Love nennen. Damit die Liebe über die Verliebtheitsphase hinaus bestehen bleibt, schreiben Daniel Lieberman und Michael Long in ihrem Buch The Molecule of More, muss sich die Art der Liebesbeziehung ändern, weil sich die chemischen Abläufe dahinter verändert.

Lebe im Hier und Jetzt (oder lass dein Gehirn dort leben)

Um die Dinge zu genießen, die wir haben, muss unser Gehirn von zukunftsorientiertem Dopamin zu gegenwartsorientierten Chemikalien übergehen, einer Sammlung von Neurotransmittern, die Lieberman und Long die Hier-und-Jetzt-Moleküle nennen. Ihr habt von ihnen schon mal gehört. Zu ihnen gehören Seretonin, Oxytocin, Endorphine (so eine Art selbst produziertes Morphium) und Endocannabinoide (eine Art selbstproduziertes Marihuana). Im Gegensatz zum Vergnügen der Vorfreude durch Dopamin, vermitteln diese Chemikalien uns Freude an Empfindungen, Berührungen und Gefühlen.

Um in der Metapher von letzter Woche zu bleiben: Schaut man hoch, schaut man in die Welt des Dopamins (was oben ist, können wir nicht direkt erreichen, es liegt in der Zukunft). Schaut man runter, schaut man in die Welt der Hier-und-Jetzt-Moleküle.

So wie Dopamin das Molekül der Sehnsucht ist, sind Oxytocin und Vasopressin die Chemikalien, die am meisten mit langfristigen Beziehungen in Verbindung gebracht werden. Oxytocin ist bei Frauen aktiver, Vasopressin bei Männern. Wissenschaftler:innen haben diese Neurotransmitter im Labor immer wieder Tieren untersucht. Als zum Beispiel Oxytocin in das Gehirn von weiblichen Wühlmäusen injiziert wurde, gingen die Tiere eine langfristige Bindung mit jedem Männchen ein, das gerade in der Nähe war. Wurde männlichen Wühlmäusen, ein Gen verabreicht, das Vasopressin erhöht, paarten sie sich ausschließlich mit einem Weibchen, auch wenn andere empfängliche Weibchen verfügbar waren.

Was genau müssen wir also tun?

Jetzt sind wir aber keine Wühlmäuse und vasopressin-erhöhende Gene habe ich auch derzeit nicht vor zu nehmen. Bleibt also die Frage, wie man seine Beziehung außerhalb eines Labors so gestaltet, dass das Gehirn „zufrieden“ ist, sprich: dass Dopamin nicht einfach komplett verschwindet und die Hier-und-Jetzt-Moleküle weiter produziert werden. Zum Glück hat Helen Fisher ein paar Tipps parat. Es gibt kaum jemanden, der so viele Studien zum Thema Liebe durchgeführt hat, wie sie.

In einer dieser Studien fand sie etwas Spannendes heraus. Sie und ihre Kolleg:innen haben MRT-Scans von 17 Menschen gemacht, die in einer Langzeitbeziehung waren. Alle waren zwischen 50 und 70 Jahre alt und durchschnittlich 21 Jahre lang verheiratet. Und bei allen waren die Regionen aktiv, die auch bei Verliebten aktiv sind: Das ventral tegmentalen Areal produzierte Dopamin, eine Region im Hypothalamus, die mit unserem Verlangen nach Sex in Verbindung gebracht wird, war aktiv. Aber auch Regionen, die mit Ruhe und Sicherheit in Verbindung stehen.

Fisher sagt:

„If you want to sustain feelings of intense romantic love: Novelty, novelty, novelty.“

Das Neue, die Vorfreude, muss dabei nicht immer von unserem Partner oder unserer Partnerin selbst ausgelöst werden. Unserem Gehirn ist es ziemlich egal, warum es Dopamin produziert. Fisher rät: Fahr mit dem Fahrrad zum Restaurant, erkunde einen Stadtteil, den du noch nicht kennst, mach den Sommerurlaub dort, wo du ihn noch nie gemacht hast.

Und wenn du diese tiefe Verbundenheit mit deinem Partner, deiner Partnerin aufrechterhalten willst, wenn du also die Hier-und-Jetzt-Moleküle triggern willst (und ohne die werden wir kaum eine langfristige Beziehung führen): „Stay in touch“. Also: Händchen halten, sich küssen, beim Spaziergang Arm in Arm laufen. Und, hier kommt der pragmatischste Tipp: Beim Fernsehen direkt nebeneinander sitzen, Schulter an Schulter, statt in zwei verschiedenen Sesseln. Jede Art von Berührung (die wir auch wollen) aktiviert diese Moleküle.

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