Recovery Interview Nr. 1 mit Helena
Hallo ihr lieben, in dieser Beitragsreihe stelle ich Betroffenen und Angehörigen von psychischen Erkrankungen ein paar Interview-Fragen, wie sie mit den Erkrankungen umgehen, was ihnen hilft und gebe ihnen eine Stimme. Ich bin anna, Selbstbetroffene und freiberufliche Autorin und beschäftige mich mit mentalen Themen. Besonders Recovery, der Weg zur Genesung, Entstigmatisierung und das Meistern des Alltags mit psychischen oder chronischen Erkrankungen, finde ich wichtig. Und zu erkennen: Du bist nicht allein! Diese Reihe ist for free und als Ergänzung zu meinen üblichen Content zu sehen. Ich denke wir können alle viel auch von anderen lernen und mitnehmen.
Wer möchte, kann sich die Interview-Vorlage am Ende des Interviews im SafeSpace runterladen und mir ausgefüllt mit Foto per Mail an good.days.will.come@outlook.de (Opens in a new window) zuschicken. Vielleicht erscheint dein Interview dann auch bald hier.
Heute habe ich Helena im Interview.
Wer bist Du, wo kommst Du her und wie alt bist Du? Wenn Du magst, gebe deine Pronomen an. Und wenn ihr mehrere seid (bezieht sich auf multiple Persönlichkeiten), dann das natürlich auch.
Mein Name ist Helena und ich wohne aktuell in Hessen. Ursprünglich bin ich aus Bayern. Mir ist es lieb, wenn man mich ohne Pronomen anspricht, ich nehme es aber auch keinem übel wenn er es nicht macht.
Was ist deine Behinderung/Erkrankung?
Ich bin seit ich 12/13 Jahre alt war psychisch erkrankt. Jetzt bin ich 27. Ich würde sagen mein Grundlegendes "Problem" ist die Suchterkrankung, die sich seitdem durch mein Leben zieht. Sie brachte viele andere Erkrankungen mit sich.
Würdest Du Deine Erkrankung gerne sichtbar oder unsichtbar machen?
Ich möchte meiner Erkrankung nicht sichtbar machen. Die Angst vor Stigmatisierung, beziehungsweise die Angst vor dem "abgestempelt werden" ist einfach zu groß.
Was machst Du beruflich oder wie gestaltest Du deinen Alltag?
Ich arbeite zurzeit leider nicht. So einen wirklich geregelten Alltag habe ich daher nicht, das fiel mir auch schon immer schwer. Ich gehe ein mal die Woche zur ambulanten Ergotherapie & habe regelmäßig Arzt oder Psychiater Termine. Ansonsten muss ich gerade noch viel bezüglich meines Umzugs regeln, treffe Freunde oder beschäftige mich alleine mit basteln, schreiben oder meinen Katzen. Haushalt muss natürlich auch gemacht werden.
Wie geht es Dir zur Zeit und was beschäftigt Dich?
Zurzeit geht es mir so gut wie schon wiiiiiirklich lange nicht mehr. Ich fühle mich frei und irgendwie zufrieden. Mich beschäftigt aber nach wie vor meine Abhängigkeitserkrankung und meine berufliche Zukunft. Ich bin jetzt 27 und habe nur mein Abitur in der Tasche. Keine Ausbildung, kein Studium... Langsam kriecht mir die Zeit in den Nacken, obwohl ich weiß dass es eigentlich nie zu spät ist.
Was machst Du gerne in deiner Freizeit, hast Du spezielle Interessen?
In meiner Freizeit beschäftige ich mich am allerliebsten mit meinen Katzen oder hänge auf Instagram rum. Als spezielles Interesse würde ich vielleicht das Singen bezeichnen. Ich möchte auch einem Chor beitreten.
Was bedeutet für Dich Recovery? Und wo würdest Du sagen, stehst Du zur Zeit?
Recovery bedeutet für mich sich selbst wieder zu finden. Sich selbst zu verzeihen und gut zu sich zu sein. Lange Zeit wusste ich nicht, wer ich ohne meiner Erkrankungen bin und hasste mich selbst inbrünstig. Aber das ist alles Vergangenheit und ich nehme die Wellen inzwischen wie sie kommen. Klar wirft mich auch mal was aus der Bahn, aber ich ruhe in mir selbst und weiß, wer ich bin. Ich kenne meine Schwächen und Stärken und bin mir meiner selbst einfach sicher. Ich glaube also, ich bin auf einem sehr guten Weg, aber noch lange nicht da wo ich sein will.
Was ist für dich ein gutes Helfernetzwerk?
Ein gutes Helfernetzwerk ist schon wichtig denke ich. Aber ich muss sagen ich hatte da schon immer meine Probleme. Zurzeit sieht es ganz gut aus und ich habe einige Menschen in meinem Leben auf die ich mich verlassen kann. Vor allem meiner Mama würde ich gerne danke sagen weil ich weiß dass sie ans Telefon gehen würde wenn ich sie mitten in der Nacht anrufe. Das ist ein gutes Gefühl.
Zu welchem mentalen Thema fehlt Aufklärungsarbeit in der Gesellschaft?
Zu welchem nicht ? Ich hab manchmal das Gefühl, viele Leute WOLLEN es einfach nicht verstehen... Da können wir so viel aufklären wie wir wollen. Wir brauchen das in Schulen, an Arbeitsplätzen und in Familien. Damit jeder einfach ein Grundlagenwissen hat. Denn es kann jeden treffen und es ist gut,
Symptome einordnen zu können. Wenn man nicht weiß, was mit einem los ist denkt man womöglich noch diese Zustände wären normal. (Ich spreche aus Erfahrung)
Wenn Du Skills nutzt: Was sind deine Lieblinge?
Mein Lieblingsskill ist definitiv die Wärmesalbe. Aber auch Akkupressur oder Therapieknete helfen mir teilweise gut.
Notfalltasche: Was muss bei Dir immer mit?
Ich habe keine Notfalltasche mehr. Ich brauche sie nicht mehr
Dein Lebenstraum oder größere Ziele, gibt es da etwas, das Du erzählen möchtest?
Mein größtes Ziel ist es aktuell ein stetiges, stabiles Leben zu führen. Ich hab genug von Kliniken, kein Geld haben und in den Tag leben. Irgendwann möchte ich mir eine Wohnung kaufen können. Oh und ich möchte viele asiatische Länder sehen.
An welchen Orten fühlst Du Dich sicher?
Sicher fühle ich mich Zuhause.
Was würdest Du Betroffenen (von psychischen Erkrankungen) gerne sagen?
Du bist stärker als du denkst 🫶 sich Hilfe zu suchen ist kein Zeichen von Schwäche! Du bist fantastisch so wie du bist. Ach.. ganz viele abgedroschene Phrasen fallen mir da ein.
Was würdest Du Nicht-Betroffenen gerne sagen?
Es heißt "Krankheit" weil ein Leidensdruck vorhanden ist. Ich zb hätte viel lieber nach meinem Lebensplan (Abi, Studium, Job, Reisen... ) gelebt, als meine Jugend in Kliniken zu verbringen. Es ist nicht "ich hab keinen Bock aufs normale Leben" sondern "ich kann daran nicht teilhaben".
Was ist dein Mantra oder Spruch, der Dir Kraft gibt?
Wenn du dich verändern willst, tue es jeden Tag.
Wo kann man Dich finden?
Mein Instagram ist recoveroni und nikas.diy (Opens in a new window).ecke . Bei recoveroni gibt's zurzeit viel Alltagscontent und in der Ecke selbstgemachten Stuff.
Vielen Dank für deine Zeit Helena und alles Gute für deinen weiteren Weg!
Wer möchte, kann sich die Interview-Vorlage am Ende des Interviews im SafeSpace runterladen und mir ausgefüllt mit Foto per Mail an good.days.will.come@outlook.de (Opens in a new window) zuschicken. Vielleicht erscheint dein Interview dann auch bald hier.