Engagement Framwork für die Probe-Phase
✌️Vor kurzem habe ich mich als Berater für Digital-Abos selbstständig gemacht. Wenn Du Unterstützung bei einem Projekt benötigst oder einen externen Blick auf bestimmte Bereiche Deines Funnels werfen möchtest, wie die Paywall oder die ersten 24 Stunden im Abo, melde Dich gerne bei mir (sascha@sub-growth.de (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) oder LinkedIn (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)).
Engagement ist mittlerweile zu einem Buzzword in der Abo-Welt geworden. Das Engagement gibt wider, wie stark Deine Abonnenten das Produkt nutzen. Wie das Engagement gemessen wird, kann völlig unterschiedlich sein und reicht von komplexen Scores bis zu einfachen Metriken wie Visits oder Verweildauer.
Unabhängig davon, wie Engagement gemessen wird: Es gibt in der Regel eine starke Korrelation zwischen Engagement und Retention. Und das macht inhaltlich auch total Sinn – je stärker ein Abonnent das Produkt nutzt, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, das Produkt auch weiter zu abonnieren.
In diesem Artikel schaue ich mir das Engagement während der Probe-Phase an. Für die Wandlung von Probe-Abos spielt das Engagement neben dem Payment die größte Rolle (einen Teilbereich des Payments habe ich mir hier schon einmal angeschaut: "Der optimale Zählarten-Mix" (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)).
Während meiner 5 Jahre bei ZEIT ONLINE haben wir sehr stark daran gearbeitet, das Engagement in eben jener Probe-Phase zu erhöhen. In der Retroperspektive lassen sich die Maßnahmen in ein klares Framework legen, welches ich mich Dir teilen möchte.
Das Framework
Die inhaltlichen Treiber für Engagement können von Verlag zu Verlag sehr unterschiedlich sein. In meiner Arbeit mit Engagement hat sich für mich aber ein Framework herausgebildet, wie Maßnahmen zur Erhöhung des Engagements systematisch angegangen werden können:
Im Zentrum des Frameworks steht das Kernprodukt. Engagement-Erhöhungen sollten gerade zu Abo-Beginn immer zunächst auf das Kernprodukt fokussiert werden. Um das Zentrum bilden sich 4 Kategorien, in denen Maßnahmen zur Erhöhung des Engagement eingeordnet werden:
🔄 Frequenz erhöhen
🌡️ Intensität erhöhen
🛠 Feature-Nutzung erhöhen
🧩 Kernprodukt erweitern
Obwohl jedes Element des Frameworks eigenständig ist, verstärken sie sich gegenseitig. Eine stärkere Nutzung von Features kann zum Beispiel die Frequenz und Intensität der Interaktion erhöhen.
Mit diesem Framework kannst Du Deine Gedanken und Maßnahmen nicht nur systematisieren, sondern auch gezielt priorisieren. Es dient als Kompass für strategische Entscheidungen und stellt sicher, dass jede Maßnahme zur Förderung des Engagements beiträgt. Lass uns jetzt die einzelnen Handlungsfelder genauer anschauen.
Im Zentrum: Das Kernprodukt
Viele Verlage führen mich nach einer Abo-Bestellung als einer der ersten Maßnahmen in Vorteilwelten oder weitere Angebote. Aus meiner Sicht und Erfahrung ist dieser Ansatz aber nicht optimal.
Bei der Erhöhung des Engagements in der Probe-Phase geht es vor allem darum, dass Deine Abonnenten Dein Kernprodukt kennenlernen und nutzen. Der Kern ist das Hauptangebot in Deinem Abo, das für Deine Kunden den größten Wert darstellt. Ganz grob gesagt: Für ein Digital-Abo einer lokalen Tageszeitung ist dies zum Beispiel lokal fokussierter Journalismus.
Lass uns, um ein besseres Verständnis zu erlangen, einen Blick auf die Kernprodukte zweier Unternehmen außerhalb des Publishing-Bereichs werfen:
Netflix hat als Core-Product Filme und Serien. Darauf konzentriert sich auch die gesamte Kommunikation nach Abo-Abschluss.
Spotifys Core-Product sind Musik und mittlerweile Podcasts. Entsprechend fokussiert sich hier auch das Onboarding drauf.
Wenn ein Nutzer ein Probe-Abo hinter Deiner Paywall abschließt, ist es zunächst wichtig, zu erklären, wie die journalistischen Inhalte optimal genutzt werden können. Wenn wir uns also gleich die ersten 3 Handlungsfelder (Erhöhung der Frequenz, Intensität und Feature-Nutzung) anschauen, behalte immer im Hinterkopf, dass Du diese Handlungsfelder vorrangig für Dein Kernprodukt anwendest.
1. Handlungsfeld: Frequenz erhöhen
Das aus meiner Sicht wichtigste Handlungsfeld um Engagement in der Probe-Phase zu erzeugen, ist die Frequenz. Umso öfter ein Abonnent das Produkt nutzt, desto stärker wird das Engagement und die Bindung ausfallen.
Oder anders gesagt: Kommt ein Abonnent nur 2 von 30 Tagen in der Probe-Phase ins Produkt, fällt die Wahrscheinlichkeit zur Wandlung gering aus. Ist er 20 von 30 Tagen im Produkt, steigt die Wahrscheinlichkeit signifikant an. Ziel-KPI in diesem Handlungsfeld sind also Visits und aktive Tage Deiner Abonnenten.
Insbesondere zu Beginn des Abos spielt die Frequenz eine entscheidende Rolle. Viele Probe-Abonnenten sind hauptsächlich in den ersten Abo-Tagen aktiv, wobei danach ein deutlicher Rückgang in der Wiederkehr zu beobachten ist. Umso wichtiger also, direkt von Anfang an Maßnahmen auszuspielen, welche die Frequenz auch hinten raus erhöhen.
👉 Beispielhafte Maßnahmen, mit denen Du die Frequenz erhöhst:
Fokus auf App-Installationen. Die Wahrscheinlichkeit auf Deine App zu klicken, ist deutlich höher, als die Adresse Deiner Seite im Browser einzugeben. Zudem hast Du in der App als zusätzlichen Kanal Push-Nachrichten.
Redaktionelle Newsletter. Teste hier unbedingt die Frequenz aus: Eine hohe Versandfrequenz (täglich) muss fürs Engagement nicht unbedingt gut sein.
Produkt-Newsletter (klassisches Onboarding).
Gamification (bspw. Streak-Kampagnen).
2. Handlungsfeld: Intensität erhöhen
Im Gegensatz zur Frequenz geht es bei der Intensität nicht darum, die Anzahl der Visits zu erhöhen, sondern die Intensität der einzelnen Visits. Als Metrik greifen hier beispielsweise die Verweildauer oder die Page Impressions (pro Visit).
Aus meiner Erfahrung ist die Intensität zumindest zu Beginn eines Abos noch nicht so entscheidend. Viel relevanter ist es, neue Abonnenten immer und immer wieder ins Produkt zu holen.
Wenn Du in der Frequenz aber schon hohe Werte erreichst, macht ein Blick auf die Intensität durchaus Sinn. Hier sind weniger Push-Kanäle gefragt als Maßnahmen, die im Produkt selbst stattfinden.
👉 Beispielhafte Maßnahmen zur Erhöhung der Frequenz können sein:
Personalisierte Inhalte.
Passende Next Reads.
Aktivierung für das E-Paper.
3. Handlungsfeld: Feature-Nutzung erhöhen
Auch die Feature Deines Angebots können entscheidend dazu beitragen, die Aktivität und das Interesse während der Probezeit zu erhöhen. Es ist dabei essenziell, diejenigen Funktionen hervorzuheben und zu priorisieren, die nachweislich positive Auswirkungen auf das Engagement und/oder die Wandlung haben. Darüber hinaus ist es wichtig, Funktionen zu identifizieren, welche die Nutzung und den Wert des Kernprodukts gezielt steigern.
Aus meiner Erfahrung haben sich 2 Typen von Features herausgebildet: Zum einen Funktionen, die Dir helfen, eine Stickiness und somit Engagement mit Deinem Produkt zu schaffen. Zum anderen Funktionen, die den wahrgenommenen Wert des Abos und weniger das Engagement erhöhen.
👉 Beispiele für Features, die Engagement erzeugen können:
Merkliste zum Speichern von Artikeln.
Die Ausgabe als E-Paper.
Aktive Personalisierungen, in der Themen, Autoren etc. gefolgt werden können.
👉 Beispiele für Feature, die den wahrgenommenen Wert des Abos erhöhen:
Artikel verschenken.
Abo mit weiteren Personen teilen.
Insbesondere bei Features, die den Wert des Abos steigern sollen, ist eine sorgfältige Bewertung entscheidend: Die Funktion “Artikel zu verschenken” erhöht nicht zwangsläufig Dein Engagement. Schau aber trotzdem, ob die Nutzung des Features einen Effekt auf Deine Wandlung hat.
Gleiches gilt im übrigen auch für die App: Ich habe schon erlebt, wie der Wechsel von mobiler Browser-Nutzung zu App-Nutzung nicht das Engagement erhöhte, aber die Haltbarkeit und Wandlung. Meine These ist hierbei, dass die App das Abo erst richtig als Produkt erlebbar macht und das Abo nicht einfach nur eine Internetseite bleibt.
Nachdem Du Features mit positivem Einfluss identifiziert hast, solltest Du darauf abzielen, die Interaktionsraten damit zu erhöhen. Als Ziel-KPI kannst Du hier beispielsweise schauen, wie viele Deiner Probe-Abonnenten das jeweilige Feature anteilig in der Probe-Phase erfolgreich nutzen.
Wir haben uns jetzt 3 Handlungsfelder angeschaut (Frequenz, Intensität und Features), die darauf abzielen, das Engagement in Deinem Kernprodukt zu erhöhen. Kommen wir jetzt zum letzten Handlungsfeld, welches Dein Kernprodukt erweitert.
4. Handlungsfeld: Kernprodukt erweitern
Im Zentrum des Engagement Frameworks steht der Fokus auf das Kernprodukt in der Probe-Phase. Es kann aber Ausnahmen geben, in denen Erweiterungen des Kernprodukts sinnvoll sind. Schauen wir uns zunächst an, was solche Erweiterungen sein können:
Viele Publisher erweitern aktuell Ihr Kernangebot um Spiele und Rezepte. Auf Sub-Growth habe ich mir Anfang des Jahres die NYT genauer angeschaut (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre): Die NYT bezeichnet diese Ergänzungen als Lifestyle Produkte und hat mit Sport, Kochen, Spielen und Produkt-Reviews wohl das größte Portfolio im Publishing-Markt. Sie sieht 40 % weniger Kündigungen bei Nutzern der Lifestyle Produkte.
Werfen wir nochmal einen Blick auf Spotify und Netflix:
Zum Kernprodukt Serien und Filme erweitert Netflix ebenfalls mit Spielen sein Angebot.
Spotify erweiterte sein Kernprodukt Musik mit Podcasts – mittlerweile sind sie selbst zum Kern des Angebots geworden. Heute versucht Spotify mit Hörbüchern (zumindest im US-Markt) das Kernangebot zu erweitern.
Bei welchen Ausnahmen macht der Einsatz und die Kommunikation solcher Erweiterungen bereits in der Probe-Phase Sinn? Vor allem in Zielgruppen, die das Kernprodukt bereits kennen und verstehen. Hier sind vorrangig Mehrfachbesteller zu nennen.
Mehrfachbesteller abonnieren und kündigen immer wieder und kennen das Kernprodukt in der Regel sehr gut. In dieser Gruppe kann die Kommunikation von Erweiterungen wie Spielen oder Rezepten zu Beginn des Abos für Überraschungsmomente sorgen.
👉 Beispielhafte Inhalte, mit denen Du Dein Kernprodukt erweitern kannst:
Ausbau des Spiele-Bereichs (Beispiele: SZ, ZEIT ONLINE, New York Times)
Ausbau eines Koch-Bereichs (Beispiel: New York Times)
Ausbau eines Podcasts-Bereichs (Beispiel: Economist)
Nachdem wir uns nun alle vier Handlungsfelder angeschaut haben, wird es Zeit für ein Fazit.
Zusammenfassung
Das Engagement Framework zielt darauf ab, dass Du in der Probe-Phase alle Maßnahmen zur Engagement-Steigerung auf Dein Kernprodukt anwendest. Dafür gibt es 3 Handlungsfelder, in denen Du Maßnahmen entwickeln kannst:
Frequenz erhöhen
Intensität erhöhen
Feature-Nutzung erhöhen
Aus meiner Erfahrung solltest Du Maßnahmen zur Erhöhung der Frequenz sowie zur Erhöhung der Feature-Nutzung (wenn Du Features hast, die eine Korrelation zum Engagement aufweisen) priorisieren.
Zum einen ist hier der potentielle Impact am größten: Selbst die ausgeklügeltsten Taktiken zur Steigerung der Intensität verpuffen, falls neue Abonnenten bereits nach dem dritten Tag das Interesse verlieren und Dein Produkt nicht weiter nutzen.
Zum anderen sind die Aufwände zur Erhöhung der Frequenz (Ausbau und Optimierung von Push-Kanälen) in der Regel deutlich geringer und einfacher zu testen, als komplexe Maßnahmen zur Steigerung der Intensität (Personalisierung, Next Reads etc.).
Zusätzlich gibt es ein 4. Handlungsfeld, welches die Erweiterung des Kernprodukts anvisiert. Dies macht in Zielgruppen, die das Kernprodukt bereits gut kennen – wie Mehrfachbesteller – Sinn, um Überraschungsmomente und somit gesteigertes Engagement zu erzeugen. Hier sind aktuell vor allem Spiele und Rezepte auf dem Vormarsch.
Ich hoffe, dieser Artikel hilft Dir als Startpunkt oder auch als Sortierung für Maßnahmen zum Steigern des Engagements in der Probe-Phase. Falls Dir dieser Artikel oder der Newsletter gefällt, würde ich mich freuen, wenn Du ihn an Deine Kolleginnen und Kollegen weiter empfiehlst.
Sascha
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