Drei Geschichten über Veränderung
Liebe Leserinnen und Leser,
es gab eine Phase in meiner Laufbahn als Reporter, da war ich unfähig zu schreiben.
Ich war 28 und gerade an die Reportageschule gekommen. Die Jahre zuvor war ich unzufrieden gewesen mit meiner Arbeit. Da war immer dieses Gefühl, die Realität nicht so beschreiben zu können, wie ich sie wahrnahm; sondern nur in den Worten und nach den Regeln derer, die zufällig vor mir geboren waren. In Reutlingen wollte ich das ändern und meine eigene Stimme finden.
Es lief dann so. In den ersten Monaten wurden wir zugeballert mit Regeln und Tipps und Methoden. So war das in meinen Volo-Kursen schon gewesen. An anderen Journalistenschulen, erfuhr ich, war das ähnlich. Es war auch krass hilfreich, keine Frage. Nur schien jeder Dozierende seine eigenen Imperative zu verteidigen. Irgendwann rauchte mir der Kopf vor lauter Ge- und Verboten. Ich saß nur noch da, vor leeren Word-Dokumenten, unfähig auch nur den kürzesten Text zu beenden.
Was mir am Ende half, war Glück. Ich war auf einen Text gestoßen von Joshua Groß. Er schrieb so nah an meiner inneren Stimme, wie ich es mich nie getraut hätte. Es war tiefgründig und witzig und völlig unhinged. Warum dann nicht auch ich, fragte ich mich und ging los in Hipsterbuchläden und lies mir nach diesem Muster Bücher empfehlen und Autoren und Journalisten. Und ich abonnierte auch diesen Newsletter.
Diese Woche habe ich drei Texte ausgesucht, mit denen ich hoffe, auch euch zu inspirieren. Have fun while we still can.
Ihr
Martin Hogger
PS: Wir arbeiten gerade an der Zukunft von ReportagenFM. Wenn ihr und Sie Teil davon sein wollen, freuen wir uns über die Beantwortung einiger Fragen. (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) Dauert auch nur drei Minuten, versprochen.
Westbesuch
Wir versuchen ja in der Regel, jungen Journalisten eine Plattform zu geben. Diese Regel will ich heute brechen. Denn Osangs Text zeigt, wie nach dem Mauerfall eine Reihe junger, karrieregeiler West-Journalisten das Bild des Ostens verfälschten – einfach weil sie lieferten, was von ihnen erwartet wurde.
Alexander Osang · SPIEGEL (€) · 20 Minuten (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)
Makro Cosmos
Nicht jeder tolle Text muss über 30 Seiten gehen und crazy ausgefeilt sein. Oft ist die kurze, präzise Beschreibung über die Verhältnisse in einem überambitionierten Dorfverein die eigentliche Kunst.
Marc Latsch · 11Freunde (€) · 8 Minuten (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)
Attenzione, Pickpocket!
Fluchen ist einer der elementarsten Teile der menschlichen Sprache. Ich finde deshalb, es darf auch in journalistischen Texten öfter mal geflucht werden. So wie in diesem hier, über eine wunderliche alte Frau, die Taschendiebe überführen will.
Vito Avantario · Reportagen (€) · 20 Minuten (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)
Satz der Woche
»Mein Herz ist gefüllt mit Glamour.«
Marina Klimchuk · ZEIT (€) · 15 Minuten (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)
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