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PBN-News mit Kahlschlag konkret und Sitzplatz to go

Kultur? Niente.

Liebe alle.

Ich weiß, ihr möchtet endlich Last Christmas hören, Vanillekipferl essen und euch daran erfreuen, dass der Glühwein auf dem Lucia-Weihnachtsmarkt noch 3,50 Euro kostet und nicht wie anderswo 6.

Sparfuchs-Paradies Prenzlauer Berg: Dass wir diese Schlagzeile noch erleben dürfen.

Aber wir müssen leider nochmal über die Art von Sparen sprechen, die nicht so viel Spaß macht.

Wissen

Thema der Woche: Sparplan konkret

Worum geht's?

Wenn es etwas in der eh niemals besinnlichen, sondern stets stressigen Vorweihnachtszeit nicht braucht, dann ist es eine spontane Änderung der Umstände.

Für die einen ist es die Mitteilung aus der Kita, dass das geplante Adventsfest leider entfallen müsse, weil gerade Magen-Darm und Bindehaut-Entzündung gleichzeitig grassierten. (Jetzt Black-Friday-Deal sichern und einmal Hand-Mund-Fuß kostenlos dazu erhalten!)

Für Berlins Kultur- und Sozialeinrichtungen war es in der vergangenen Woche (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) die Präsentation des Haushaltsentwurfs durch die Landeskoalition aus CDU und SPD und der damit verbundenen Sparpläne für 2025. Deren konkrete Folgen werden nun langsam sichtbar.

Warum ist das wichtig?

Die geplanten Kürzungen betreffen nicht nur einzelne Angebote. “Es ist wie ein Dominoeffekt", sagt Anna Bergel vom DOCK11. "Wenn weniger Projekte gefördert werden, werden auch weniger Probenräume gebraucht." Berlin spart sich also nicht nur hier eine Theaterinszenierung, dort einen Schul-Workshop, sondern verändert das komplette kulturelle und soziale Ökosystem des Prenzlauer Bergs.

Hinzu kommt, dass viele betroffene Jugend- und Sozialangebote präventiv wirken. Viele Einsparungen heute werden wir als Gesellschaft in der Zukunft bezahlen müssen.

Was bedeuten die Kürzungen konkret?

Einen kompletten Überblick zu bekommen, ist gar nicht so leicht. Angefragt habe ich stichprobenhaft bei den folgenden Einrichtungen sowie bei Pankows Stadträt:innen Cordelia Koch (Grüne, Kultur), Rona Tietje (SPD, Jugend & Familie) sowie Jörn Pasternack (CDU, derzeit stellvertretend für Soziales zuständig).

Alle verweisen darauf, dass aktuell nur allgemeine Kürzungslisten kursierten und die Details noch ausverhandelt würden.

Konjunktiv, galore:

  • Das queere Jugendzentrum Lamda müsste zum 1. Januar 2025 komplett schließen. Damit fiele das einzige Beratungsangebot für minderjährige Queers in ganz Berlin weg.

  • Die Schaubude Berlin müsste ihr Kinder- und Familienprogramm im Frühjahr und Sommer komplett einstellen, Eintrittspreise erhöhen und Mindestgagen kürzen. Auch Abendvorstellungen aus der freien Szene fielen weg.

  • Die Brotfabrik weiß nicht, ob sie ihr Theater- und Literaturprogramm fortführen kann.

  • Das DOCK11 erwartet durch wegfallende Projektförderungen massive Einbrüche bei der Raumvermietung.

  • Die Bibliotheken müssen mit Einschränkungen bei Infrastruktur, Online-Angeboten und Personal rechnen.

  • Die Musikschulen bekämen weniger Zuschüsse für Chöre und Orchester und müssten auch in der Verwaltung sparen.

  • Das Theater o.N. bangt um Projektförderungen, etwa für ein geplantes inklusives Stück für Kleinkinder.

  • Weniger Ausstellungen durch Kürzung der Ausstellungsvergütungen für freie Künstler:innen.

  • Zudem Wegfall oder Einschränkung von Projekten der Jugendarbeit, Jugendsozialarbeit, Gewalt- und Armutsprävention und Schulsozialarbeit, die ganz oder teilweise vom Land finanziert werden. Was wie genau betroffen sein wird, muss sich noch herauskristallisieren.

  • Der Stiftung Planetarium Berlin, zu der auch das Planetarium an der Prenzlauer gehört, werden generelle Zuschüsse sowie Geld für Investitionen gestrichen. Was das konkret bedeutet, möchte die Pressesprecherin aktuell nicht kommentieren.

Das ist mit Sicherheit nicht alles. Schreibt mir gerne jede Ergänzung an redaktion@prenzlauerberg-nachrichten.de.

Was sagen die Betroffenen?

Nora Scharffenberg vom queeren Jugendzentrum Lambda hat erst beim Blick auf die Streichliste erfahren, dass ihr Projekt komplett in seiner Existenz gefährdet ist. “Kurzfristig werden wir versuchen, den Ausfall mit Spendengeldern zu kompensieren. Langfristig ist dies jedoch keine Option. Jugendarbeit und Beratung sollte nicht von Spenden abhängig sein, sondern sind Aufgabe der Bezirke und des Landes Berlin!”

Vera Strobel vom Theater o.N. sagt: “Wir haben ab dem 1.1. momentan überhaupt keine Planungssicherheit. Noch ist gar nicht absehbar, was alles wegfällt, aber alles, was sich ankündigt, macht uns fassungslos.” Höhere Eintrittspreise seien keine Option, weil das Theater sein Angebot für alle, auch die Einkommensschwächeren, zugänglich machen wolle. “Mit Stiftungen, Freundeskreis und Spenden arbeiten wir bereits. In dieser Kurzfristigkeit kann über solches privates Geld unsere Finanzierung nicht ersetzt werden.”

Tim Sandweg von der Schaubude Berlin meint: “Da wir davon ausgehen müssen, dass sich die finanzielle Situation in den nächsten Jahren nicht verbessern wird, stellen wir uns auf strukturelle Veränderungen ein."

Was sagt die Politik?

“Die Kürzungen werden die kulturelle Infrastruktur in Prenzlauer Berg deutlich schwächen”, meint Pankows Bürgermeisterin Cordelia Koch.

Pankows Jugendstadträtin Rona Tietje hofft, dass in den gerade laufenden Verhandlungen um Details in ihrem Fachbereich noch einmal umgeplant wird und mehr erhalten bleibt, als es gerade aussieht.

Berlins Finanzsenator Stefan Evers (CDU) erklärte im Interview mit dem Tagesspiegel (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre): "Wir reden immer noch von gut einer Milliarde Euro, die dem Kulturbereich im kommenden Jahr zur Verfügung stehen werden – im letzten Jahr waren es nur etwas über 900 Millionen Euro."

Julianes Kommentar

Selbst Menschen, die im Kulturbetrieb arbeiten, sehen Sparpotential. Gerade in der Pandemie sei Förderprogramm um Förderprogramm aufgesetzt worden. Ein bisschen Flurbereinigung sei da nicht verkehrt.

Doch die aktuellen Sparmaßnahmen gehen nicht nach Qualität und setzen auch keine Schwerpunkte, sondern wirken pauschal und im Detail entweder wenig durchdacht oder platt politisch motiviert (Queeres Jugendzentrum? Nein, danke! Fast kostenloses Parken bleibt aber Menschenrecht.) Wenn das so durchgeht, bleibt nur Mittelmaß.

Wie geht es weiter?

Noch ist nichts endgültig entschieden. Jedes Ressort hat eine Sparvorgabe, darf aber intern nochmal umschichten. Bis zum 16. Dezember muss das Abgeordnetenhaus den Haushalt für 2025 allerdings verabschieden, damit dieser steht, bevor das Jahr beginnt.

Kurz und knackig

Leserinnen-Post

In der vergangenen Woche bin ich, nunja, etwas ausfällig geworde (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)n darob der Idee der Pankower Grünen, Abtreibungen im Gesundheitsamt anzubieten. Dazu erreichte mich ein Leserinnen-Brief von Alicia Hartung:

„Tatsächlich gibt es in Deutschland kein Recht darauf, eine Schwangerschaft beenden zu dürfen. Abtreibungen zählen als Straftat, auch wenn unter bestimmten Bedingungen die Strafe erlassen wird. Dadurch sind sie ein Tabuthema, kein verbindlicher Bestandteil in der gynäkologischen Ausbildung und kein Gynäkologe muss sie anbieten. Deshalb gibt es zu wenig Anlaufstellen. Diejenigen Ärzte, die sie durchführen, dürfen nur durch einen einzigen Satz auf ihrer Homepage darüber informieren, der nichts über die möglichen Methoden aussagt. 

Zweifellos würde jede Betroffene diesen Eingriff lieber von ihrer vertrauten Ärztin durchführen lassen, doch wenn die Praxis ihn nicht anbietet, heißt es weitersuchen, nach Arzt und Wunschmethode. Für all diese ungewollt Schwangeren kann eine öffentlich bekannte Anlaufstelle auf einem Amt ein beruhigendes Sicherheitsnetz sein.“

Alicia kennt sich aus, weil sie mit “Selbstverständlich Selbstbestimmt” (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) gerade einen Roman zum Thema veröffentlicht hat. Zudem verweist sie darauf, dass am 7.12. am Alex eine große Demo (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) für die Entkriminalisierung von Abtreibungen angesetzt ist.

Machen

Habt eine gute Zeit und bis bald,

Juliane von den Prenzlauer Berg Nachrichten

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