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„Wie wird man ein guter Fotograf?“

In meinem Newsletter helfe ich dir, bessere Fotos zu machen. Heute bespreche ich, was gute Fotograf:innen von anderen unterscheidet.

Als ich vor zwei Wochen mit einem Freund telefonierte und wir über Tipps und Tricks in der Fotografie sprachen, stellte er mir diese Frage: „Martin, ganz ehrlich: Wie wird man ein guter Fotograf?“ 

In diesem Moment erinnerte ich mich an eine Situation aus meiner Kindheit. Ich muss 13 oder 14 gewesen sein und hatte es (mal wieder) verpennt, den Müll zu entsorgen, obwohl ich in dieser Woche dafür zuständig war. 

Als mein Vater die vollen Eimer sah und mich damit konfrontierte, versuchte ich, ihn abzuwimmeln. Ich erklärte, ich hätte mich Mittags mit einem Freund getroffen, wäre danach zur Band-Probe gefahren und habe mir Abends noch eine Zeitschrift am Bahnhof gekauft. „Sorry, Papa, ich hatte heute echt keine Zeit“. 

Mein Vater schaute mich etwas länger an und sagte dann: „Martin, das ist Quark. Entweder dir ist es wichtig, dann machst du es, oder es ist dir nicht wichtig, dann lässt du es bleiben. Aber erzähle mir nicht, dass du an einem Tag mit 24 Stunden keine zwei Minuten hast, den Müll runterzubringen.“ 

BÄMM. Das saß. Mein Vater hatte recht. Ich bin mir nicht sicher, ob ich ab diesem Tag den Müller runterbrachte, aber ich hatte zwei Dinge verstanden. Erstens: Mein Vater lässt sich nicht verarschen. Zweitens: Es geht hier nicht um den Müll, sondern um meine Prioritäten. Diese Lektion sollte mich prägen, bis heute, 30 Jahre später. 

Um auf die Frage meines Freundes zurückzukommen: Ich glaube, dass gute Fotograf:innen genau das tun: Sie machen die Fotografie zur Priorität und planen es in ihren Alltag ein. Selbst die, die nur wenig Zeit haben, arbeiten mit dem, was sie haben. Auch, wenn es nur 5 Minuten täglich sind. Und das ziehen sie durch. Jahrelang. 

Natürlich gibt es viele äußere Faktoren, die die Möglichkeiten einer Person mitbestimmen. Wer alleinerziehend eine Familie mit 3 Kindern zu versorgen hat, wird über andere Kapazitäten verfügen, als ein Single, das jedes Wochenende für sich hat. Wer in der Kindheit mit Kameras und Dunkelkammer aufgewachsen ist, hat eine andere Voraussetzung als jemand, der*die bei null anfängt. 

Wer psychisch krank in der Klinik liegt, kann vielleicht nicht einmal aufstehen. Deshalb fange ich jedes Mal (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre), wenn ich in der Psychiatrie bin, an, zu fotografieren, sobald es mir ein bisschen besser geht. Denn das Fotografieren ist auch ein bisschen Selfcare. Es ist Zeit, die ich nur für mich habe und in der ich meiner Kreativität freien Lauf lassen kann.