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ADHS und der Spickzettel-Effekt


Ich habe mich gerade gefragt, wie ich bzw. viele andere ADHSler wohl durch die Schule gekommen sind. Mein großer Sohn hat die letzten Tage der "realen" Schulzeit hinter sich und wartet auf die Abi-Klausuren. Sagen wir mal so: Lernen habe ich bei ihm eigentlich nie erlebt. Und auch jetzt in den Osterferien vor den Klausuren scheint Schule bzw. Abi ungefähr soweit weg zu sein, wie die fernste Galaxie im Weltall. Da hat sich auch in allen Jahren der Schule wenig getan. 

Umso geschockter war ich, dass er jetzt wohl die beste Latein-Klausur seines Jahrgangs geschrieben haben soll. Gerade Latein.... Dafür, dass er sich kein Stück auf Prüfungen vorbereitet, eine starke Leistung. Respekt.

Dafür gibt es dann - sagen wir mal adhs-typische - Dellen in Fächern, wo er eigentlich gut sein müsste. Wenn er denn wenigstens einen Hauch von Vorbereitung nutzen würde oder zumindest einen Fünktchen Ahnung oder gar Erinnerung, was nun in den Klausuren dran kommen sollte (und nicht, was er meint, was drankommen könnte, wenn er die Prüfungen entwickeln würde).

Aber warum hilft ADHSlern das Vorbereiten bzw. Lernen so wenig bzw. warum kann man das vorbereitete Wissen so schlecht umsetzen, wenn man es braucht?

Das hat natürlich wieder mit den Exekutivfunktionen des Gehirns und hier wohl mit dem Zugriff auf das Arbeitsgedächtnis zu tun.

Und auch wenn ich wirklich nie in meinem Schulleben in Prüfungen einen Spickzettel (gerne ja auch "Notizen" mit dem Kuli auf der Hand oder sonstigen Körperteilen) genutzt habe, so ist das SCHREIBEN von Spickzetteln eine hervorragende Methode zum Lernen und zur Vorbereitung.

Und das habe ich wirklich sehr intensiv gemacht. Bis mir die Hände vom Schreiben mit dem Füller weh taten und ich dann später Schreibmaschine gelernt habe, damit ich mehr auf die Karteikarten unterbringen konnte.

Was ist also der Spickzettel-Effekt

Der Spickzettel-Effekt ist eine einfache, aber effektive Methode, um das Arbeitsgedächtnis zu entlasten und wichtige Informationen im Alltag besser im Blick zu behalten. Gerade für Menschen mit ADHS, die oft Schwierigkeiten haben, sich an Informationen zu erinnern oder den Überblick zu behalten, kann diese Methode eine große Hilfe sein.

Die Idee hinter dem Spickzettel-Effekt ist simpel: Man schreibt wichtige Informationen auf eine Karteikarte oder einen kleinen Zettel und trägt diesen immer bei sich. Auf diese Weise hat man die Informationen jederzeit griffbereit und kann sie schnell abrufen, ohne das Arbeitsgedächtnis unnötig zu belasten.

Der Spickzettel-Effekt kann auf verschiedene Arten genutzt werden. So kann man beispielsweise eine Karteikarte mit wichtigen Telefonnummern oder Adressen immer bei sich tragen, um im Notfall schnell reagieren zu können. Auch To-Do-Listen oder Erinnerungen können auf diese Weise einfach und unkompliziert erstellt und verwaltet werden. 

Oder eben mit einem Notizheft oder Bullet-Journal.

Inzwischen meine ich ADHS-Klienten in der Klinik daran zu erkennen, dass sie mit einem Bullet-Journal bzw. Notizheft in die Facharztvisisten kommen. Aber sich darin irgendwie nicht so recht zurecht finden....   Immerhin haben sie sich VOR der Visite eben wirklich gut vorbereitet (ganz im Gegensatz zu ihren neurotypischen Mitpatienten). Die Frage ist nur, ob eben im Moment des Gespräches im Chefarztzimmer dann das Erinnern klappt. 

Ein weiterer Vorteil des Spickzettel-Effekts ist dann nämlich, dass er auch dazu beitragen kann, Stress und Angst zu reduzieren. Wenn man weiß, dass man wichtige Informationen immer griffbereit hat, fühlt man sich sicherer und besser vorbereitet. Das kann gerade in stressigen Situationen wie bei Prüfungen oder wichtigen Terminen (wie eben subjektiv gesehen unsere wöchentlichen Facharztvisiten) eine große Hilfe sein.

Es geht also nicht darum, Wissen was man nicht hat, da drauf zu schreiben. Das nützt nämlich gar nichts. Sondern man notiert eh nur Sachen, die man eigentlich drauf hatte, aber eben in der Prüfung nicht abrufen kann. Das sind für mich zwei grundsätzlich andere Dinge.



Ihr merkt schon: Eigentlich bin ich dafür, dass man Spickzettel sehr wohl bei Prüfungen benutzen darf, ja soll :-) Denn in Zeiten von ChatGPT ist es ja keine Leistung mehr, Wissen abzurufen. Sondern lediglich eine "Hirnfunktion", die eben bei ADHS und anderen neurodivergenten Situationen beeinträchtigt sein kann. Wichtiger als das Abrufen wäre für mich, ob man eben selber die relevanten Informationen erkennen und dann auch für die Karteikarte / Spickzettel zusammenschreiben kann (CAVE : Auch hier muss man sehr gute Exekutivfunktionen haben, was wiederum ja gerade nicht immer der Fall ist). 

Natürlich ist der Spickzettel-Effekt keine Lösung für alle Probleme, die mit ADHS einhergehen. Aber er kann eine einfache und wirksame Methode sein, um das Arbeitsgedächtnis zu entlasten und wichtige Informationen im Alltag besser im Blick zu behalten.

Probiere es doch einfach mal aus und schau, ob der Spickzettel-Effekt auch dir helfen kann.

Welche Strategien haben bei DIR geholfen, wenn das Arbeitsgedächtnis mal wieder keine Informationen rausgeben oder einspeichern wollte?


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