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Zu viel / Too much 



Ein Buch, das mich ganz maßgeblich in Sachen ADHS beeinflusst hat ist : Too much von Wendy Richardson (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre). Es geht um alle Arten von exzessivem Verhalten und Süchten, die im Zusammenhang mit einem nicht erkannten ADHS bzw. auch einem Reward-Deficit-Syndrom stehen.

In der Klinik haben wir eine Kooperation mit einer Suchtklinik (Hansenbarg), wo es u.a. um Sucht und Ptbs geht. Routinemässig frage ich dann aber natürlich auch ADHS ab. Dann wird ein Schuh draus. Oder eine neue Perspektive

Reframing ADHD ist also das Motto dieses Jahr für die Awareness ADHD-Bewegung. Eine Neubewertung bzw. eine neue Sichtweise auf alte Phänomene. Die man vielleicht bisher eben nicht unter dem Aspekt ADHS verstanden hat, nicht so einordnen konnte.

Gestern hatte ich wieder so eine Patientin in der Klinik. Ich weiss nicht, ob es nun wirklich ADHS ist, was ihr "zu viel" ist. Und bei ihr steht mal nicht ein Suchtverhalten im Vordergrund. Sondern eher eine ständige Suche nach innerer Ruhe und Nachlassen der inneren ständigen Anspannung.

Aber es sind zu viele Wahrnehmungen, die man nicht richtig filtern kann

Zu viel Gespür für Spannungen und Ungerechtigkeit

Zu viele Stimmungsschwankungen, die bei der kleinsten Ursache zu heftigen Ausschlägen führen

Zu viele Bewertungen, die sich gegen sie selber richten 

Zu viele Gefühle, die nicht zu den Gedanken und Bewertungen passen

Zu viele selbstdestruktive Verhaltensmuster, die dann die vorherigen Wahrnehmungen irgendwie im Rahmen halten sollen 

Damit natürlich zu viele Gedankenzwänge und Zwangshandlungen

Zu viele (weit zu viele) Aufenthalte in Kliniken und ambulante Therapieversuche (bei uns ist es jetzt wohl der 6. oder 7. Aufenthalt), wobei dann immer wieder andere Facetten an die Oberfläche kommen. Aber keine wirklich grundlegende Änderung zu erreichen war.

Leben im ständigen Funktionsmodus - der aber nicht funktioniert

Und zuviel Angst und Befürchtungen, wenn man nur einen kleinen Baustein an diesem fragilen System ändern würde, dass es dann ganz und gar nicht mehr klappt. (Und ehrlich gesagt, bei ihr und vielen anderen Klienten klappt schon lange sehr wenig, sie müssen sich maximal in ihrem Bewegungs- und Handlungsspielraum einschränken).

Auch vor Medikamenten hat sie zu viel Angst. Weil sie schon zu viel versucht hat, was dann zu viel neue Probleme gemacht hat.

Zu viele Versuche, von zu vielen Ärzten, die keine Ahnung (aber eine gehörige Menge Meinungen) hatten.

Die fehlende Wirkung bzw. Verschlimmbesserung durch Psychopharmaka lässt mich ja immer auch an Neurodiversität denken.

Zu viel sein 

Das grösste Problem ist dann, dass sie sich lebenslang als eine zu große Belastung für andere Menschen empfunden hat. Sie hat ja auch zu viele Probleme und zu viele Situationen mit Kritik erlebt.

Und dadurch gelernt, dass sie sich irgendwie falsch benimmt.  Sie nehme zu viel Raum ein oder sei zu emotional, zu pampig, zu....

Das lebenslange Gefühl, anders als die anderen zu sein, führte dann zu der Daueranpassung an ein wie auch immer zu definierendes "normal".
Aber diese neurotypische Welt ist eine Welt, die ihr eben ganz und gar nicht passt. 

In die nun so ganz und gar nicht passt. 

Genau richtig

.... fühlte sie sich dann bei mir. Das war sehr schön zu hören.
Weil es um Verständnis im Sinne von Verstehen können und sich selber VERSTEHEN LERNEN geht.

Und nicht zuletzt dann auch um die Frage, ob und wie nun die ADHS-Medikation dann die Filterfunktion bzw. auch sowas wie eine innere Bremse der Emotionsregulation bieten kann. Häufig auch einfach ein paar Milisekunden Zeit zwischen Impuls / Wahrnehmung, Gefühl und dann Handeln.

Statt nun wie in einem wilden Fluss der Emotionen und Impulse mitgerissen zu werden besteht zumindest ansatzweise (nicht immer, aber immer öfter) die Chance des Regulierens. Und des Entscheidens, ob man nun Handeln will oder eben nicht.

Aus dem Zuviel in das Genau richtig kommen. Eine schöne Aufgabe von Therapie, oder ?

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