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#4 Kalzium und Katharina Linnepe

Ihr Lieben,

ich falle heute mit der Tür ins Haus und einem Geständnis:

Ich liebe Knochen.

Und zwar sowohl die Idee als auch die Tatsache von Knochen. Meine eigenen, ganz konkreten Knochen liebe ich auch. Dabei bleibt diese Liebe im Alltag oft vage. Wie das so ist mit der Liebe und den Knochen: Man spürt sie nicht, und dann spürt man sie doch. Man verlässt sich auf sie und wenn sie einen verlässt, lernt man sie kennen.

Aber diese Knochen awareness ist, wenn man Glück hat, eine Alterserscheinung. Mit vier bin ich beim Spielen auf einen Steintisch gefallen und habe mir das Schlüsselbein gebrochen, das tat weh und von dem Verband habe ich heute noch eine Narbe an der linken Achsel. Als 14-jährige habe ich mir dann den nächsten Knochen gebrochen. Beim Stagediven auf einem Punkkonzert, und zwar die Nase. Das war auch unangenehm, aber auszuhalten. Auch, weil ich deswegen für einen kurzen, süßen Moment so cool war, dass L. aus der Parallelklasse auf meinem Mini-Gips seine Initialen (lol) gemalt hat und ich also zum ersten Mal so richtig merkte, was Knochen so alles können und wofür sie stehen. Nach diesem kurzen, süßen Moment habe ich sie dann allerdings wieder etwas verdrängt, also Knochen grundsätzlich und meine eigenen auch, bis ich dann vor fünf Jahren eine Ausbildung zur Yogalehrerin gemacht habe und auf einmal wieder die Frage im Raum stand: Was können Knochen eigentlich noch?

Weil damals Lockdown war und man überall kostenlos Kurse machen konnte, habe ich mich dann in einem Anatomie-Kurs an der University of Michigan Medical School eingeschrieben und einen Monat lang jeden Tag Videos geschaut, bei denen ich erst sehr langsam irgendwas unterscheiden konnte, aber dann ging die Lernkurve steil nach oben und ich kann von den ca. 100 medizinischen Knochennamen, die ich damals auswendig wusste, heute immerhin noch genau 5 aufsagen.

Was ich aber von dem Kurs mitgenommen habe, ist meine Knochenliebe.

Geht Euch das auch so? Bei manchen Dingen muss man einfach lernen, wie sie funktionieren und dann sieht man plötzlich die Schönheit. Knochen zum Beispiel: Ich weiß gar nicht mehr, was ich eigentlich vorher von Knochen wusste, was ich auf jeden Fall nicht wusste war, dass Knochen lebendige Organe sind. Denkt man ja auch erstmal nicht, denn Knochenreste überleben schließlich Zehntausende Jahre und wer schon mal einen Ellbogen auf’s Kiefergelenk bekommen hat, der*die kennt auch einen ganz besonderen Schmerz. Dabei haben Knochen auch etwas sehr zartes, sehr bewegliches.

Knochen sind durchblutet, sie bestehen aus einer Bindegewebshaut, einer äußeren und inneren Knochenhaut, Knochenmark, Knorpelgewebe und sie sind - auch nach abgeschlossenem Wachstum - ständig im Um- Auf- und Abbau. Ohne diesen ständigen Auf- und Abbau würde unser Skelett verschleißen, da Strukturschäden nicht repariert werden würden. Im Schnitt kommen wir so alle 7-10 Jahre zu komplett neuen Knochen.

Das mit dem Knochenaufbau ist aber natürlich keine lebenslange Sache. Also schon, aber es geht bergab. Bei Frauen ist Richtung Wechseljahre der Östrogenmangel verantwortlich, Knochen werden dann unterversorgt. Hinzukommt, das wir alle ab ungefähr dem 40. Lebensjahr von Sarkopenie (Opens in a new window) betroffen sind. Muskelschwund. Auch der befördert die Abnahme der Knochendichte. Und dann droht Osteoporose und damit das Schreckgespenst mit dem man früher alte Frauen illustrierte, als bucklige und krumme Gestalten.

Auftritt Dr. S.

Dr. S. hat mich im September am Fuß operiert. Dabei hat er meinen Mittelfußknochen zweimal durchgesägt, zwei Schrauben reingedreht und als er damit fertig war und ich wieder wach, stand er an meinem Bett und fragte:

“Wie alt sind sie?”

“44”

“Hmm, also ihre Knochenqualität ist eher so mittel.”

Der Gute hat vermutlich nicht geahnt, WIE persönlich ich das nehmen würde. So mittel?! Ich also auf Anraten von Haus- und Frauenärztin zur Knochendichtemessung.

Wie sich herausstellte, hat Dr. S leider recht - ich habe Osteopenie. Verminderte Knochendichte. Als ich Katja davon erzählte, meinte sie, dass das vermutlich viele in unserem Alter haben, es nur nicht auffällt, weil kaum jemand eine solche Messung macht - womit sie vermutlich recht hat. Denn die Messung wird auch ohne begründeten Verdacht vor dem 50. Lebensjahr nicht empfohlen und ist dann eine Privatleistung, je nach Praxis kostet sie zwischen 40-80 Euro.

So oder so brauchen wir aber nunmal starke Knochen. Und deswegen kommt er jetzt hier also, der erste klitzekleine F&V Serviceteil:

  • Kalzium und VitaminD3-Bedarf checken: Die Nährstoffe Kalzium und Vitamin D3 sind entscheidend für die Stärkung der Knochen (ohne Vitamin D kann Kalzium nicht aufgenommen werden). 1000mg Kalzium am Tag (Opens in a new window) sollten es schon sein - ich kriege das über die Ernährung alleine nicht hin und nehme jeden Morgen eine Brausetablette (500mg) und versuche trotzdem Kalziumreiche Lebensmittel zu essen (Joghurt, Milch, Hartkäse, aber auch angereichertes Mineralwasser, hier (Opens in a new window) gibt’s Tipps für Veganer:innen) Vitamin D3 nehme ich auch jeden Morgen. Hier (Opens in a new window)Tipps dazu.

  • Krafttraining ist sehr wichtig und zwar wirklich Krafttraining - also Sport, bei dem es zu einer Stoßbelastung auf die Knochen kommt (Schwimmen ist also nicht so geeignet) - denn durch Krafttraining wird nicht nur die Muskulatur gestärkt (Sarkopenie!), sondern durch den Belastungsdruck auch andere Strukturen wie Gelenke, Kapseln, Knochen so “gestresst”, dass sie sich anpassen (sprich: neu aufbauen) müssen. Der Druck regt das Wachstum der Knochenzellen an. Hier (Opens in a new window) gibt es mehr Infos und ein paar Übungen.

  • Der MDR Podcast “Hormongesteuert” hat auch eine Folge zu Knochengesundheit, insbesondere im Zusammenhang mit Hormonen, hier (Opens in a new window) zu hören.

Und jetzt gibt’s einen harten Cut. Denn in diesem Abschnitt stelle ich immer eine tolle Ü40-Frau vor und das ist heute Autorin Katharina Linnepe (41)

Foto: Laura Nickel

Wobei das schon mal nicht stimmt. Katharina (Opens in a new window) ist nicht nur Autorin, sie ist auch Moderatorin, Sprecherin, Podcasterin und hat einen Instagram-Kanal (Opens in a new window), der mir regelmäßig so viel Freude macht, dass ich Social Media dann doch wieder mag.

Auf diesem Kanal hat sie vor einiger Zeit mal ein Gedankenexperiment durchgespielt: Was wäre, wenn nicht wir in Psychotherapie gingen, sondern das Patriarchat? Was wäre, wenn nicht wir den Knacks hätten, sondern die Gesellschaftsordnung? Und so hat Katharina sich die Bernsteinkette ihrer Oma umgehängt, eine Brille auf die Nase gesetzt und das Patriarchat als Therapeutin mal auf die Couch gelegt. Es blieb nicht bei einer Sitzung. Und auch nicht bei Instagram.

In so erscheint in drei Tagen Katharinas Buch “Wenn das Patriarchat in Therapie geht (Opens in a new window)” - dabei geht es nicht nur um den Patienten, sondern auch um uns. Wie beeinflußt das Patriarchat unsere Rollenerwartungen, unser Selbstverständnis? Warum glauben wir ihm so oft? Und wie kommen wir da wieder raus? Ein schlaues, umfassendes und sehr lustiges Buch.

Große Ans-Herz-legung!

Am 27.2. feiert Katharina Buchpremiere in Berlin (Tickets (Opens in a new window)) und ab März geht es auf Tour: 18.03. Köln, 19.03.Frankfurt/Main, 10.04. Hamburg, 13.04. Fulda, 14.04. Bamberg und 15.04. München (Tickets (Opens in a new window)).

Also, Katharina, sag mal…

Ich bin Ü40, aber…

…habe immer noch keine Ahnung, was ich werden will, wenn ich groß bin.

Was machen die 40er besser als die 30er? 

Da kann ich nur für mich sprechen. Ich habe nicht die "klassischen" Biografie- und Karriereschritte gemacht/machen können, die andere meines Alters gingen oder uns die Gesellschaft vorgab, gehen zu müssen. Beispielsweise, weil meine Mutter früh erkrankte, ich zur alleinigen pflegenden Angehörigen wurde und von ihr Abschied nehmen musste, während meine Schul- und Studienkolleg*innen von einst sich um ihre berufliche Verwirklichung, Finanzen und/oder die Familienplanung bemühten. Mitfühlend beobachte ich, dass sie sich nun häufig der Hürden stellen müssen, die ich bereits vor knapp 10 Jahren nehmen musste. Dafür versuche ich, nach zähen Jahren der Heilung, nun im Zeitraffer meine 30er nachzuholen, mit einer Turbokarriere als Content Creatorin und Autorin, zum Beispiel. Alles geht nicht, wird mir klar. Aber vieles.

Was möchtest Du in den 40ern lernen?

Krio (die meistgesprochene Sprache im Land meines Vaters, Sierra Leone), wie wir Feminismus und Demokratie wieder sexy machen und wie das mit einer langfristigen, gesunden Hetero-Beziehung im Spätpatriarchat klappen kann.

Was ist für dich die ultimative Gönnung?

Bin gerade über die Formulierung gestolpert (daran merke ich dann doch, wie alt ich bin). Nein zu sagen (freundlich lächelnd, aber bestimmt). Und Saltimbocca alla Romana.

Wann warst du das letzte Mal wütend?

Als mich wieder ein Dude belehren wollte, dass das größte Problem des Feminismus sein Name sei, weil da ja keine Männer drin vorkämen. Also heute.

Was ist dein liebstes Self-Care-Tool?

African Black Soap.

Wie sieht der perfekte freie Tag aus?

Mit dem Konzept eines freien Tages habe ich riesige Probleme, merke ich gerade. Aber wenn ich es doch mal zulasse, dann liege ich völlig faul im Bett, auch bei gutem Wetter. Mir reicht die Gewissheit, dass es da draußen schön ist.

Was ist eine gute Freundschaft für dich?

Eine nicht urteilende. Eine nicht fordernde. Eine, die auf gleichen Werten basiert und Entwicklung zulässt.

Auf was bist Du stolz?

Darauf, dass ich niemandem geglaubt habe, dass ich wegen meiner Hochsensibilität und meiner Scanner-Persönlichkeit empfindlich, zerbrechlich und zum Scheitern verurteilt sei. Ich mache nämlich jetzt Karriere (nach meinen Regeln, püh).

Das war die Ausgabe #4 - ich hoffe, ihr habt’s warm. Bis in zwei Wochen!

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Über mich

Meine Name ist Gunda, ich bin 44 Jahre alt - freie Journalistin, Podcasterin und Autorin. Infos zu mir und meiner Arbeit findet ihr auf meiner Website (Opens in a new window) und bei Instagram (Opens in a new window). Dort gibt’s Kaffeefotos, Buchtipps, Gewichte und Blümchen.

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